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„Was sagt er, Lederstrumpf?“ fragte der Geistliche mit warmer Theilnahme. „Singt er das Lob des Erlösers?“

„Nein, nein, — er spricht jetzt von seinem eigenen Ruhme,“ antwortete Natty, indem er sich trauernd von seinem sterbenden Freunde abwandte; „und er hat ein Recht dazu, denn ich weiß, daß jedes seiner Worte wahr ist.“

„Möge Gott eine solche Selbstgerechtigkeit ferne von seinem Herzen halten! Demuth und Reue besiegeln den Bund der Christenheit, und wenn diese Gefühle nicht tief in der Seele wurzeln, so ist alle Hoffnung eitel. Wie kann er sich selbst rühmen, wenn Seele und Leib sich vereinigen sollen, den Schöpfer zu preisen? John, Du hast den Segen des Evangeliums erfahren und bist aus einer Menge von Sündern und Heiden berufen worden — wie ich nicht zweifle — zu weisen und gnädigen Zwecken. Fühlst Du jetzt, was es ist, gerechtfertigt zu seyn durch den Tod unseres Heilandes: fühlst Du, wie sehr uns die Zuversicht auf gute Werke im Stiche läßt, die aus dem Stolz und dem eitlen Ruhme des Menschen entspringen?“

Der Indianer antwortete nicht auf die Worte des Fragers, und sprach mit leiser aber bestimmter Stimme —

„Wer kann sagen, daß die Maquas Mohegan's Rücken gesehen haben? Welcher Feind, der Vertrauen in ihn setzte, hat nicht den Morgen wiedergesehen? Welcher Mingo, dem er nachsetzte, sang je das Siegeslied? Hat Mohegan je gelogen? Nein, die Wahrheit lebte in ihm, und nichts Anderes konnte aus seinem Munde kommen. In seiner Jugend war er ein Krieger, und seine Mokassins trieften von Blut. In seinem Alter war er weise; seine Worte am Berathungsfeuer wurden nicht vom Winde verweht.“

„Ach, er hat nun in seinem Gesange die eiteln Ueberreste des Heidenthums aufgegeben!“ rief der gute Geistliche. „Was spricht er setzt? Erkennt er seinen verlorenen Zustand? “

„Ach Gott, Mann,“ entgegnete Natty, „er weiß so gut als Sie oder ich, daß sein Ende nahe ist; aber weit entfernt, seinen Zustand für einen verlorenen zu halten, glaubt er vielmehr, dadurch viel zu gewinnen. Er ist alt und steif, und Ihr habt das Wild so selten und scheu gemacht, daß sogar bestere Schützen, als er, es schwer finden, ihr Leben fortzubringen. Er hofft jetzt, an einen Ort zu gehen, wo es immer gute Jagdgründe gibt, wo kein schlechter oder ungerechter Indianer hinkömmt, und wo er seinen ganzen Stamm wieder antrifft. Ein Mann, dessen Hände kaum noch Körbe flechten können, verliert nichts durch den Tod; und wenn von einem Verluste die Rede ist, so ist er auf meiner Seite. Ach, wenn er heimgegangen ist, wird mir wenig mehr übrig bleiben, als ihm zu folgen.“

„Sein Beispiel und Ende, das, wie ich demüthig hoffe, noch herrlich seyn wird,“ erwiederte Herr Grant, „sollte Euren Geist auf die betrachtung eines anderen Lebens führen. Ich fühle jedoch, daß es meine Pflicht ist, dem hinscheidenden Geiste den Weg zu ebnen. — Der Augenblick ist da, John, wo der Rückblick auf Deine Hingabe an die Vermittlung Deines Erlösers Balsam in Deine Seele bringen muß. Verlaß Dich au die Wirkungen Deines früheren Lebens, sondern lege die Last Deiner Sünden zu Seinen Füßen nieder, um Dir die segensvolle Gewißheit zu erkaufen, daß er Dich, seiner Verheißung gemäß, nicht verlassen werde.“

„Was Sie da sagen, ist wohl wahr und auf Worte des Evangeliums gegründet,“ versetzte Natty; „Sie werden aber nichts mit dem Indianer anfangen können. Er hat seit dem Kriege keinen Herrnhuterpriester mehr gesehen, und es ist schwer, einen Indianer abzuhalten, auf seine ursprünglichen Wege zurückzukehren. Es wird daher besser seyn, den alten Mann in Frieden hinscheiden zu lassen. Er ist jetzt glücklich; ich lese es in seinem Auge; und das ist mehr, als sich von dem Häuptling sagen ließ, seit die Delawaren von den Quellen ihres Flusses aufbrachen und nach Westen zogen. Ach! das ist eine schmerzlich lange Zeit, und wir haben seitdem viele trübe Tage mit einander gesehen.“

„Hawk-eye!“ sprach Mohegan, die letzten Lebensreste zusammenfassend. „Hawk-eye! höre auf die Worte Deines Bruders.“

„Ja John,“ versetzte der Jäger in englischer Sprache, indem er sich, tief ergriffen von diesem Ausrufe, über ihn niederbeugte; „wir sind Brüder gewesen — Brüder in einem engeren Sinne, als es die Sprache der Indianer gewöhnlich versteht. Was willst Du von mir, Chingachgook?“ '

„Hawk-eye! Meine Väter rufen mich in die Jagdgründe der Seligen. Der Pfad ist offen, und die Augen Mohegan's werden wieder jung. Ich blicke umher — aber ich sehe keine weißen Häute; dort sind nur gerechte und brave Indianer. Leb' wohl, Hawk-eye! — Du wirst mit dem Feueresser und dem jungen Adler in den Himmel der Weißen gehen; mich aber zieht es zu meinen Vätern. Laß den Bogen, den Tomahawk, die Pfeife und den Gürtel Mohegan's in sein Grab legen; denn er wird wie ein Krieger auf dem Kriegspfade zur Nachtzeit aufbrechen und darf sich dann nicht aufhalten, um sie zu suchen.“

„Was sagt er, Nathanael?“ rief Herr Grant angelegentlich und mit augenscheinlicher Beklemmung. „Beruft er sich auf die Verheißungen unseres göttlichen Mittlers? Und sucht er sein Heil in dem Fels der Zeiten?“ '

Obgleich der Glaube des Jägers keineswegs ein klarer war, so waren die Früchte seines früheren Unterrichts doch in der Wildniß nicht ganz verloren gegangen. Er glaubte an einen einzigen Gott und einen einzigen Himmel, und sobald ihn das überwältigende Gefühl, welches ihn bei dem Abschied von seinem alten Freunde ergriff und sich in jeder Muskel seines verwitterten Gesichtes ausdrückte — zu reden gestattete, versetzte er —

„Nein — nein — er vertraut nur auf den großen Geist der Wilden und auf seine eigenen guten Handlungen. Er glaubt, wie Alle seines Volkes, daß er nun wieder jung werde und jage und glücklich sey, bis an das Ende der Ewigkeit. Es ist fast das Gleiche, wie bei den Leuten von anderen Farben, Pfarrer, Ich kann mir zwar nicht denken, daß ich diese Hunde und mein Gewehr in einer anderen Welt wieder treffen werde, aber doch überwältigen mich hin und wieder bei dem Gedanken, sie für immer verlassen zu müssen, bittere Gefühle, und ich klammere mich deßhalb begieriger an das Leben an, als es sich wohl für einen Siebenziger ziemen mag.“

„Möge Gottes Barmherzigkeit einen solchen Tod von denjenigen abwenden, welche mit dem Zeichen des Kreuzes besiegelt sind!“ rief der Geistliche in heiligem Eifer. „John —“

Die Macht der Elemente gebot ihm jedoch, inne zu halten. Während das eben Mitgetheilte stattfand, hatten sich ohne Unterlaß schwere düstere Wolken an dem Horizont aufgethürmt, und die ehrfurchtgebietende Stille, die jetzt in der Luft herrschte, verkündigte eine Krisis in dem Stand der Atmosphäre. Die Flammen, welche noch immer an der Seite des Berges fortwütheten, wirbelten nicht länger in den selbst erzeugten, wechselnden Luftströmungen, sondern loderten hoch und stetig gen Himmel. Es lag sogar in den Verheerungen des feindseligen Elementes eine Ruhe, als sehe es voraus, daß eine Hand, größer als seine eigene verderbenbringende Gewalt, im Begriffe sey, seinen Fortschritt zu hemmen. Die Rauchmassen, welche über dem Thale lagen, begannen aufzusteigen und sich rasch zu zerstreuen, und Blitze durchzuckten die über den westlichen Bergen hängenden Wolken. Während Herr Grant noch sprach, fuhr ein leuchtender Strahl durch das Dunkel, den ganzen gegenüberliegenden Kimm beleuchtend, und unmittelbar darauf folgte ein lautes Donnergekrache, welches schwer über die Berge hinrollte und die Erde in ihren Grundfesten zu erschüttern schien. Mohegan richtete sich auf, als nehme er dieß für ein zu seinem Abscheiden gegebenes Zeichen, und streckte seine abgemagerten Arme gen Westen. Auf seinem dunkeln Gesichte leuchtete ein Blick der Freude, der sich jedoch allmählig in eine ausdruckslose Starrheit auflöste; seine Muskeln erschlafften, als er seine ruhende Stellung wieder einnahm — ein leichtes Zucken spielte leise um seine Lippen und sein Arm sank langsam an der Seite nieder. Der Körper des todten Kriegers lag an den Felsen gelehnt, die gläsernen Augen weit offen und auf die fernen Berge geheftet, als ob die verlassene Hülle dem Fluge des Geistes nach seinem neuen Aufenthalt nachschaue.