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„Du bist willkommen, lieber Doctor; in der That sehr willkommen. Hier ist ein Jüngling, der Deines Beistandes bedarf, weil ich so unglücklich war, ihn heute Abend zu verwunden, als ich nach meinem Hirsch geschossen.“

„Du nach einem Hirsch geschossen, 'Duke?“ unterbrach ihn Richard — „ha, ha! nach einem Hirsch geschossen! Meinst Du, man könne etwas verordnen, ohne daß man den ganzen Thatbestand weiß? Aber so geht es immer mit gewissen Leuten; sie meinen, man könne einen Arzt ebenso ungestraft hintergehen, als einen andern Menschen.“

„Allerdings habe ich nach dem Hirsch geschossen,“ entgegnete der Richter lächelnd, „und es ist keineswegs ausgemacht, ob ich bei der Erlegung desselben nicht Beihilfe leistete. Sey dem aber, wie ihm wolle, der junge Mann wurde durch meine Hand verletzt und es ist nun Deine Sache, ihn zu curiren, und die meiner Tasche, Dich für Deine Bemühung zu belohnen.“

„Zwei Sach, auf die man sich kann verlaß sehr gut,“ bemerkte Monsieur Le Quoi mit einer höflichen Verbeugung gegen den Richter und den Praktiker.

„Danke, Monsieur,“ entgegnete der Richter; „aber wir halten den jungen Mann unnöthig auf. Remarkable, Du wirst so gut seyn, für Leinwand und Charpie zu sorgen.“

Diese Bemerkung bewirkte eine Beendigung der Complimente und veranlaßte den Arzt, einen spähenden Blick in der Richtung seines Patienten zu werfen. Der junge Jäger hatte während des eben berührten Gesprächs seinen Mantel abgeworfen und stand nun in einem einfachen Anzug von dem hellfarbigen selbstgewirkten Zeuge der Gegend da, welcher augenscheinlich noch ganz neu war.

Er hatte bereits die Hand an den Kragen seines Rocks gelegt, um auch dieses Kleidungsstück abzulegen, als er plötzlich wieder inne hielt, denn sein Blick fiel auf die bekümmerte Elisabeth, die unbeweglich und zu sehr von Angst überwältigt dastand, um seiner Bewegungen zu gewahren. Ein leichtes Roth färbte die Stirne des Jünglings.

„Der Anblick von Blut könnte die Dame beunruhigen. Gehen wir daher lieber, bis die Wunde verbunden ist, in ein anderes Zimmer.“

„Nicht doch,“ sagte Doctor Todd, dem seine ganze Keckheit wieder gekommen war, sobald er bemerkte, daß sein Patient kein Mann von Bedeutung sey — „die helle Beleuchtung des Saales ist der Operation günstig — ein Vortheil, den wir um so weniger aus dem Auge lassen wollen, da man sich desselben so selten zu erfreuen hat.“

Während Elnathan so sprach, steckte er eine große eiserne Brille in sein Gesicht, die langjähriger Gewohnheit zufolge auf der äußersten Spitze seiner Mopsnase sitzen blieb und, wenn sie den Augen auch keinen wesentlichen Dienst leistete, doch auch kein Hinderniß für das Sehen bildete; denn seine kleinen grauen Beobachtungsorgane funkelten wie zwei Sterne, die aus einer neidischen Wolkenhülle hervorblicken, über dem optischen Instrumente weg. Diese Bewegung blieb von allen unbeachtet. Remarkable ausgenommen, welcher gegen Benjamin bemerkte:

„Herr Todd ist ein recht hübscher Mann, der seine Worte gut zu setzen weiß. Wie prächtig ihm nur seine Brille steht! So ein Ding gibt einem doch gleich ein großartigeres Aussehen; ich habe gute Lust, mir selber auch eine anzuschaffen.“

Die Worte des Fremden hatten Miß Temple wieder zur Besinnung gebracht. Sie fuhr, wie aus einer tiefen Zerstreuung auf, erröthete hoch, winkte einer jungen Weibsperson, die ihr in der Eigenschaft eines Kammermädchens diente, und entfernte sich mit der Miene weiblicher Zurückhaltung.

Das Feld blieb nun dem Arzte und seinem Patienten freigelassen, während die übrigen noch anwesenden Personen sich mit Gesichtern, welche die verschiedenen Grade ihres Antheils ausdrückten, um den letzteren sammelten. Major Hartmann war der einzige, der auf seinem Sitze blieb, indem er fortfuhr, große Rauchwolken von sich zu stoßen, und bald die Augen nach der Decke gleiten ließ, als stelle er Betrachtungen über die Ungewißheit des menschlichen Lebens an, bald mit einem Ausdrucke, der einiges Bewußtseyn von der Lage des jungen Mannes verrieth, nach dem Fremden hinblickte.

Inzwischon begann Elnathan, dem eine Schußwunde etwas Nagelneues-war, seine Vorbereitungen mit einer Sorgfalt und Feierlichkeit, wie sie des Anlasses würdig waren. Benjamin hatte ihm ein altes Hemd eingehändigt, welches er mit einer Miene, die sowohl seine Geschicklichkeit, als die Wichtigkeit der Operation bezeichnete, in mehrere lange Streifen riß.

Als diese Einleitung getroffen war, wählte sich Herr Todd mit großer Sorgfalt einen der Streifen aus, und händigte ihn Herrn Jones ein, indem er mit größter Kaltblütigkeit sagte:

„Da, Squire Jones. Sie verstehen sich auf derartige Dinge und sind wohl so gefällig, die Chardie zu zupfen. Sie muß fein und weich seyn, wie Sie ja selber wissen, mein lieber Sir. Nehmen Sie sich aber in Acht, daß Sie keine Baumwolle hineinbringen; sie möchte sonst die Wunde vergiften. Nur der Zettel ist Leinwand; Sie können daher beides leicht sondern.“

Richard übernahm diesen Dienst mit einem Nicken gegen seinen Vetter, in welchem deutlich zu lesen war: „Du siehst, der Kamerad kann nichts ohne mich ausrichten,“ und begann mit großer Emsigkeit auf seinem Knie Charpie zu zupfen.

Ein Tisch wurde nun mit Arzneiflaschen, Salbtöpfen und verschiedenen chirurgischen Instrumenten belegt. So oft der Doctor eines davon aus seinem rothen Maroquinfutteral hervorlangte, hielt er es gegen das lebhafte Licht des Kronleuchters, in dessen Nähe er stand, und untersuchte es mit der pedantischsten Sorgfalt. Dabei fuhr er oft mit einem rothseidenen Taschentuche über den blanken Stahl, als wolle er auch das mindeste Hinderniß, das einer so delikaten Operation im Wege stehen könnte, von der polirten Oberfläche entfernen. Nachdem das ziemlich spärlich ausgestattete Futteral geleert war. öffnete der Doctor seine Sattelranzen und brachte verschiedene Phiolen zum Vorschein, die mit Flüssigkeiten von den verschiedensten Farben gefüllt waren, stellte sie in gebührender Ordnung an der Seite der mörderischen Sägen, Scheeren und Messer auf, nahm dann eine ganz aufrechte Stellung an, wobei er die Hand auf den Rücken legte, als wolle er die Bedeutsamkeit seiner Attitüde dadurch verstärken, und blickte umher, was für einen Eindruck diese Zurschaustellung seines Kunstapparates auf die Zuschauer übte.

„Auf mein Wort,“ bemerkte Major Hartmann mit einem schelmischen Rollen seiner kleinen schwarzen Augen, während jeder übrige Zug seines Gesichtes vollkommen ruhig verblieb; „Ihr habt da einen schönen Vorrath von Werkzeugen, und Eure Medicamente glänzen, als wären sie besser für die Augen, als für die Gedärme.“

Elnathan ließ ein Hem vernehmen, — man hätte es vielleicht eben so gut für das Räuspern eines Verzagten, der sich dadurch Muth zusprechen will, als für einen natürlichen Versuch, die Kehle zu klären, halten können; wenn indeß das erstere der Fall war, so entsprach es vollkommen seiner Absicht, denn der Doctor wandte sich jetzt mit den Worten an den deutschen Veteran: