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Herr Grant war mit stummem Entsetzen Zeuge dieser Scene: als aber der letzte Wiederhall des Donners dahin starb, schlug er mit frommem Eifer seine Hände zusammen und sprach in den vollen, reichen Tönen eines überzeugten Glaubens —

„O, Herr! wie unerforschlich sind deine Gerichte und wie unergründlich deine Wege! Ich weiß, daß mein Erlöser lebt und daß er wiederkommen wird am Tage des Gerichtes. Mögen auch die Würmer diesen Körper zerstören, so werde ich doch in meinem Fleische Gott schauen: ja, diese meine Augen werden ihn sehen, der meine Zuversicht hienieden war.“

Als der Geistliche sein Gebet geschlossen, ließ er das Haupt demüthig auf die Brust sinken, und in seinem ganzen Wesen sprach sich das ergebungsvolle Vertrauen aus, dem seine Begeisterung Worte geliehen hatte.

Sobald Herr Grant von der Leiche zurückgetreten war, näherte sich der Jäger seinem verblichenen Freunde, ergriff dessen welke Hand und sah ihm eine Weile stumm und nachdrücklich in das erstarrte Gesicht; dann machte er seinen Gefühlen Luft, indem er mit der wehmüthigen Stimme eines Tiefergriffenen also begann —

„Rothe Haut oder weiße — es ist jetzt Alles vorüber! Er wird einen gerechten Richter finden, der sich nicht an Gesetze bindet, welche die Menschen gemacht haben. Nun, jetzt braucht nur noch Einer zu sterben, und die Welt steht dann mir und meinen Hunden offen. Freilich muß der Mensch harren, bis es Gott gefällt, aber ich fange an, des Lebens müde zu werden. Die Bäume, die ich kenne, werden niedergeschlagen, und es wird mir schwer, ein Gesicht zu finden, mit dem ich in jüngeren Tagen vertraut war.“

Jetzt begannen große Tropfen Regen zu fallen und den dürren Fels zu befeuchten, während das ganze Gewitter sich mit reißender Schnelle der Stelle näherte. Die Leiche des Indianers wurde hastig nach der Höhle hinunter geschafft, und die Hunde folgten winselnd, denn sie vermißten den Blick, mit dem der Häuptling stets ihre Begrüßung hingenommen hatte.

Edwards entschuldugte sich hastig und verwirrt gegen Elisabeth, daß er sie nicht an denselben Ort, der jetzt vorne vollständig mit Holzplöcken und Baumrinden geschlossen war, mitnehmen könne, indem er unverständlich etwas von dessen Dunkelheit und von der Unannehmlichkeit, sich mit einer Leiche in demselben Raum zu befinden, sprach. Miß Temple fans jedoch unter dem Felsenvorsprunge einen zureichenden Schutz gegen die Regengüße. Aber lange, ehe das Gewitter vorüber war, ließen sich von unten Stimmen hören, welche laut die hinsterbenden Funken des Gebüsches niederschlugen, während sie sich vorsichtig durch die noch nicht ganz erlöschten Brandstellen arbeiteten.

Sobald der Regen nachließ, führte Oliver Elisabeth nach der Straße, wo er sich von ihr trennte. Ehe sie jedoch schieden, erfaßte er die Gelegenheit, mit einer Wärme, welche sich das Mädchen jetzt recht wohl zu deuten wußte, zu sprechen —

„Der Augenblick des Geheimnisses ist vorüber, Miß Temple. Morgen um diese Zeit werde ich einen Schleier entfernen, den ich so lange um mich und meine Angelegenheiten zu hüllen schwach genug war. Doch wer hat nicht in seiner Jugend, wenn ihm Leidenschaften im Inneren wühlen, seine romanhaften und thörichten Schwächen? Gott behüte Sie! Ich höre die Stimme Ihres Vaters; er kommt den Weg herauf und ich möchte jetzt nicht aufgehalten werden. Gott sey Dank, daß Sie gerettet sind; dieser Gedanke allein wälzt die Last einer Welt von meiner Seele.“

Er wartete nicht auf Antwort, sondern enteilte in den Wald. Obgleich Elisabeth die Stimme ihres Vaters rufen hörte, so blieb sie doch stehen, bis der junge Mann unter den rauchenden Bäumen verborgen war; dann wandte sie sich um, und im Nu lag sie in den Armen ihres von Angst halb wahnsinnigen Erzeugers.

Man hatte auf den Ruf, daß die Verlorene gefunden sey, einen Wagen herbei geschafft, von welchem Miß Temple alsbald Gebrauch machte, und die Leute kehrten nach dem Dorfe zurück, zwar naß und schmutzig, aber neu belebt durch den Gedanken, daß die Tochter ihres Grundherrn einem so frühen und schrecklichen Ende entronnen sey. [Die Wahrscheinlichkeit eines Waldbrandes, wie der hier beschriebene, ist in Zweifel gezogen worden. Der Verfasser weiß hierauf nichts zu erwiedern, als daß er einmal in einem andern Theile von Neu-York ein solches Feuer mit ansah, welches einen Mann zwang, seinen Wagen und seine Pferde auf der Straße stehen zu lassen, wo diese auch ihren Untergang fanden. Um über die Möglichkeit eines solchen Ereignisses ein richtiges Urtheil zu fällen, muß man die Wirkungen einer langen Dürre in diesem Clima und die Menge todten Holzes mit in Rechnung bringen, welche sich in einem Forste, wie der hier erwähnte, vorfand. Die Waldbrände in America sind oft so wüthend, daß ihr Einfluß auf die Lustströmung fünfzig Meilen weit fühlbar wird, und gewöhnlich werden ihnen auch Häuser, Scheunen und Zäune, welche sie in ihrem Laufe berühren, zum Raube.]

Neununddreißigstes Kapitel.

Selictar! laß des Häuptlings Schwert erblinken!

Tambourgi! ruf' zum Schlachtsignal die Zinken!

Ihr Berge, Zeugen uns'res Landens hie,

Ihr seht uns siegreich wieder oder nie!

Byron.

Die schweren Gewitterschauer, welche den Tag über fielen, thaten dem Fortschreiten der Flammen vollständig Einhalt, obgleich man auch in der Nacht noch an verschiedenen Stellen des Berges, wo besonders viel Brennmaterial aufgehäuft war, glimmende Feuer bemerken konnte. Des andern Morgens sah man die Wälder viele Meilen weit schwarz und rauchend, und nirgends mehr auch nur eine Spur von Gebüsch oder abgestorbenem Holze; die Fichten und Tannen aber erhoben noch ihre stolzen Häupter auf den Bergen, und auch die kleineren Bäume des Forstes zeigten noch einigermaßen Merkmale von Leben und Vegetation.

Das tausendzüngige Gerücht war nach seiner Weise geschäftig gewesen. Elisabeth's wundervolles Entkommen noch auszuschmücken, und es ging allgemein die Rede, daß Mohegan wirklich den Flammen zum Raub geworden sey. Man ließ sich diesen Glauben um so weniger nehmen, als zu gleicher Zeit die schreckliche Nachricht im Dorfe auskam, Jotham Riddel, der Minirer, sey in seinem Loche halb erstickt und auf eine Weise verbrannt gefunden worden, daß für sein Leben wenig zu hoffen sey.

Die Ereignisse der letzten paar Tage waren wohl geeignet, die allgemeine Aufmersamkeit rege zu erhalten, um so mehr, als die verurtheilten Falschmünzer sich den Wink Natty's zu Nutzen gemacht, die Nacht nach dem Brande gleichfalls ihr Holzgefängniß durchbrochen und ihr Heil in den Wäldern gesucht hatten. Solche Neuigkeiten, im Verein mit Jotham's Schicksal und den Uebertreibungen, die man sich von dem, was sich auf dem Berge begeben, erzählte, waren wohl im Stande, die öffentliche Meinung dafür zu stimmen, daß es zweckmäßig seyn möchte, diejenigen Flüchtlinge, welche noch zu erreichen wären, aufzugreifen. Man sprach von der Höhle als dem geheimen Aufenthaltsorte der Schuldigen, und da man die wirren Gerüchte von Erzen und Metallen mit den Falschmünzern in Verbindung brachte, so wähnte die geschäftige Phantasie des Volkes dort den Inbegriff alles Verruchten, was den Frieden der Gesellschaft stören konnte, zu finden. Während sich der große Haufen in diesem Zustande der Aufregung befand, verlauteten auch Winke, daß Edwards und Lederstrumpf den Wald in Brand gesteckt hätten, und daß daher sie allein für den Schaden verantwortlich wären. Diese Beschuldigung, welche hauptsächlich durch Leute in Umlauf gesetzt wurde, die durch ihre eigene Unachtsamkeit das Unglück herbeigeführt hatten, fand bald allgemeinen Glauben, und es war nur eine Stimme, daß man versuchen müsse, die Verbrecher zur Strafe zu ziehen. Richard blieb nicht taub bei solchen Bewegungen, und noch desselben Nachmittags schickte er sich allen Ernstes an, sein Amt zu versehen.