Выбрать главу

Der Schwarze hielt an und ein heiteres Grinsen überflog seine erstarrten Züge, während er zugleich die Arme übereinander zu schlgen begann, um wieder einige Circulation nach den Fingerspitzen hin herzustellen. Der alte Herr richtete sich inzwischen auf, warf seine Verhüllung ab und stieg aus dem Sleigh auf eine Schneebank, welche seine Last trug, ohne zu weichen.

Nach einigen Augenblicken kam er damit zu Stande, aus einer Masse von Schachteln und Koffern eine doppelläufige Vogelflinte hervorzuholen, und nachdem er sich seiner dichten Fäustlinge, unter denen er ein Paar andere mit Pelz gefütterte Lederhandschuhe trug, entledigt und das Schloß seines Gewehrs untersucht hatte, schickte er sich an, vorwärts zu eilen, als sich das leichte Rauschen eines durch das Gehölz stürzenden Thieres vernehmen ließ und unmittelbar darauf nur wenige Schritte nach vorn ein schöner Bock die Straße kreuzte. Das Auftauchen des Wildes war rasch und seine Flucht geschah mit der Eile des Windes; aber der Reisende schien ein zu geübter Jäger zu seyn, um sich dadurch außer Fassung bringen zu lassen. Sobald er des Thieres ansichtig wurde, erhob er mit sicherem Auge und stetiger Hand seine Flinte und gab Feuer. Das Thier schoß jedoch unerschreckt und scheinbar unverletzt weiter. Ohne sein Gewehr sinken zu lassen, wandte der Schütze auf's Neue die Mündung seinem Opfer zu und feuerte abermals. Aber auch dieser Schuß schien seine Wirkung verfehlt zu haben.

Der ganze Auftritt war mit einer Geschwindigkeit vor sich gegangen, welche das Mädchen in hohem Grade verwirrte, und sie freute sich bereits unwillkürlich über das glückliche Entkommen des Thieres, als es plötzlich wie ein Meteor wieder auftauchte und abermals über den Weg setzte, worauf ein scharfer, rascher Ton, ganz verschieden von dem runden, vollen aus der Waffe ihres Vaters, in dem sich aber der Knall eines Feuergewehrs ebenfalls nicht verkennen ließ, an ihr Ohr schlug. In demselben Augenblicke machte der Bock einen Sprung in die Höhe, und als dem ersteren Schusse rasch ein zweiter folgte, stürzte das Thier kopfüber zu Erde, wo es auf der Schneerinde einigemale überkugelte. Ein lautes Halloh erscholl aus dem Munde des unsichtbaren Schützen, und unmittelbar darauf traten ein Paar Männer aus einem Versteck hinter zwei Tannenstämmen hervor, wo sie augenscheinlich dem Zuge des Hirsches aufgelauert hatten.

„Ha! Natty; wenn ich gewußt hätte, daß Ihr im Hinterhalt läget, so hätte ich meine Schüsse sparen können,“ rief der Reisende, indem er sich nach der Stelle hinbewegte, wo das Thier lag, in dessen Nähe ihm auch der entzückte Schwarze mit dem Sleigh folgte; „aber das Bellen des alten Hector war zu ermuthigend, um ruhig zu bleiben. Und doch bin ich nicht überzeugt, ob nicht eine meiner Kugeln den Burschen niederwarf.“

„Nein nein Richter,“ entgegnete der Jäger mit einem stillen Kichern und jenem frohlockenden Blicke, der das Bewußtseyn einer höhern Kunstfertigkeit verkündet. Sie haben Ihr Pulver nur abgebrannt, um sich an diesem kalten Abend die Nase zu wärmen, Glauben Sie denn, einen ausgewachsenen Bock, dem Hector und die Slut auf der Ferse sind, mit dieser Schlüsselbüchse da zum Halten zu bringen? Es gibt ja Fasanen genug an dem Moor, und die Schneevögel fliegen um Ihr Haus, so daß Sie dieselben mit Brodkrummen füttern können. Derartiges Wildpret ist etwas für Ihre Flinte; wenn Sie's aber nach einem Bock oder einem Bärenschinken gelüstet. Richter, so müssen Sie eine langläufige Büchse mitnehmen und gutes Pflaster parat halten, sonst werden Sie, denke ich, mehr Pulver verschwenden, als Sie Magen füllen.“

Nach diesen Worten fuhr der Sprecher mit der bloßen Hand unter seiner Nase weg und verzog seinen ungeheuren Mund abermals zu einer Art innerlichen Lachens.

„Das Gewehr theilt gut aus. Natty, und hat seiner Zeit wohl auch einem Hirsch den Garaus gemacht,“ entgegnete der Reisende mit einem gutgelaunten Lächeln. „Der eine Lauf war mit Posten geladen freilich der andere nur mit Vogeldunst. Da sind zwei Schüsse, der eine durch den Hals und der andere gerade durch das Herz. Es ist nicht ausgemacht, Natty, ob nicht einer davon von mir herrührt.“

„Nun, mag ihn erlegt haben, wer will,“ versetzte der Jäger verdrießlich; „es handelt sich jetzt, denke ich, nur noch darum, von wem er gegessen wird.“ Mit diesen Worten zog er ein großes Messer aus einer ledernen Scheide, die in seinem Gürtel stack, und durchschnitt dem Hirsche die Gurgel. „Wenn zwei Kugeln in dem Thiere stecken, so möchte ich doch fragen, ob nicht etwa auch zwei Büchsen abgefeuert wurden? Außerdem, wer hat je ein so zerrissenes Loch an dem Hals wie dieses durch ein nicht gezogenes Gewehr machen sehen? Sie werden mir zugeben, Richter, daß der Bock erst bei dem letzten Schusse fiel, und der kam aus einer sicherern und jüngeren Hand, als die Ihrige und die meinige ist. Ich für meinen Theil kann zwar, obgleich ich ein armer Mann bin, ohne dieses Wildpret leben, aber doch mag ich nicht gerne in einem freien Lande meine gerechten Ansprüche fahren lassen. Freilich muß ich, was das anbelangt, leider sehen, daß hier so gut wie in dem alten Land Gewalt vor Recht geht.“

Ein Zug von Verdruß und Unzufriedenheit begleitete diese Rede des Jägers, obgleich er es für klug hielt, den Schluß derselben so leise auszusprechen, daß er sich in ein unverständliches Murmeln verlor.

„Nein, Natty,“ entgegnete der Reisende, ohne sich seine gute Laune trüben zu lassen, „ich wehre mich nur um der Ehre willen. Mit einigen Dollaren ist dieses Wildpret bezahlt, aber was kann mich dafür entschädigen, daß mir die Ehre, einen Hirschschwanz auf der Mütze zu tragen, entgeht? Bedenkt nur, Natty, wie ich über den hämischen Hund, den Dick Jones triumphiren könnte, der bereits siebenmal in dieser Saison gefehlt und nichts heimgebracht hat, als ein Waldhuhn und ein Paar graue Eichhörnchen.“

„Ach, das Wild wird freilich immer seltener, Richter, je weiter diese Lichtungen und Verbesserungen um sich greifen,“ erwiederte der alte Jäger mit einer Art erzwungener Resignation. „Es hat eine Zeit gegeben, wo ich dreizehn Hirsche, die Hirschkälber nicht mitgezählt, aus der Thüre meiner Hütte schießen konnte! Und wenn's einen nach einer Bärenkeule oder etwas der Art gelüstete, so durfte er nur eine Nacht wachen, um einen solchen Burschen beim Mondschein durch die Ritzen, welche die Baumstämme in den Wänden ließen, zu erlegen; es hatte dabei keine Gefahr mit dem Einschlafen, denn das Geheul der Wölfe konnte schon die Augen offen halten. Da ist der alte Hector “ er streichelte während dieser Worte einen hohen, schwarz- und gelbgefleckten Jagdhund mit weißem Bauch und weißen Beinen, der eben im Geleite der schon erwähnten Slut von einer Fährte zurückkehrte; „sehen Sie wie ihm die Wölfe die Kehle zerbissen haben in jener Nacht, als ich sie von dem Wildpret vertrieb, das sie mir aus dem Rauchfang holen wollten. Der Hund ist zuverlässiger, als mancher Christ, denn er vergißt nie einem Freund und liebt die Hand, welche ihm sein Brod reicht.“

Es lag etwas Eigenthümliches in dem Benehmen des Jägers, was die Aufmerksamkeit des jungen Frauenzimmers auf sich zog, wie sie denn auch von dem ersten Augenblicke an, seit sie seiner ansichtig geworden, sein Aeußeres und seine Tracht mit der gespanntesten Aufmerksamkeit betrachtete. Er war hoch und so mager, daß er sogar noch größer erschien, als er wirklich war. Auf dem mit dünnen, schlichten, röthlichen Haaren bedeckten Kopfe trug er eine Fuchsmütze, die an Gestalt der des Reisenden ähnelte, an Eleganz aber ihr weit nachstand. Sein Gesicht war fleischlos, fast abgezehrt, aber ohne Spur von Krankheit, denn im Gegentheil deutete Alles bei ihm auf die kräftigste und ausdauernste Gesundheit. Kälte und häufiger Aufenthalt in Wind und Wetter hatten seine Haut gleichförmig geröthet. Seine grauen Augen blitzten unter ein Paar zottiger Brauen hervor, in deren natürliche Farbe sich ziemlich viel Gram gemischt hatte. Der magere Hals war blos und so roth, als sein Gesicht, und wo er sich an das Oberkleid anschloß, zeigte sich der schmale Streifen eines gewürfelten Hemdkragens. Eine Art Rock aus mit den Haaren versehenen Hirschfellen wurde mittelst eines Gürtels von farbigem Wollenzeug um seinen Körper zusammengehalten. An seinen Füßen hatte er Mocassins aus Hirschhäuten, die nach der Sitte der Indianer mit Stachelschweinstacheln verziert waren, und an hirschlederne Hosen schlossen sich über den Knieen Camaschen von demselben Material an eine Kleidung, welche ihm unter den Ansiedlern den Beinamen Lederstrumpf erworben hatte. Ueber seine linke Schulter lief ein Riemen von Hirschleder, an dem ein ungeheueres Ochsenhorn hing, welches so dünn ausgeschabt war, daß man das darin enthaltene Pulver durchscheinen sehen konnte; das breitere Ende desselben enthielt einen hölzernen Boden, während das andere sorgfältig mit einem kleinen Pfropfen verwahrt war. Vor ihm hing eine lederne Jagdtasche, aus welcher er bei dem Schlusse seiner letzten Worte ein kleines Maß hervorzog, es mit Pulver füllte, und dann seine Büchse, die von dem Schneeboden an fast bis zu der Spitze seiner Fuchskappe reichte, wieder zu laden begann.