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„Es sind englische Guineen, die Euch gehören,“ erwiederte Elisabeth. „Betrachtet sie als den Anfang dessen, was für Euch gethan werden soll."

„Was? mir wollt Ihr diesen Schatz geben ?— versetzte Natty mit einem ernsten Blicke auf die Jungfrau.

„Je nun, habt Ihr nicht mein Leben gerettet und mich dem Rachen des reißenden Thieres entrissen?“ rief Elisabeth, indem sie ihre Augen mit der Hand bedeckte, als schwebe noch jetzt der gräßliche Anblick vor ihr.

Der Jäger nahm das Geld und drehte es eine Weile. Stück für Stück, in seiner Hand um, wobei er laut mit sich selber sprach —

„Im Kirschenthale soll es eine Büchse geben, welche auf hundert Ruthen noch sicher trifft. Ich habe in meinem Leben manches gute Gewehr gesehen, aber keines, das mit einem solchen zu vergleichen wäre. Hundert Ruthen sicheres Ziel ist eine treffliche Waffe! Doch meinetwegen — ich bin alt, und der Hirschetödter wird mich wohl noch aushalten. Da, Kind, nehmen Sie Ihr Gold zurück. Es ist jetzt an der Zeit; ich höre ihn mit dem Vieh sprechen und muß mich auf den Weg machen. Sie werden nichts ausplandern, Mädchen — nicht wahr; Sie werden nichts ausplaudern?“

„Ausplandern?" wiederholte Elisabeth. „Doch nehmt das Geld, alter Mann; nehmt das Geld, selbst wenn Ihr in die Berge geht.“

„Nein, nein, entgegnete Natty mit einem freundlichen Kopfschütteln. „ich möchte Sie nicht berauben, und wenn ich zwanzig Büchsen dafür haben könnte. Sie können aber etwas für mich thun, da ich niemand Anders dazu habe.“

„Und das wäre? Sprecht.“

„Je nun, es handelt sich dabei nur um den Einkauf von einer Büchse Pulver, die zwei Silberdollars kosten wird. Benny Pump hat schon das Geld dafür entrichtet; aber wir dürfen uns nicht in den Flecken wagen, es zu holen. Niemand führt es, als der Franzose — es ist vom besten und gearade so, wie es für eine Büchse paßt. Wollen Sie mir es besorgen, Mädchen — sprechen Sie, wollen Sie es besorgen?“

„Ihr dürft gar nicht fragen — ich will es Euch selbst bringen, Lederstrumpf, und wenn ich Euch einen ganzen Tag lang durch die Wälder aufsuchen müßte. Wo und wie werde ich Euch aber finden?“

„Wo?“ entgegnete Natty nach einem kurzen Nachdenken — „morgen auf dem Visionsberg; ich will Sie, wenn die Sonne über unsern Häuptern steht, auf dem Gipfel des Visionsberges erwarten, Kind. Sehen Sie aber zu, daß es fein gekörnt ist; Sie werden es an dem Glanz und an dem Preise erkennen.“

„Ich will es thun,“ versetzte Elisbeth mit Festigkeit.

Natty setzte sich jetzt, steckte seine Füße in das Loch und bahnte sich durch eine leichte Anstrengung einen Durchgang nach der Straße. Die Damen hörten das Heu rascheln und begriffen jetzt wohl den Grund, warum Edwards dermalen den Ochsentreiber spielte.

„Kommt, Benny,“ sagte der Jäger; „es wird heute nicht mehr finsterer, denn in einer Stunde geht der Mond auf.“

„Halt!“ rief Elisabeth; „es darf nicht heißen, daß Ihr in Beiseyn der Tochter des Richters flüchtig geworden seyet. Verzieht noch mit der Ausführung Eures Planes, Lederstrumpf, bis wir uns entfernt haben.“

Natty wollte eben antworten, als der Schall sich nähernder Fußtritte die Ankunft des Schliessers verkündigte und den ersteren belehrte, daß für den Augenblick an eine weitere Verfolgung seiner Entwürfe nicht zu denken sey. Er hatte kaum Zeit, seine Füße zurückzuziehen und das Loch mit den Betttüchern zu verhüllen, über welche Benjamin ganz gelegen hinstolperte, als der Schlüssel sich umdrehte und die Thüre des Gefängnisses sich aufthat.

„Ist es Miß Temple jetzt gefällig?“ sprach der höfliche Kerkermeister; — „die gewohnte Stunde zum Abschließen hat geschlagen.“

„Ich werde Euch folgen,“ entgegnete Elisabeth. „Gute Nacht, Lederstrumpf.“

„Es ist ein feines Korn, Mädchen, und ich denke, es soll das Blei weiter führen als gewöhnlich. Ich werde alt, und kann dem Wild nicht mehr mit so raschen Schritten folgen, als ich sonst zu thun pflegte.“

Miß Temple winkte ihm, zu schweigen und folgte Luisen und dem Schließer aus dem Gelasse. Der Mann drehte den Schlüssel nur ein Mal um und bemerkte, er würde zurückkehren und seine Gefangenen besser verwahren, sobald er den Damen auf die Straße geleuchtet. Sie trennten sich demgemäß an der Thüre des Gebäudes, worauf sich der Kerkermeister wieder zu seinen Gefängnissen begab und die Damen mit klopfendem Herzen der Ecke zu gingen.

„Da Lederstrumpf das Geld nicht nehmen will,“ flüsterte Luise, „so könnte man Alles Herrn Edwards geben, und auch — —“

„Bst!“ unterbrach sie Elisabeth; „ich höre das Heu rauschen. Sie bewerkstelligen in diesem Augenblicke ihre Flucht. Ach, sie werden entdeckt werden!“

Sie waren inzwischen an die Ecke gekommen, wo Edwards und Natty eben beschäftigt waren, den fast hülflosen Körper Benjamins durchzuziehen. Sie hatten die Ochsen umgewendet und die Köpfe derselben der Straße zugekehrt, damit sie für ihre Operationen Raum gewännen.

„Wirf das Heu auf den Karren ,“ sagte Edwards, „sonst kommen sie der Art, wie es geschehen ist auf die Spur. Rasch, daß man es nicht bemerkt!“

Natty hatte eben diesen Auftrag vollzogen, als das Licht des Gefängnißwärters durch das Loch schien, und sich von innen eine Stimme vernehmen ließ, welche den Gefangenen rief.

„Was ist jetzt zu thun?“ fragte Edwards. „Dieser betrunkene Kerl wird unsere Entdeckung herbeiführen, und wir haben keinen Augenblick zu verlieren.“

„Wer ist betrunken, du Schlingel?“ brummte der Hausmeister.

„Sie sind ausgebrochen! sie sind ausgebrochen!“ schrieen fünf oder sechs Stimmen von innen.

„Wir müssen ihn zurücklassen,“ meinte Edwards.

„Das wäre nicht freundlich, Junge,“ entgegnete Natty; „er hat mit mir die Schmach des Stocks getheilt und sehr viel Gefühl gegen mich bewiesen.“

In diesem Augenblick hörte man zwei oder drei Männer aus der Thüre des kühnen Dragoners kommen, unter denen sich Billy Kirby's Stimme bemerklich machte.

„Der Mond ist noch nicht aufgegangen,“ rief der Holzfäller; „es ist aber doch eine schöne Nacht. Wer hat mit mir einen Weg? Horcht! Was gibt’s im Gefängniß für einen Lärm? Wir wollen hingehen und sehen, was los ist.“

„Wir sind verloren, wenn wir diesen Mann nicht im Stiche lassen,“ erklärte Edwards.

In diesem Augenblick trat Elisabeth näher und flüsterte rasch — „legt ihn auf de Karren und treibt die Ochsen an. Niemand wird euch anhalten.“

„Wie schnell doch Weiber besonnen sind,“ rief der Jüngling.

Der Vorschlag wurde auf's eiligste ausgeführt. Man setzte den Hausmeister auf das Heu, gab ihm eine Geißel in die Hand, um das Vieh anzutreiben, und bedeutete ihm, daß er sich ruhig verhalten solle, worauf sich die Ochsen in Bewegung setzten. Sobald dieß geschehen war, schlichen sich Edwards und der Jäger eine Strecke weit an den Häusern hin, und verschwanden endlich durch ein Gäßchen, das hinter die Gebäude führte. Die Ochsen trabten rüstig vorwärts und alsbald erscholl der Lärm der Verfolger auf der Straße. Die Damen beeilten ihre Schritte, um dem Gedränge von Constablen und Müßiggängern zu entgehen, welche zum Theil fluchend, zum Theil lachend über den Pfiff der Gefangenen heranzogen. Aus dem Lärm ließ sich vor allem Billy Kirby's Stimme deutlich unterscheiden, der laut schrie und unter Fluchen betheuerte, er wolle die Flüchtlinge bald wieder haben und Natty in der einen und Benjamin in der andern Tasche zurückbringen.