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Die ganze Gruppe wandte sich jetzt überrascht um und erblickte an der Thüre der Halle die Person des Indianers John.

Siebentes Kapitel.

Von Susquehanna's fernster Quelle,

(Wo lustig haus't ein wilder Stamm,)

Den Leib gehüllt in rauhe Felle —

Des Waldes Hirte zu uns kam.

Freneau. 

Ehe die Europäer, oder — um uns eines bezeichnenderen Ausdrucks zu bedienen — die Christen den ursprünglichen Eigenthümern ihren Boden abgenommen hatten, war der ganze Landstrich der Staaten von Neu-England, wie auch derjenige, welcher nach der Mitte hin östlich von dem Gebirge liegt, von zwei großen indianischen Völkerschaften bewohnt, die in zahllose kleine Stämme zerfielen. Diese beiden Völker, die eine verschiedene Sprache redeten und ohne Unterlaß im Kriege miteinander lebten, hatten sich nie miteinander vermischen können, bis die um sich greifende Gewalt der Weißen einige der Stämme in einen Zustand von Abhängigkeit versetzte, welche nicht nur ihre politische, sondern auch — da hier nur von den Bedürfnissen und Gewohnheiten eines wilden Stammes die Rede ist — ihre leibliche Existenz ungemein gefährdete. Die beiden großen Abtheilungen bestanden auf der einen Seite aus den fünf, oder wie sie nachher genannt wurden, aus den sechs großen Nationen, auf der andern aus den Lenni Lenapen oder Delawaren mit den zahlreichen und mächtigen Horden, welche von ihnen abstammten; die Angehörigen der ersteren wurden von den Angloamerikanern allgemein Irokesen, oder die sechs Nationen, bisweilen auch Mingos genannt, während ihnen ihre Feinde den Namen Mengwes oder Maquas beizulegen pflegten. Sie wurden aus den Stämmen oder — wie sie ihre Verbündeten, um ihre Bedeutsamkeit zu erhöhen, lieber nannten — aus den verschiedenen Nationen der Mohawks, der Oneidas, der Onondagas, der Cayugas und der Senecas gebildet, die wir hier nach ihrer Macht und Verbreitung geordnet haben. Beinahe ein Jahrhundert nach der Gründung dieses Verbandes wurden auch noch die Tuskaroras aufgenommen, wodurch sich ihre Zahl bis zu sechs vermehrte.

Die Lenni Lenapen oder die Delawaren — wie sie von den Weißen wegen des Umstandes genannt wurden, daß sie ihre großen Berathungsfener an dem Ufer des gleichnamigen Flusses hielten — bestanden nebst den eigentlichen Delawaren aus den Stämmen der Mahicannis, Mohicans oder Mohegans und der Nanticokes oder Nentigos. Die letzteren hatten ihre Wohnsitze links von der Chesapeakbay und der Meeresküste, während die Mohegans den Strich zwischen dem Hudson und dem Meere, also den größten Theil von Neu-England einnahmen. Natürlich wurden diese beiden von den Europäern zuerst aus ihrem Besitz vertrieben.

Die Kriege mit einem Theil der letzteren sind unter uns berühmt, zum Beispiel die Kriege des Königs Philipp; aber die friedliebende Politik William Penn's oder Miquon's, wie er von den Eingebornen genannt wurde, erreichte ihren Zweck mit weit weniger Schwierigkeit, obgleich nicht minder sicher. Da die Eingeborenen allmählig aus den Wohnsitzen der Mohegans verschwanden, suchten einige zerstreute Familien einen Zufluchtsort an dem Berathungsfeuer des Mutterstamms oder der Delawaren.

Dieses Volk mußte sich von seinen alten Feinden, den Mingos oder Irokesen den Schimpfnamen Weiber gefallen lassen, nachdem letztere ihre Zuflucht zur List genommen hatten, um über ihre Nebenbuhler zu siegen, da sie durch öffentliche Feindseligkeiten nicht zu ihrem Zwecke gelangt waren. Dieser Erklärung gemäß sollten die Delawaren die Künste des Friedens üben und ihre Vertheidigung ausschließlich den Männern oder den kriegerischen Stämmen der sechs Nationen überlassen.

Dieß war der Stand der Dinge bis zum Ausbruch der Revolution — ein Zeitpunkt, in welchem die Lenni Lenapen förmlich ihre Unabhängigkeit ansprachen und furchtlos erklärten, daß sie wieder Männer wären. Aber bei einer so eigenthümlich republikanischen Regierungsform, als die indianische, war es nicht immer leicht, ihre Angehörigen in den Banden gesetzlicher Ordnung zu halten. Mehrere kühne und berühmte Krieger der Mohegans suchten, als sie den Kampf mit den Weißen vergeblich gefunden hatten, einen Zufluchtsort bei dem Hauptstamme, und verpflanzten in denselben Gefühle und Grundsätze, durch welche sie sich so lange bei ihrem eigenen Volke ausgezeichnet hatten. Diese Häuptlinge hielten den kriegerischen Geist der Delawaren einigermaßen wach und führten hin und wieder kleine Feldzüge gegen ihre alten Feinde oder gegen sonstige Gegner, die ihren Zorn gereizt hatten.

Unter diesen Kriegern zeichnete sich besonders ein Geschlecht durch Tapferkeit und alle jene Eigenschaften aus, die einem indianischen Helden Berühmtheit zu verschaffen im Stande sind. Aber Krieg, Zeit, Krankheit und Entbehrung hatten die Glieder desselben gelichtet, und der einzige Ueberrest dieser einst so gefeierten Familie stand nun in Marmaduke's Halle. Schon seit langer Zeit hatte er sich den Weißen, namentlich in ihren Kriegen, angeschlossen und durch seine bisweilen ungemein wichtigen Dienste sich Beachtung und Auszeichnung erworben. Der Umgang mit Christen hatte ihn gleichfalls zum Christenthum bekehrt, und in der Taufe war ihm der Name John beigelegt worden. Von seiner ohnehin im Laufe des Krieges schwer heimgesuchten Familie und allem Anhang war er durch einen Einfall der Feinde getrennt worden, und als der letzte Ueberrest seiner Nation seine Feuer an den Ufern des Delaware auslöschte, blieb er allein zurück, mit dem Entschlusse, sich in dem Lande begraben zu lassen, wo seine Väter so lange gelebt und geherrscht hatten.

Er war indeß erst seit wenig Monaten in dem Gebirge, das Templeton umgab, erschienen. In der Hütte des alten Jägers schien er besonders willkommen zu seyn, und da „Lederstrumpfs“ Gewohnheiten ziemlich die gleiche Färbung mit denen der Wilden trugen, so erregte ihre Verbindung keine Ueberraschung. Sie bewohnten dieselbe Hütte, aßen mit einander aus einer Schüssel, und beschäftigten sich meistens in derselben Weise.

Wir haben des Taufnamens dieses alten Häuptlings bereits erwähnt; in seinem Verkehr mit Natty aber, der in der Sprache der Delawaren geführt wurde, pflegte er sich gewöhnlich Chingachgook zu nennen, was in unsere Sprache übertragen „die große Schlange“ bedeutet. Er hatte sich in seiner Jugend diesen Namen durch die Behendigkeit und Tapferkeit erworben, welche er in den Kriegen an den Tag legte; doch als sich seine Stirne mit der Zeit zu furchen begann und er allein als der letzte von seiner Familie dastand, gab ihm sein Stamm, das heißt die wenigen Delawaren, welche noch an den Ufern ihres heimathlichen Stromes weilten, die an schmerzlichen Erinnerungen so reiche Benennung „Mohegan“. Vielleicht fühlte sich aber das Herz dieses Waldbewohners zu tief bewegt bei dem Klange eines Namens, der ihm nur den Untergang seiner Nation ins Gedächtniß rief, denn er bediente sich desselben selten — eigentlich nie, ausgenommen bei besonders feierlichen Anlässen; die Ansiedler hatten jedoch, der christlichen Sitte gemäß, seinen Taufnamen mit seinem Nationalnamen vereinigt, und so war er allgemein als John Mohegan, oder im vertraulicheren Verkehre als Indianer John bekannt.

In Folge seiner langen Verbindung mit den Weißen hatte Mohegan's Lebensweise eine Mischung von Civilisation und dem Urzustande des Wilden angenommen, obgleich der Letztere sicher entschieden vorherrschend blieb. Wie alle seines Volkes, welche unter den Anglo-Amerikanern wohnten, war er mit neuen Bedürfnissen bekannt geworden, und sein Anzug bestand aus einem Gemenge seiner Nationaltracht und der europäischen Sitten. Ungeachtet der draußen herrschenden schneidenden Kälte war sein Haupt unbedeckt, aber eine Masse langer, schwarzer, grober Haare bedeckte den Kopf, die Stirne und sogar die Wangen, so daß Jemand, der den Mann früher gekannt hatte, wohl auf die Vermuthung kommen konnte, er begünstige diese Fülle, damit sie ihm als Schleier diene, um die Scham einer edlen Seele, welche um den entschwundenen Ruhm trauert, zu verbergen. Die Stirne, soweit sie gesehen werden konnte, erschien stolz, breit und edel; die Nüstern der langen römisch geschnittenen Nase dehnten sich noch in seinem siebenundsiebzigsten Jahre mit derselben Freiheit aus, die man an dem Jüngling gewahrt hatte; sein großer, zusammengepreßter Mund besaß viel Ausdruck, und wenn er ihn öffnete, so zeigte sich eine undurchbrochene Reihe kleiner und regelmäßiger Zähne; sein Kinn war voll, aber nicht hervorragend, und sein Gesicht trug den unverkennbaren Stempel seines Volkes in den hohen eckigen Backenknochen; seine Augen waren nicht groß, aber die schwarzen Aepfel leuchteten in den Strahlen der Kerzen, wie ein Paar Feuerkugeln, wenn er sich spähend in der Halle umsah.