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Otsego ist nun einer der bevölkertesten Distrikte von New-York, welcher seine Auswanderer so gut, als irgend einer der älteren, entsendet und wegen seines Gewerbefleißes und Unternehmungsgeistes in gutem rufe steht. Seine Mannfacturen blühen, und es ist bewundernswerth, daß eine, der sinnreichsten Maschinen, welche die europäische Kunst kennt, von dem Scharfsinne, welcher in dieser abgelegenen Gegend heimisch ist, ihre Entstehung ableitet.

Um Mißverständnissen zu begegnen, wird es am Orte seyn, zu bemerken, daß der gegenwärtigen Erzählung keine wirkliche Begebenheiten zu Grunde liegen, und daß die buchstäblich wahren Thatsachen sich nur auf die örtlichen Verhältnisse und die Sitten und Gebräuche der Einwohner beziehen. Die Academie, das Gerichtshaus, das Gefängniß, das Wirthshaus und die meisten andern Stafsagen der Art existirten wirklich, haben aber seitdem andern Gebäuden von anspruchsvollerem Charakter Platz gemacht. Bei der Schilderung des Herrenhauses erlaubten wir uns einige Freiheit, denn das eigentliche Gebäude hatte keinen „ersten und zweiten Theil“. Es bestand aus Ziegeln, nicht aus Steinen, und zeigte keine von den eigenthümlichen Schönheiten der „zusammengesetzten Ordnung“, indem es in einer zu frühen Periode errichtet wurde, um sich bereits aller Vortheile dieser so hoch anstrebenden Schule der Architektonik erfreuen zu können. Das Innere desselben ist jedoch ganz auf Rückerinnerung hin gezeichnet, und hier trifft alles mit der Wirklichkeit zusammen, sogar bis auf Wolf's zertrennten Arm und den Aschenkrug der Königin Dido.

Der Verfasser hat bereits anderswo erklärt, daß Lederstrumpf's Charakter ein Gebilde ist, welches durch Hilfsmittel, wie sie zu Hervorbringung des Effekts nöthig waren, Wahrscheinlichkeit gewinnt. Hätte er ihn mit noch mehr Liebe gezeichnet, so würden die Freunde der Poesie nicht so viel Anlaß haben, gegen diese Arbeit Einwendungen zu machen. Das Gesammtgemälde wäre jedoch sicher weniger treu ausgefallen, ohne wirkliche Vertreter für die meisten übrigen Personen. Der große Grundbesitzer, der auf seinen Ländereien wohnt und denselben seinen Namen gibt, statt ihn, wie es in Europa üblich ist, von ihnen zu erhalten, kömmt in New-York häufig vor. Der Arzt mit seiner Theorie, die er sich durch Experimente am menschlichen Körper eher schafft als verbessert; der fromme, selbstverläugnende, thätige und schlechtbelohnte Missionär; der halbgebildete, streitsüchtige, neidische und wenig achtbare Advokat mit dem Gegengewichte eines Collegen von besserem Schlage und anderem Charakter; der unstete, handeltreibende, mißvergnügte Verkäufer seiner „Verbesserungen“; der beliebte Zimmermann und die meisten übrigen Charaktere sind Allen bekannt, die je einen „neuen“ Bezirk besucht haben.

Nach den angeführten Umständen ist es augenfällig, daß der Autor bei Abfassung der „Ansiedler" mehr Vergnügen genossen, als sein Werk wohl je dem Leser zu gewähren im Stande seyn wird. Er weiß, daß die Schrift zahlreiche Fehler enthält, deren er in dieser Ausgabe auch einige zu verbessern bemüht war: da er sich aber wenigstens redlich bestrebt hat, das Seinige zur Unterhaltung der Lesewelt beizutragen, so vertraut er darum auch ruhig auf ihre wohlwollende Nachsicht, wenn er für sich selbst irgend zuviel in Anspruch genommen haben sollte.

Paris, im März 1832.

Erstes Kapitel.

Der Winter kömmt, am Jahresschluß zu üben

Sein eigensinnig trübes Regiment

Sammt allen seinen Nebeln, Wolken, Stürmen.

Thomson. 

Fast im Herzen des Staates Neu-York liegt ein ausgedehnter Landstrich, dessen Fläche durch eine Reihe von Bergen und Thälern gebildet wird. In diesem Gebirgslande nimmt der Delaware seinen Ursprung; und aus den silberklaren Seen, wie aus den tausend Quellen dieser Gegend, schlängeln sich die zahlreichen Quellen des Susquehannah durch die Thäler, bis sie durch die Bereinigung ihrer Wasser einen der stolzesten Ströme der nordamerikanischen Freistaaten bilden. Die Berge sind fast allgemein bis zu den Spitzen in begangbarem Stande, obgleich nicht selten an ihren Seiten Felsenpartien hervorspringen, welchen die Gegend ihren in so hohem Grade romantischen und malerischen Charakter verdankt. Durch die schmalen, üppigen und urbar gemachten Thäler zieht sich fast immer ein Flüßchen oder ein Bach, während schöne, blühende Dörfer zerstreut an den kleinen Seen oder an jenen Punkten der Wasserströmung liegen, die sich vortheilhaft für Mannfakturen benützen lassen. Man findet allenthalben durch die Thäler bis zu den Spitzen der Berge hinan hübsche und bequeme Meiereien mit allen Abzeichen des Wohlstandes; und in jeder Richtung begegnet man Wegen, die von den ebenen, anmuthigen Thalgründen bis zu den höchsten und verwickeltsten Gebirgsketten hinanführen. Akademien und niedere Bildungsanstalten begegnen dem Auge des Fremden, der durch das unebene Gebiet seinen Weg sucht, alle Paar Meilen; und in der Menge der Orte, welche der Gottesverehrung geweiht sind, bekundet sich eben so sehr der denkende und sittliche Charakter des Volkes, als sich in der Mannigfaltigkeit ihrer Formen und des um dieselbe waltenden Geistes die unbedingte Gewissensfreiheit ausspricht. Kurz, der ganze Distrikt ist der sprechendste Beleg, wie viel sich — selbst in einem wenig cultivirten und rauhen Landstriche — unter der Herrschaft milder Gesetze thun läßt, sobald der Einzelne für das Wohl des Ganzen; von dem er ein Theil zu seyn sich bewußt ist, ein unmittelbares Interesse fühlt. Den Bemühungen des Ansiedlers, die Wildniß zu lichten, folgte der unermüdliche Fleiß des Grundbesitzers, das mit saurem Schweiß Errungene zu verbessern, — ein Umstand, der wohl den Wunsch rege machen kann, seiner Zeit unter dem Rasen, den man bebaute, zu schlummern, oder nicht minder den im Lande geborenen Sohn zu veranlassen vermag, aus kindlich frommem Sinne dem Grabe des Vaters nahe zu bleiben. Vor etwa vierzig Jahren [„Die Ansiedler“ wurden im Jahr 1823 geschrieben.] noch war das ganze Gebiet eine Wildniß.

Bald nach der durch den Frieden von 1783 anerkannten Unabhängigkeit der vereinigten Staaten richtete sich der Unternehmungsgeist ihrer Bürger auf eine Untersuchung der natürlichen Vortheile ihres weitausgedehnten Gebiets. Vor dem Revolutionskriege beschränkten sich die bewohnten Theile der Colonie Neu-York nur auf ein Zehntel ihres Gesammtumfangs. Ein schmaler Landgürtel, der sich auf beiden Seiten des Hudson hinzog — mit einem ähnlichen, der etwa 50 Meilen weit den Ufern des Mohawk folgte, nebst den Inseln Nassau und Staten, und einige abgeschlossene Ansiedelungen auf besonders gutem Boden längs der Flußränder, bildeten das ganze Land, welches damals nicht einmal zweimalhunderttausend Seelen barg. In dem erwähnten kurzen Zeitraume hat sich die Bevölkerung über fünf Breiten- und sieben Längengrade ausgedehnt, und ist zu anderthalb Millionen Einwohnern [1831 bestand die Einwohnerzahl von Neu-York völlig aus 2 Millionen.] angeschwollen, die behaglich von ihrem Besitze leben, und in Jahrhunderten nicht zu besorgen haben, daß der Ertrag des Bodens in ein ungünstiges Mißverhältniß mit ihren Bedürfnissen treten könnte.

Unsere Erzählung beginnt mit dem Jahre 1793, ungefähr sieben Jahre nach dem Entstehen einer der frühesten jener Niederlassungen, welche den erwähnten fast mährchenhaften Umschwung in der Macht und dem ganzen Zustande des Landes herbeiführen halfen.

An einem schönen, kalten Dezembertage um die Zeit des Sonnenuntergangs bewegte sich in dem beschriebenen Distrikte ein Sleigh [Sleigh (lies Sleh) ist der in allen Theilen der vereinigten Staaten übliche Ausdruck für eine Art von Schlitten, und rührt wahrscheinlich aus dem Westen Englands her, wo diese Bezeichnung hin und wieder gebraucht wird. Die Amerikaner machen einen Unterschied zwischen Sleigh und Schlitten, denn die Läufer des Sleigh sind mit Metall beschlagen. Auch gibt es zwei- und einspännige Sleighs. Von letzterer Art sind die Cutter und die Pungs oder Zweipungs,von denen die einen mit einfachen, die andern mit Gabeldeichseln versehen sind; desgleichen die Gumper. Rohe, für den schnellen Gebrauch zusammengezimmerte Fuhrwerke in den neuen Gebieten. — Viele amerikanische Sleighs sind sehr elegant, obgleich ihre Benutzung durch das Milderwerden des Klima's in Folge der Verminderung der Urwälder allmählich mehr und mehr in Abgang kommt.] langsam den Abhang eines Berges hinan. Der Tag war für die Jahreszeit schön gewesen und nur zwei oder drei große Wolken, welche in dem Lichte, das von den die Erde bedeckenden Schneemassen wiederstrahlte, blendend weiß erschienen, segelten in dem reinen Blau des Himmels dahin. Der Weg wand sich längs eines Absturzes um den Gipfel eines Felsen hin, und wurde auf der einen Seite durch über einander geschichtete Holzstämme geschützt, während man auf der andern den Felsen so weit ausgesprengt hatte, um dem Straßenzug die für die gewöhnliche Fuhrwerke der damaligen Zeit nöthige Breite zu geben. Aber Holzstämme, Felsenaussprengung kurz alles, was nicht mindestens etliche Fuß Höhe hatte, lag unter dem Schnee begraben. Eine einzige Fährte, kaum weit genug, um den Sleigh aufzunehmen, bezeichnete den Zug der Landstraße, die fast mit einer ellenhohen Schneeschichte bedeckt war. In dem um etliche hundert Fuß tiefer gelegenen Thale bemerkte man eine sogenannte Lichtung und die gewöhnlichen Vorkehrungen zu einer neuen Niederlassung, welche sich sogar bergan bis zu einem Punkte erstreckten, wo der Weg nach einem auf dem Gipfel des Berges liegenden Flachlande abbeugte, während weiter oben Alles Wald war. Die Atmosphäre glitzerte, als wäre sie mit Myriaden von Lichtkörperchen erfüllt, und die edlen Rosse vor dem Sleigh waren fast ganz von einer Reifschichte bedeckt. Man sah den Dampf ihrer Nüstern wie Rauch aufsteigen, und jeder im Gesichtskreise liegende Gegenstand, wie auch die Vorkehrungen der Reisenden ließen auf die Strenge des Winters im Gebirge schließen. Das trübe, tiefschwarze Pferdegeschirr, welches sich allerdings sehr von den glänzend gefirnißten unserer Tage unterschied, war mit ungeheuern Platten und Schnallen von Messing verziert, die in den flüchtigen Sonnenstrahlen, welche ihren Weg schräg durch die Baumgipfel fanden, wie blankes Gold erglänzten. Gewaltige, mit Nägeln beschlagene und durch Schabraken unterlegte Sättel trugen vier hohe viereckige Thürmchen, durch welche die starken Zügel nach der Hand des Lenkers, eines Negers von ungefähr zwanzig Jahren, liesen. Sein Gesicht, das die Natur mit einem glänzenden Schwarz ausgestattet hatte, war jetzt scheckicht vor Kälte, und in seinen großen leuchtenden Augen glänzten Thränen ein Zoll, welchen die schneidenden Fröste dieser Gegenden den Söhnen der afrikanischen Sonne nie abzupressen versäumen. Demungeachtet aber lag ein lächelnder Ausdruck der Heiterkeit in seinem glücklichen Gesichte, welcher wohl seinen Grund in dem Gedanken an die nahe Heimath und an die Belustigungen eines Christabends in einem warmen Stübchen haben mochte.