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Mensch: Das muß an einem Fehler meiner Duftorgel liegen. Seit ich die effektive Sprache hinzugefügt habe, hat die Maschine anscheinend Aussetzer.

Ameise: Du wirkst traurig.

Mensch: ...

Ameise: Sagst du nichts mehr?

Mensch: Ich glaube, das ist reiner Zufall. Aber ich bin tatsächlich traurig.

Ameise: Was ist los?

Mensch: Ich hatte ein Weibchen. Bei uns leben die Männchen sehr lange, also leben wir in Paaren, ein Männchen je Weibchen. Ich hatte ein

Weibchen, und ich habe es vor einigen Jahren verloren. Und ich habe es geliebt, ich kann es nicht vergessen.

Ameise: »Lieben«, was heißt das?

Mensch: Vielleicht, daß wir die gleichen Gerüche hatten .?

Belo-kiu-kiuni erinnert sich an das Ende des Men-schen Edmond. Das war während des ersten Krieges gegen die Zwergameisen. Edmond hatte ihnen helfen wollen. Er hatte seinen Untergrund verlassen. Aber durch die ständige Verwendung der Pheromone war er damit regelrecht imprägniert. So sehr, daß er, ohne es zu wissen, im Wald für ... eine rote Ameise der Föderation gehalten wurde. Und als die Tannenwespen (mit denen sie sich zu jener Zeit im Krieg befanden) seine Identitätsdüfte wahrnahmen, fielen sie geschlossen über ihn her.

Sie töteten ihn, weil sie ihn für einen Belokaner hielten. Er muß glücklich gestorben sein.

Später hatten dieser Jonathan und seine Gemeinschaft die Verbindung wiederaufgenommen ...

Er gießt noch ein wenig Met in das Glas der drei Neuen, die nicht aufhören, ihn mit Fragen zu bestürmen.

»Dann ist Doktor Livingstone also imstande, unsere Worte da oben zu übertragen?«

»Ja, und wir, ihre Worte zu hören. Ihre Antworten erscheinen auf diesem Bildschirm. Edmond hat es tatsächlich geschafft!«

»Aber was erzählen sie? Was erzählt er ihnen?«

»Hmm ... Nachdem die Sache gelungen war, werden Edmonds Aufzeichnungen ein wenig diffus. Es sieht so aus, als hätte er keinen Wert darauf gelegt, alles zu notieren. Nehmen wir an, daß sie zunächst einander beschrieben haben. Einer hat dem andern seine Welt geschildert. Daher wissen wir, daß ihre Stadt Bel-o-kan heißt, daß sie der Dreh- und Angelpunkt einer Föderation von ein paar hundert Millionen Ameisen ist.«

»Unglaublich!«

»Im weiteren waren beide Seiten der Auffassung, daß es zu früh sei, die Information unter ihrer jeweiligen Bevölkerung zu verbreiten. Deshalb haben sie die Vereinbarung getroffen, absolutes Stillschweigen über ihren >Kontakt< zu bewahren.«

»Aus diesem Grund hat Edmond auch so sehr darauf bestanden, daß Jonathan all diese technischen Spielereien durchführt«, mischt sich einer der Feuerwehrmänner ein. »Er wollte auf keinen Fall, daß die Leute zu früh davon erfahren. Ihm graute vor dem ganzen Tohuwabohu, das der Rundfunk, das Fernsehen, die Zeitungen bei einer solchen Nachricht veranstalten würden. Die Ameisen wären die große Mode! Er sah es schon kommen, die Werbespots. Schlüsselanhänger, TShirts, die Auftritte der Rockstars . der ganze Krampf, der auf eine solche Entdeckung folgen würde.«

»Belo-kiu-kiuni, ihre Königin, glaubte ihrerseits, daß ihre Töchter sogleich gegen diese gefährlichen Fremden würden kämpfen wollen«, fügt Lucie hinzu.

»Nein, die beiden Zivilisationen sind noch nicht reif, sich kennenzulernen und - hören wir auf zu phantasieren - einander zu verstehen ... Die Ameisen sind weder faschistisch noch anarchistisch, noch royalistisch ... Sie sind Ameisen, und alles, was ihre Welt betrifft, unterscheidet sich von unserer. Das macht überdies ihren Reichtum aus.«

Diese leidenschaftliche Erklärung stammt von Kommissar Bilsheim; er hat sich entschieden geändert, seit er die Erdoberfläche verlassen hat - wie seine Chefin, Solange Doumeng.

»Die deutsche Schule und die italienische Schule irren sich«, sagt Jonathan, »weil sie versuchen, die Ameisen in ein durch ein >menschliches< Begriffsvermögen geprägtes System zu zwängen. Eine solche Analyse ist zwangsläufig plump. Das ist, als würden sie versuchen, unser Leben zu verstehen, indem sie es mit ihrem vergleichen. Gewissermaßen ein Myrmeco-morphismus ... Dabei ist jede ihrer Eigenarten, und sei sie noch so unbedeutend, faszinierend. Wir verstehen die Japaner, Tibetaner oder die Hindus nicht, aber ihre Kultur, ihre Philosophie sind aufregend, selbst wenn sie durch unseren westlichen Geist verzerrt werden! Und die Zukunft unserer Erde gehört der Mischrasse, das ist so klar wie nur etwas.«

»Aber was können uns die Ameisen in puncto Kultur geben?« wundert sich Augusta.

Jonathan gibt Lucie wortlos ein Zeichen; sie verschwindet für einige Sekunden und kehrt mit etwas zurück, das wie ein Marmeladentopf aussieht.

»Seht her, schon allein das hier ist ein Schatz! Honigtau von Blattläusen. Los, probiert mal!«

Augusta tunkt vorsichtig den Zeigefinger hinein.

»Hmmmm, das ist sehr süß ... aber ungeheuer lecker! Das schmeckt ganz anders als Bienenhonig.«

»Siehst du! Hast du dich denn nicht gefragt, wie wir uns hier in dieser doppelten unterirdischen Sackgasse ernähren?«

»Ja, doch ...«

»Die Ameisen ernähren uns mit ihrem Honigtau und ihrem Mehl. Sie legen da oben Vorräte für uns an. Aber das ist nicht alles, wir haben auch ihre landwirtschaftlichen Techniken kopiert, um Lamellenpilze anzubauen.«

Er hebt den Deckel eines großen hölzernen Kastens an. Darunter sind weiße Pilze zu sehen, die auf einem Bett aus vergorenen Blättern wachsen.

»Galin ist unser großer Pilzexperte.«

Letzterer lächelt bescheiden.

»Ich muß noch viel lernen.«

»Nun gut, Pilze, Honig ... Ihr müßt ja an Eiweißmangel leiden.«

»Für die Proteine ist Max zuständig.«

Einer der Feuerwehrmänner deutet zur Decke.

»Ich sammele sämtliche Insekten ein, die die Ameisen in den kleinen Kasten neben der großen Kiste legen. Wir kochen sie, damit sich die Häutchen lösen. Was übrigbleibt, ist wie klitzekleine Garnelen, überdies schmeckt es genauso und sieht auch so aus.«

»Wir sind in der Tat wie Kosmonauten, die ständig in einer Weltraum station leben und zuweilen mit außerirdischen Nachbarn in Kontakt stehen.«

Alle lachen. Eine Ladung guter Laune kitzelt das Rückenmark. Jonathan schlägt vor, in den Salon zurückzugehen.

»Wißt ihr, ich habe lange nach einem Weg gesucht, mit meinen Freunden friedlich zusammenzuleben. Ich habe es mit Kommunen, Squatts, Gemeinschaften nach dem Vorbild Fouriers versucht. Am Ende habe ich geglaubt, ich sei nur ein Traumtänzer, um nicht zu sagen ein Trottel. Aber hier ... hier passiert etwas. Wir sind schlicht gezwungen, zusammenzuleben, uns zu ergänzen, gemeinsam zu denken. Wir haben keine Wahclass="underline" Wenn wir uns nicht verstehen, werden wir sterben. Es ist keine Flucht möglich. Nun, ich weiß nicht, ob das an der Entdeckung meines Onkels liegt oder an dem, was uns die Ameisen durch ihre bloße Existenz hier über unseren Köpfen lehren, aber bislang funktioniert unsere Gemeinschaft wie geschmiert!«

»Das klappt, und zwar ganz von selbst ...«

»Manchmal haben wir das Gefühl, wir produzieren eine gemeinsame Energie, aus der jeder beliebig schöpfen kann. Das ist ganz seltsam.«

»Davon habe ich schon im Zusammenhang mit den Rosenkreuzem und einigen Freimaurergruppen gehört«, sagt Jason. »Sie nennen das Egregor: das geistige Kapital der >Herde<. Eine Art Becken, in das jeder seine Kraft entleert, damit eine Suppe entsteht, die jedem nutzt ... Im allgemeinen gibt es immer einen Dieb, der sich der Energie anderer zu persönlichen Zwecken bedient.«