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Da dieses Dach das erste wichtige architektonische Werk war, das Herr Jones je unternommen, so hatte das Mißlingen desselben auch einen entsprechenden Grad von Verdruß zur Folge. Anfangs flüsterte er seinen Bekannten in's Ohr, der Grund davon liege in dem Umftande, daß Hiram mit dem Winkelhacken nicht umzugehen wisse; aber als sich sein Auge allmählig an den Anblick seines Werkes gewöhntei so gefiel es ihm immer besser, und statt dessen Mängel zu entschuldigen, begann er die Schönheiten des Landhauses herauszustreichen. Er gewann bald Anhänger; und da Reichthum und Wohlstand zu allen Zeiten Anbeter findet, so wurde das Schloß, wie bereits gesagt, ein Modell für die Nachahmung in kleinem Style. Ja, es stund kaum zwei Jahre an, so hatte Ehrn Richard das Vergnügen, von der hohen Platform aus auf drei demüthige Abbilder seines Meisterstückes herunterzusehen. — So geht es immer mit der Mode, die sogar den Mängeln und Fehlern der vornehmen Welt Bewunderung verschafft.

Marmaduke ertrug die Unförmlichkeit seiner Wohnung mit großem Gleichmuth und suchte derselben durch eigene Verbesserungen ein behagliches und den Rang ihres Besitzers bekundendes Aeußere zu verschaffen. Demungeachtet fehlte es aber allenthalben an der gehörigen Harmonie; denn obgleich zur Verzierung der Wiesengründe Pappeln aus Europa,verschrieben worden waren, und allmählig in der Nähe des Schlosses Weiden neben noch andern Bäumen emporschossen, so deutete doch noch mancher Schneehaufen auf das Vorhandenseyn eines Tannenstumpfes, während hin und wieder die schwarzgebrannten Ueberreste eines Baumes, dunkeln Säulen gleich, zwanzig bis dreißig Fuß über das blendende Weiß des Schnees emporragten. An solchen Gegenständen, die man in der dortigen Gegend „Stubben“ nennt, wimmelte es auf den freien Feldern in der Umgebung des Dorfes, auf denen nur hin und wieder eine ihrer Reize beraubte Fichte oder Schierlingstanne eine Abwechselung bot, deren erstorbene Aeste — ein Gerippe ihrer vormaligen Herrlichkeit —dürre in dem Winde rasselten. Aber diese und noch viele andere störende Beigaben der Scenerie wurden von der entzückten Elisabeth ganz üdersehen, die während ihrer Fahrt an der Seite des Berges nach dem Thale hinunter für nichts ein Auge hatte, als für die Häusergruppen, welche wie ein Teppich unter ihren Füßen lagen; für die Menge von Rauchsäulen, die von dem Thal aus gegen die Wolken wirbelten; für den übereisten See, der zwischen immergrünenden Bergen eingebettet und dessen weiße Oberfläche von den in der Abendsonne sich verlängernden Schatten riesiger Tannen anmuthig umdüstert war; für das dunkle Wasserband, das sich gegen die Mündung des Sees hinzog und sich nach dem fernen Chesapeake seinen gewundenen Weg bahnte-mit einem Worte, für die veränderten, aber doch noch wohlbekannten Tummelplätze ihrer Kinderjahre.

Fünf Jahre hatten größere Wechsel hervorgebracht, als man in einem Lande, wo Zeit und Mühe den Werken der Menschen Dauer verleiht, in einem Jahrhundert sieht. Für den jungen Jäger und den Richter hatte die Scene weniger Neues, obgleich wohl Niemand aus den düstern Forsten des Gebirges auftauchen und mit einemmale die herrliche Scenerie des Thales überschauen konnte, ohne ein inneres Entzücken zu fühlen. Der erstere ließ seinen Blick bewundernd von Norden nach Süden gleiten und senkte sein Antlitz wieder in die Falten seines Mantels, während der letztere mit philanthropischer Lust die Fortschritte des Wohlstandes, die sich um ihn her sichtbar machten, betrachtete. War doch alles die Folge seines Unternehmungsgeistes, und viel davon die Frucht seines eigenen Fleißes.

Das lustige Klingeln von Schlittengeläute lockte jedoch plötzlich die Aufmerksamkeit der Reisenden an, und der lebhafte Ton desselben ließ auf das rasche Annähern eines Sleighs schließen, dessen man übrigens des Gebüsches wegen, welches die Straße säumte, erst ansichtig wurde, als beide Gespanne ganz nahe bei einander waren.

Viertes Kapitel.

Was soll's? Wem fiel das Roß? Was giebt's denn?

Falstaff.

Endlich zeigte sich durch das laublose Gehäge an der Seite der Straße ein großer Sleigh, der von vier Pferden — zwei Grauschimmeln vorn und zwei pechschwarzen Rossen an der Deichsel gezogen wurde. Zahllose Schellen waren so dicht, als sie nur Platz finden konnten, an den Geschirren angebracht, und die rasche Bewegung des Gespanns, trotz der jähen Steige, zeigte, daß es dem Lenker vorzugsweise um die luftige Musik seines Geläutes zu thun war. Der erste Blick auf den Sleigh ließ den Richter die darin enthaltene Gesellschaft, welche aus vier Männern bestand, erkennen. Einer jener Stühle, die man gewöhnlich vor Schreibpulten braucht, war fest an die Vorderseite des Schlittens gebunden, und auf der Höhe dieses improvisirten Bockes saß ein kleiner Mann, der in einen großen mit Pelzwerk verbrämten Mantel gehüllt, von seiner Gestalt weiter nichts als ein unveränderlich rothes Gesicht blinken ließ. Die Augen dieses Herrn waren immer aufwärts gerichtet, als sey ihr Besitzer unzufrieden mit der Nachbarschaft der Erde, während seine Züge den Ausdruck emsiger Geschäftigkeit trugen. Er war der Lenker des Gespanns und trieb die feurigen Thiere mit furchtlosem Auge und sicherer Hand den Absturz entlang. Unmittelbar hinter ihm, das Gesicht den beiden andern zugekehrt, befand sich eine hohe Gestalt; der nicht einmal der mit einem doppelten Kragen versehene Mantel und eine darüber geworfene Pferdedecke den Anschein von Beleibtheit zu verleihen vermochte. Sein Gesicht fprang unter einer wollenen Nachtmütze hervor und schien, als er es bei der Begegnung der beiden Sleighs Marmaduke zuwandte, von der Natur in einer Weise gebildet zu seyn, daß es die Atmosphäre mit möglichst geringem Widerstande durchschnitt. Die Augen allein schienen hier einiges Hinderniß zu finden, da sie zu jeder Seite seines Oberkopfs in lichtblauen, glasigten Kugeln hervorsprangen. Blässe war zu sehr die Leibfarbe des Mannes, als daß sein Antlitz sogar durch die in Mark und Bein einschneidende Kälte des Abends hätte eine Veränderung erleiden können. Diesem Herrn gegenüber saß eine kleine, gedrungene, viereckigte Gestalt, von der sich durch die Oberkleider gleichfalls nur das Gesicht unterscheiden ließ, in welchem die funkelnden, schwarzen Augen die übrigen ernsten Züge Lügen zu strafen schienen. Eine zierliche Perücke begränzte die Umrisse eines angenehmen, runden Antlitzes, während — wie bei den andern Herrn — eine Mardermütze die Kopfbedeckung bildete. Das vierte Glied dieser Gesellschaft war ein Mann mit einem langen, sanften Gesichte, der sich keines anderen Schutzes gegen die Kälte erfreuete, als eines schwarzen, ziemlich fadenscheinigen und etwas ins Röthliche spielenden Ueberrocks von nicht sehr modernem Schnitte. Er trug einen Hut von sehr anständiger Form, obgleich die Haare unter dem vielen Bürsten ausgegangen waren. Sein blasses Antlitz hatte einen nachdenksamen etwas melancholischen Ausdruck und war für den Augenblick, in Folge der Kälte, leicht geröthet, wie man es wohl bei Fieberbewegungen sieht. Der kummervolle Ausdruck in seinen Zügen bildete einen besonders schroffen Gegensatz zu der launigen Heiterkeit seines Nachbars nach vorn — des Rossebändigers. Dieser war dem andern Sleigh kaum nahe genug gekommen, um verstanden werden zu können, als er mit lauter Stimme ausrief:

„Stelle Dich auf in dem Steinbruch — stelle Dich auf. Du König der Griechen; fahre in den Steinbruch. Agamemnon, oder ich werde nicht im Stande seyn, an Dir vorbei zu kommen. Willkommen in der Heimath. Vetter 'Duke — willkommen, willkommen, schwarzäugige 'Beß. Du siehst, Marmaduke, daß ich Dir zu Ehren mit einer ausgesuchten Ladung ins Feld rücke. Monsieur Le Quoi hat nur eine einzige Mütze mitgenommen, der alte Fritz ließ die Flasche halbgeleert stehen und Herr Grant mußte es vor der Hand beim Studium des „ersten Theils“ seiner Predigt bewenden lassen. Auch die Pferde mußten sammt und sonders mit — Apropos, Richter, die Schwarzen kann ich nicht mehr behalten; ich werde sie Dir nächstens verkaufen, denn sie thun nicht nebeneinander gut- Ich löse vielleicht —„