Der Sleigh war eines jener geräumigen, bequemen, altmodischen Fuhrwerke, die eine ganze Familie in ihrem Bauche versorgen können, obgleich er in dem gegenwärtigen Augenblicke außer dem vorerwähnten Schwarzen nur zwei Personen enthielt. Die Farbe war außen bescheiden grün, innen feurig roth, letzteres vielleicht, um in dem kalten Klima doch wenigstens dem Auge eine Gluth vorzuführen. Große Büffelhäute, an den Rändern mit guirlandenartig geschnittenem rothem Tuch verziert, lagen in dem Sleigh und umhüllten die Füße der Reisenden — eines Mannes in den mittleren Jahren und eines Mädchens in der ersten Blüthe der weiblichen Entwickelung. Der erstere war, soviel sich aus den Vorkehrungen, welche er zu Ausschließung der Kälte getroffen hatte, von kräftigen Umrissen. Ein verschwenderisch mit Pelzwerk verbrämter Ueberrock umschloß seinen ganzen Körper mit Ausnahme des Kopfs, welcher durch eine Marderfellmütze, mit Maroquin ausgekleidet und so geformt, daß sich die Seitenklappen über die Ohren herunterschlagen und durch ein schwarzes Band unter dem Kinn zusammenknüpfen ließen — geschützt wurde. Der obere Theil der Mütze war mit einer Art Quaste verziert, die aus dem Schwanze des Thieres, welches das übrige Material geliefert hatte, bestand und nicht unzierlich hinten einige Zolle über den Nacken hinunter hing. Unter dieser Vermummung sah man theilweise ein schönes Männergesicht, zumal ein Paar ausdrucksvoller, großer, blauer Augen, die einen hellen Verstand, gemüthliche Heiterkeit und einen wohlwollenden Sinn verkündigten. Die Gestalt seiner Begleiterin war buchstäblich in den Kleidern, welche sie trug, begraben. Aus einem dicht mit Flanell wattirten, großen Camelotmantel, welcher dem Schnitt und der Weite nach offenbar einem männlichen Körper angehörte, sah ein mit Pelz ausgelegter seidener Ueberrock hervor. Eine ungeheuere, mit Daunen gefütterte, schwarzseidene Kaputze verbarg Kopf und Gesicht bis auf eine kleine Oeffnung, durch welche man Athem holen konnte, obgleich hin und wieder auch ein Paar lebhafter, beerschwarzer Augen hervorfunkelten.
Aber Vater und Tochter (denn in dieser Verwandtschaftsbeziehung standen die beiden Reisenden) waren zusehr mit ihren Betrachtungen beschäftigt, um durch den Ton ihrer Stimme eine Stille zu unterbrechen, welche durch das leichte Dahingleiten des Sleigh selten oder nie gestört wurde. Der Erstere dachte an das Weib, welches sein Kind — das einzige — zum letzten Male an ihre Brust gedrückt hatte, als sie vier Jahre früher mit widerstrebendem Herzen ihre Zustimmung geben mußte, der Gesellschaft ihrer Tochter zu entsagen, damit sich dieselbe jener Vortheile der Erziehung erfreuen möchte, welche zu der Zeit nur die Stadt New-York zu geben im Stande war. Wenige Monate nachher hatte ihn der Tod dieser treuen Genossin seiner Einsamkeit beraubt. Er liebte jedoch sein Kind zu aufrichtig, um sie nach der verhältnißmäßigen Wildniß, wo er wohnte, zurückzuholen, ehe die Zeit, welche zu ihrer völligen Ausbildung für nöthig erachtet wurde, abgelaufen war. Die Gedanken der Tochter waren weniger düster, da der Wechsel und die immer neuen Reize der Landschaft, die sich bei jeder Wendung der Straße vor ihr aufthaten, ihren Empfindungen ein frohes Staunen beimischten.
Der Berg, auf dem sie eben hinfuhren, war mit ungeheuren Rothtannen bedeckt, die erst in einer Höhe von siebenzig bis achtzig Fuß ihre Zweige ausbreiteten, und bis zum Wipfel oft das Doppelte dieser Höhe maßen. Das Auge konnte sich daher durch die zahllosen Oeffnungen einer weiten Aussicht erfreuen, wenn diese nicht durch ein fernes Hügelland oder durch einen Berggipfel jenseits des Thales, welchem sie zueilten, begränzt wurde. Die dunkeln Baumstämme erhoben sich aus dem weißen Schneegrunde wie regelmäßig gebaute Säulenschäfte, bis hoch oben die Zweige mit ihren immergrünen Nadeln eine Decke formten, die einen schwermüthigen Contrast zu der erstarrten Erde bildete. Die Reisenden fühlten keinen Wind, aber die Baumwipfel wiegten sich majestätisch und entsandten einen dumpfen, klagenden Ton, der ganz im Einklang der ruhe der melancholischen Scene stand.
Der Sleigh war eine Strecke weit ganz eben fortgeglitten und der Blick des Frauenzimmers hastete spähend, vielleicht auch furchtsam auf den Eintiefungen des Forstes, als sich ein lautes und anhaltendes Geheul, ähnlich dem Bellen eines zahlreichen Rudels von Jagdhunden, vernehmen ließ, das durch die hohen Bogen des Waldgewölbes hertönte. Sobald diese Laute das Ohr des Alten Herrn erreichten, rief er laut dem Schwarzen zu:
„Halt, Aggy; der alte Hektor ist dort; ich würde sein Bellen unter Zehntausenden heraus kennen. Lederstrumpf hat an diesem schönen Tage seine Hunde herausgeführt, und gewiß sind sie jetzt hinter einem Wilde her. Dort, einige Klafter vor uns, läuft eine frische Hirschspur; — und nun, 'Beß, wenn Du Dich vor dem Feuer nicht fürchtest, so verspreche ich Dir eine herrliche Zugabe zu Deiner Christfesttafel.“