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„Ich mache wir wenig daraus, mit Meister Bumppo eine Nacht oder so etwas seine Koje zu theilen, Sqnire Dickens; denn ich betrachte ihn als einen ehrlichen Mann, der ganz geschickt mit dem Bootshacken und der Büchse umzugehen weiß. Ich behaupte aber, daß es gegen alle Vernunft und alles Christenthum ist, wenn man sagt, ein Mann verdiene etwas Schlechteres als eine doppelte Portion Rum, dafür daß er jenem Zimmermann das Gesicht auf eine Seite geklopft hat, wie Sie es nennen. Wenn es einen Blutsauger im Lande gibt, so ist es Niemand anders, als dieser Kerl. Ja, ich kenne ihn, und wenn der Spitzbube nicht von Holz ist, so wird er von mir erzählen können. Was liegt denn so mächtig Arges darin, Sqnire, daß Sie sich die Sache so zu Herzen nehmen? Sehen Sie, es ging gerade dabei zu, wie in einer andern Schlacht; Breitseite an Breitseite, nur daß ich dabei vor Anker lag, wie es uns auch einmal in Port Praya ging, als der Souverain über uns kam; aber wir haben ihm seine Souverainetät verleidet, ehe er wieder ausfuhr.“

Richard hielt es nicht seiner Würde gemäß, auf diese Anrede etwas zu erwiedern und sobald seine Gefangenen sicher in einem der äußern Kerker untergebracht und seinem Befehle gemäß die Riegel vorgeschoben waren, entfernte er sich.

Benjamin plauderte während des Nachmittags oft mit den Vorübergehenden durch das Eisengitter; sein Gefährte jedoch durchschritt den engen Raum mit raschen ungeduldigen Tritten, wobei er niedergeschlagen den Kopf auf die Brust herunter sinken ließ; nur hin und wieder erhob er denselben auf Augenblicke nach den Müßiggängern am Fenster und dann mochte wohl ein Ausdruck der kindischen Vergeßlichkeit des Alters seine Züge überfliegen, welcher übrigens schnell wieder einer tiefen Beklommenheit Platz machte.

In der abendlichen Dämmerung bemerkte man Edwards in ernster Zwiesprache mit seinem Freunde an dem Fenster; und er mochte dem alten Jäger wohl Worte des Trostes gebracht haben, denn sobald er sich entfernt hatte, warf sich Natty auf sein Lager und war bald in tiefen Schlaf versunken.

Die neugierigen Zuschauer hatten endlich auch die Redseligkeit des Majordomo, der mit der Hälfte seiner Bekanntschaft auf gute Cameradschaft getrunken, erschöpft, und als Natty nicht länger in Bewegung war, und Billy Kirby, welcher der letzte an dem Fenster gewesen, um Acht Uhr sich nach dem Templetoner Kaffeehause zurückgezogen hatte, erhob sich der alte Jäger noch einmal, um eine Decke vor die Oeffnung zu hängen, worauf sich die Gefangenen zur Ruhe begaben.

Fünfunddreißigstes Kapitel.

Um die Verfolger zu vermeiden,

Drückt schwer der Sporn der Thiere Seiten.

Nicht umgeschaut, bis der Gefahr

Wir Viere ledig sind und baar!

Hudibras.

Mit der eintretenden Dämmerung begannen die Geschworenen, die Zeugen und die übrigen Glieder des Gerichtshofs sich zu zerstreuen, und noch vor neun Uhr herrschte Ruhe im Dorfe: die Straßen waren beinahe verödet. Um diese Stunde gingen Richter Temple und seine Tochter, denen Luise Grant in kurzer Entfernung folgte, unter dem leichten Schatten der jungen Pappeln langsam die Allee hinab, wobei sie sich in nachstehendem Gespräche unterhielten —

„Du kannst am besten sein verletztes Gemüth beruhigen,“ sagte Marmaduke; „doch wird es immerhin gefährlich seyn, die Natur seines Vergehens zu berühren, da die Heiligkeit der Gesetze beachtet werden muß.“

„O Vater!“ rief die ungeduldige Elisabeth; „unmöglich können Gesetze vollkommen seyn, welche einen Mann, wie Lederstrumpf, wegen eines Vergehens, das mir so verzeihlich erscheint, zu einer so strengen Strafe verdammen.“

„Du redest, wie Du es verstehst, Elisabeth,“ versetzte ihr Vater. „Die Gesellschaft kann ohne einen heilsamen Zwang nicht bestehen, und ein solcher Zwang ist unmöglich handzuhaben, wenn die Personen Derjenigen, welche ihn ausüben, nicht geschützt und geachtet werden. Und wie sehr müßte es nicht meinem Ruf als Richter schaden, wenn man mir nachsagen könnte, ich hätte einen überwiesenen Verbrecher entschlüpfen lassen, weil er das Leben meines Kindes rettete?“

„Ich sehe — ich erkenne die Schwierigkeit Deiner Stellung, lieber Vater,“ entgegnete die Tochter; „aber bei einem Vergehen, wie das des armen Natty war, kann ich den Vollstrecker des Gesetzes nicht von dem Menschen trennen.“

„Du sprichst wie ein Weib, Kind. Es handelte sich nicht um den Angriff auf Hiram Doolittle, sondern um die Drohung , auf einen Constable zu schießen, welcher in der Vollziehung eines — —“

„Gleichviel, ob es das eine oder das andere ist,“ fiel ihm Miß Temple mit einer Logik in's Wort, die ihre Schlüsse mehr von dem Gefühle als von dem Verstande borgte; „ich kenne Natty's Unschuld, und in dieser Ueberzeugung muß ich Alle, die ihn unterdrücken, für ungerecht halten.“

„Sein Richter gehört auch darunter; — Deinen Vater also gleichfalls, Elisabeth ?“

„Ach, Vater! stelle keine solchen Fragen an mich. Nenne mir lieber Deinen Auftrag, und laß mich eilen, ihn zu vollziehen.“

Der Richter hielt einen Augenblick inne, lächelte seinem Kinde zärtlich zu, und ließ dann seine Hand auf ihre Schulter fallen, indem er entgegnete:

„Du magst in manchen Stücken Recht haben, 'Beß, aber Dein Herz hat zu viel Einfluß auf Deinen Verstand, Doch höre jetzt: in diesem Taschenbuch sind zweihundert Dollars. Geh' zu dem Gefangenen — Du hast nichts dabei zu befürchten — gib dem Schließer diese Karte, und wenn Du Bumppo siehst, so sage dem armen, alten Manne alles, was Du willst. Laß die Gefühle Deines warmen Herzens sprechen, aber vergiß nicht, Elisabeth, daß die Gesetze allein uns aus dem Zustand der Wildheit reißen konnten — daß er sich eines Verbrechens schuldig gemacht hat, und daß sein Richter Dein Vater ist."

Miß Temple erwiederte nichts, sondern drückte nur die Hand, welche das Taschenbuch hielt, an ihre Brust, nahm sodann ihre Freundin beim Arm und trat mit ihr aus dem Thore in die Hauptstraße des Dorfes.

Als sie ihren Spaziergang schweigend an der Häuserreihe, wo das abendliche Dunkel bereits ihre Gcstalten verbarg, fortsetzten, hörten sie keinen weiteren Laut, als den langsamen Tritt eines Jochs Ochsen nebst dem Rasseln eines Karrens, der sich in gleicher Richtung mit ihnen die Straße entlang hinbewegte. Die Umrisse des Treibers, der verdrossen an der Seite seines Viehs hinschlenderte, als sey er von der Arbeit des Tages ermüdet, ließen sich kaum noch in den Schatten der Nacht unterscheiden. An der Ecke, wo das Gefängniß stand, wurden die Damen für einen Augenblick durch die Ochsen aufgehalten, welche nach der Seite des Gebäudes einbogen und einen Bund Heu, den sie geduldig an ihrem Halse trugen, als Belohnung für ihre Mühe erhielten. All dieß war so natürlich und gewöhnlich, daß es Elisabeth nicht einfiel, einen zweiten Blick auf das Gespann zu werfen, bis sie den Treiber leise mit seinem Vieh sprechen hörte:

„gib Acht, Schecke; gib Acht, Alter, — willst du?“

Wer in einem neuen Lande wohnt, ist mit der Sprache, welche man gegen Ochsen braucht, zu bekannt, um eine solche Anrede nicht befremdend zu finden; aber es lag auch etwas in der Stimme, was Miß Temple auffiel. Als sie um die Ecke bog, mußte sie sich nothwendig dem Manne nähern, und ihr scharfes Auge ließ sie in demselben Oliver Edwards unter der groben Hülle eines Ochsentreibers erkennen. Ihre Blicke begegneten sich in demselben Moment, auch war ungeachtet der Dunkelheit und Elisabeths Mantel die Erkennung wechselseitig.