Выбрать главу

Der Indianer senkte den Kopf und Beide schieden — der Eine, um seine Hütte aufzusuchen, der Andere, um sich der Abendtafel-Gesellschaft anzuschließen. Während Benjamin dem sich entfernenden Häuptling die Thüre öffnete, rief er ihm in einem Tone, der ihn ermuthigen sollte, nach:

„Der Pfarrer hat die Wahrheit gesprochen, John. Wenn man im Himmel auf die Farbe der Haut Rücksicht nähme, so könnte man aus den Musterungsbüchern recht leicht ein gutes Christenkind, wie mich, ausstreichen, weil die meinige durch das Kreuzen unter heißen Breitegraden etwas roth geworden ist. Allerdings wäre aber dieser verwünschte Nordwester im Stande, auch die Haut eines Mohren zu bleichen. Reffe Deine Decken ein, Mann, oder Dein rothes Fell wird kaum durch die Nacht segeln können, ohne in der Kälte Schaden zu nehmen.“

Achtes Kapitel.

Hier einen sich Verbannte aller Zonen

und sprechen friedlich in den fremdsten Lauten.

Campbell. 

Wir haben unsere Leser in den Hauptpersonen dieser Geschichte bereits mit verschiedenen Charakteren und Nationalzügen bekannt gemacht; um jedoch die Glaubwürdigkeit unserer Erzählung fest zu begründen, wollen wir in Kürze die Ursachen auseinander zu setzen versuchen, die uns veranlaßt, hier ein so buntes Gemisch von handelnden Personen zusammen zu stellen.

In der Zeit, welcher unserer Geschichte anheimfällt, begann in Europa jene Bewegung, welche nachher seine politische Institutionen bis in's Mark erschütterte. Ludwig XVI. war enthauptet, und eine Nation, die sonst für die gesitteteste unter den civilisirten Völkern der Welt galt, hatte ihren Charakter so weit geändert, daß an die Stelle der Schonung, der Hochherzigkeit und des Muthes, Grausamkeit, Hinterlist und Wildheit getreten waren. Tausende von Franzosen sahen sich genöthigt, Schutz in fernen Ländern zu suchen. Unter den Vielen, welche sich aus Frankreich und den dazu gehörigen Inseln nach den vereinigten Staaten von Amerika flüchteten, befand sich auch Monsieur Le Quoi. Er war dem Richter Temple durch das Haupt eines angesehenen Handelshauses in Neu-York, mit dem Marmaduke in einiger Verbindung stand und nicht selten gute Geschäfte abschloß, empfohlen worden. Bei dem ersten Zusammentreffen mit dem Franzosen hatte unser Richter in ihm einen Mann von Bildung entdeckt, der in seiner Heimath glücklichere Tage gesehen hatte. Einige Andeutungen, die Monsieur Le Quoi entschlüpften, ließen in ihm einen westindischen Pflanzer vermuthen, deren eine große Anzahl Saint Domingo und die übrigen Inseln verlassen hatte, und die jetzt in den Staaten der Union in einem Zustande verhältnißmäßiger Verarmung, bisweilen auch in völliger Dürftigkeit lebten. Letzteres war indeß bei Monsieur Le Quoi nicht der Fall. Er besaß zwar, wie er selber zugestand, nur wenig, doch reichte dieses zu, um ihm einen leidlichen Unterhalt zu verschaffen.

Marmaduke besaß viele praktische Kenntnisse, namentlich in allem, was auf sich das Leben in den neuen Ansiedelungen bezog. Auf seinen Rath hatte Monsieur Le Quoi einige Einkäufe gemacht, bestehend aus Leinwand. Spezereien, Schießpulver und Tabak; eine Quantität Eisenwaren, darunter in verhältnißmäßiger Menge Messer, Suppenkessel und dergleichen, einen tüchtigen Vorrath von Töpfergeschirr gröbster Qualität und in den unzierlichsten Formen: dazu sonstige Erfordernisse des gewöhnlichen Lebens, worunter als Luxuswaare Spiegel und Maultrommeln nicht vergessen waren. So eingerichtet, trat Monsieur Le Quoi hinter seinen Ladentisch, dazu fügte sich, vermöge seiner wunderbaren Temperamentsschmiegsamkeit in diese neue Stellung, als ob er nie etwas anderes getrieben hätte. Seine Höflichkeit und Gesprächigkeit machte ihn ungemein populär, wie denn auch außerdem die Frauen bald entdeckten, daß er Geschmack hatte. Seine Kattune waren die schönsten, oder mit andern Worten die modernsten, die in der Gegend aufzufinden waren; und unmöglich konnte man gegen einen so höflichen Mann lange wegen der Preise markten. Durch solche Mittel gewannen Monsieur Le Quoi's Angelegenheiten bald eine günstige Wendung, so daß er von den Ansiedlern als der zweitvermöglichste Mann in dem Patent betrachtet wurde.

Der Ausdruck Patent, der in diesen Blättern schon mehrere Mal vorgekommen ist und wohl auch noch öfter gebraucht werden wird, bezeichnete den Distrikt, der ursprünglich dem alten Major Effingham durch ein königliches Patent übertragen worden, und der nun, nach Anwendung der Confiskations-Akte, durch Kauf an Marmaduke Temple gekommen war. Man bediente sich in den neuen Theilen des Staates häufig dieser Bezeichnung, und fügte ihr gewöhnlich auch noch den Namen des Grundbesitzers bei, wie z. B. in dem gegenwärtigen Falle. Temple's- oder Effinghams-Patent.

Major Hartmann war der Abkömmling eines Mannes, der in Gemeinschaft mit einer Anzahl seiner Landsleute und ihren Familien von den Ufern des Rheins nach denen des Mohawk ausgewandert war. Diese Uebersiedelung hatte schon unter der Regierung der Königin Anna stattgefunden, und die Abkömmlinge der ursprünglichen Auswanderer lebten nun sehr verbreitet und friedlich an den fruchtbaren Ufern des schönen Flusses.

Die Deutschen oder Hochländer, wie man sie nannte, um sie von den niederländischen Kolonisten zu unterscheiden, waren ein eigenthümliches Volk. Sie besaßen den ganzen Ernst dieser letztern ohne ihr Phlegma, und standen ihnen an Fleiß, Ehrlichkeit und Genügsamkeit nicht nach.

Fritz oder Friederich Hartmann war ein Inbegriff aller Fehler, Schwächen und Vorzüge seines Volkes. Trotz seiner Wortkargheit war er doch leidenschaftlich, eigensinnig und mißtrauisch gegen Fremde, zeigte übrigens dabei einen unbeugsamen Muth, eine unbestechliche Redlichkeit und eine treue Anhänglichkeit an seine Freunde. Seine einzige Wandelbarkeit bestand darin, daß er leicht vom Ernste zur Heiterkeit überging, obgleich der erstere Zug bei weitem der vorherrschende war. Marmaduke Temple hatte sich schon in der ersten Zeit ihrer Bekanntschaft seine Zuneigung erworben, wie denn auch dieser der einzige Mann war, der, ohne deutsch sprechen zu können, sich sein ganzes Vertrauen gewonnen. Viermal im Jahr, jedesmal zur Zeit der Sonnenwende, verließ er sein niedriges, steinernes Haus an den Ufern des Mohawk, und wanderte dreißig Meilen durch die Berge nach der Thüre des Herrenhauses in Templeton. Hier blieb er gewöhnlich eine Woche, und stand dabei im Rufe, einen großen Theil dieser Zeit mit Herrn Richard Jones in lustiger Schwelgerei zu verbringen. Aber Jedenrmann liebte ihn, selbst Remarkable Pettibone, obgleich sein Besuch ihre wirthschaftlichen Mühen vermehrte — was er seiner Offenheit, Aufrichtigkeit und seiner jeweiligen Heiterkeit zu danken hatte. Er stattete dermalen seinen regelmäßigen Weihnachtsbesuch ab und hatte sich noch keine Stunde im Dorf befunden, als ihn Richard aufforderte, den Sleigh mit zu besteigen, um dem Richter und seiner Tochter entgegen zu fahren.

Ehe wir uns über den Charakter und die Stellung des Herrn Grant weiter auslassen, wird es nöthig seyn, einen Rückblick auf eine frühere Periode der kurzen Geschichte dieser Ansiedelung zu werfen. Es scheint eine Eigenthümlichkeit der menschlichen Natur zu seyn, zuerst für die Bedürfnisse dieser Welt zu sorgen, ehe sich ihre Aufmerksamkeit auf eine andere lenkt. In den ersten paar Jahren dieser Ansiedelung dachte man nur wenig daran, unter den Baumstümpfen von Temples-Patent einen förmlichen Gottesdienst einzurichten; aber da die meisten Bewohner aus den sehr religiösen Staaten Connecticut und Massachusetts abstammten, so begannen sie, sobald für die leiblichen Bedürfnisse gesorgt war, allen Ernstes ihre Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, die religiösen Sitten und Gebräuche, an denen ihre Vorfahren so treulich gehangen, in's Leben zu rufen. Es ließ sich zwar allerdings nicht leugnen, daß unter Marmaduke's Pächterschaft eine große Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der Gnadenwahl und des freien Willens herrschte; wenn man jedoch die Verschiedenheit der religiösen Bildung, welche die Einzelnen genossen, in's Auge faßt, so wird leicht begreiflich, daß es nicht wohl anders seyn konnte.