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„Dabei kann man's allerdings auf einen grünen Zweig bringen, Frau Hollister,“ bemerkte Marmaduke. „Aber was ist aus Richard geworden? Sprang er doch, sobald er sich gesetzt hatte, wieder auf, und ist nun schon so lange abwesend, daß ich Sorge trage, er möchte erfroren seyn.“

„Hast nichts zu fürchten, Vetter 'Duke,“rief der genannte Ehrenmann in eigener Person. „Geschäfte können Einen bisweilen warm halten, und wäre es der kälteste Abend, der je das Gebirge eingeeißt hat. Betty, Euer Mann sagte mir, als wir die Kirche verließen, Eure Schweine würden schäbig. Ich habe daher ein wenig nach dem Stall gesehen und mich überzeugt, daß dem so ist, weßhalb ich nach Eurem Hause lief, Doctor, und mir von Eurem Jungen ein Pfund Bittersalz abwägen ließ, um es unter ihre Tränke zu mischen. Ich wette einen Hirschziemer gegen ein graues Eichhörnchen, daß sie schon in einer Woche besser seyn werden. Und nun, Frau Hollister, bin ich der Mann für ein Glas zischenden Flip's.“

„Dacht ich mir's doch, Ihr könntet eines brauchen,“ versetzte die Wirthin; „er ist bereits gemischt und bedarf nur noch des Glüheisens. Lieber Sergeant, willst Du so gut seyn und mir das Eisen herübergeben? — Nicht das; das andere, das weiter im Feuer liegt. Du siehst ja, daß es schwarz ist. — So! jetzt ist's recht. Seht einmal her, ob es nicht so roth ist, wie eine Kirsche.“

Das Getränk wurde erhitzt, und Richard nahm es mit einer Miene hin, wie sie es wohl Leute zu zeigen pflegen, die etwas recht Kluges ausgeführt zu haben meinen, zumal wenn sie den Branntwein lieben.

„Ah, Betty, Ihr habt eine Hand, wie gemacht zum Flipmischen,“ rief Richard, nachdem er sich ein bischen ausgeschnaubt hatte. „Sogar das Eisen gibt ihm Wohlgeschmack. Da, John, trink, Mensch, trink! Ich und Du und der Doctor Todd haben diesen Abend an der Schulter des jungen Menschen ein Meisterstück geliefert. 'Duke, ich habe in Deiner Abwesenheit ein Lied gemacht, — 's gibt nicht alle Tage zu thun, und da hat man schon Zeit für so etwas. Ich will Dir einen Vers oder zwei vorsingen, obgleich ich mich noch nicht ganz für die Melodie entschieden habe. —

Das Leben ist nur eine Kette von Mühen,

Wo jeder hinpilgert auf dorniger Bahn.

Drum laßt in die Arme der Freude uns fliehen;

Bedenkt, daß im Dornbusche Rosen auch blühen,

Nicht überall naget des Kummers Zahn!

Drum fort mit den Grillen,

Und fort mit den Stillen —

Daß Sorgen nicht streuen die silbernen Flocken

Zu frühe in unsere dunkelen Locken.

Nun, 'Duke, was hältst Du davon? Ich habe noch einen Vers in petto, aber es fehlt mir noch die letzte Zeile, bei der es mit dem Reime nicht recht gehen will. — Was sagst Du zu dieser Musik, alter John? Ist sie nicht so gut als eines von Deinen Kriegsliedern, he?“

„Gut,“ entgegnete Mohegan, der dem Getränk, der Wirthin redlich zugesprochen und gelegentlich auch den Rundkrügen des Majors und des Richters die gebührende Achtung erzeigt hatte.

„Bravo! bravo! Richard!“ rief der Major, dessen schwarze Augen bereits zu schwimmen begannen. „Bravissimo! Ein prächtiges Lied, — aber Natty Bumppo weiß noch ein schöneres. Lederstrumpf, willst Du nicht singen? Sag' an, alter Knabe, willst Du nicht ein Waldlied singen?“

„Nein, nein, Major,“ erwiederte der Jäger mit einem schwermüthigen Kopfschütteln. „Ich habe leben müssen, um zu sehen, was meine Augen in diesen Bergen nimmer zu schauen hofften, und da ist mir die Lust zum Singen vergangen. Wenn er, der das Recht hat, hier zu gebieten, sich genöthigt sieht, seinen Durst mit Schneewasser zu stillen, so ziemt es denen, die von seinem Eigenthume leben, schlecht, sich lustig zu machen, als ob es auf der Welt nichts gäbe als Sonnenschein und Sommer.“

Als Lederstrumpf ausgesprochen hatte, ließ er seinen Kopf wieder auf die Kniee sinken und verbarg seine harten, runzlichten Züge mit den Händen. Der schnelle Wechsel von der grimmigen Kälte außen zu der Hitze der Trinkstube, in Verbindung mit der Tiefe und Häufigkeit von Richards Zügen, hatten bereits, was Heiterkeit anbelangt, das Gleichgewicht zwischen letzterem Ehrenmanne und den übrigen Gästen hergestellt, und jetzt hielt er ein Paar mit dampfendem Flip gefüllte Becher dem Jäger entgegen.

„Ja, lustig muß ees hergehen, alter Knabe!“ rief er. „Es ist ein lustiges Christfest! Was Sonnenschein und Sommer! Seyd ihr blind, Lederstrumpf, daß Ihr den Mondschein und den Winter nicht mehr sehen könnt? Steckt Euch eine Brille ins Gesicht und sperrt Eure Augen auf —

Fort, fort mit den Grillen,

Und fort mit den Stillen —

Daß Sorgen nicht streuen die silbernen Flocken

Zu frühe in unsere dunkelen Locken.

„Hört jetzt den alten John meckern. Die Indianer haben im Grunde doch eine verzweifelt trübselige Musik, Major. Ich möchte wohl wissen, ob sie nie nach Noten singen.“

Während Richard abwechselnd sang und plauderte, ließ Mohegan einige schwerfällige und eintönige Laute vernehmen, die er mit einer sanften Bewegung des Kopfes und des ganzen Körpers begleitete. Es waren nur wenige Worte und zwar indianische, so daß sie nur von ihm und von Natty verstanden wurden. Ohne auf Richard zu achten, fuhr er fort, seine wilde melancholische Weiße zu singen, wobei er sich bald in die höchsten Töne verstieg, bald wieder in die tiefen bebenden Laute überging, welche den Charakter der indianischen Musik bezeichnen.

Die Aufmerksamkeit der Gesellschaft war nun sehr getheilt, da die Männer, welche früher mehr im Hintergrunde gesessen, sich in kleine Gruppen sammelten und verschiedene Gegenstände besprachen, unter denen die Behandlung schäbiger Schweine und Pfarrers Grant's Predigtweise ein Hauptthema abgaben, während Doctor Todd sich mühte, Marmaduke die Beschaffenheit der Verletzung des jungen Jägers auseinander zu setzen. Mohegan fuhr fort zu singen, wobei er vor sich hinstierte und seine Züge unter dem buschigten Haar einen ungemein wilden Ausdruck gewannen. Sein Gesang wurde allmählig lauter und steigerte sich zuletzt so sehr, daß das Gespräch aufhören mußte. Der Jäger erhob nun abermal seinen Kopf und sprach mit Wärme zu dem alten Krieger in der Sprache der Delawaren, was wir hier, dem Leser zu lieb, in einer Uebertragung geben wollen.

„Wie magst Du von Deinen Schlachten und von den Kriegern, die Du erschlagen, singen, Chingachgook wenn der schlimmste Feind in Deiner Nähe ist, der dem ,jungen Adler‘ seine Rechte vorenthält? Ich habe so viele Schlachten mitgekämpft, als irgend ein Krieger Deines Stammes; aber zu einer solchen Zeit kann ich mich nicht meiner Thaten rühmen.“

„Hawk-eye,“ [Falkenauge.] versetzte der Indianer, mit wankenden Tritten einen Platz verlassend, „ich bin die große Schlange der Delawaren; ich kann die Mingo's aufspüren, wie die Adder [Otter.] die Eier des Windfängers, und sie mit einem Schlage todt zu Boden strecken, wie die Klapperschlange. Der weiße Mann machte Chingachgook's Tomahawk so glänzend, wie die Wasser des Otsego in der Abendsonne; aber er ist roth vom Blute der Maquas.“

„Und warum hast Du die Mingo-Krieger erschlagen? Thatest Du es nicht, um diese Jagdgründe und Seeen den Kindern Deiner Väter zu erhalten? Wurden sie nicht in der Versammlung dem Feueresser übergeben? Und rinnt nicht das Blut eines Kriegers in den Adern eines jungen Häuptlings, der laut sprechen sollte, während seine Stimme zu schwach ist, um gehört zu werden?“

Diese Anrede des Jägers schien einigermaßen die verwirrten Sinne des Indianers zu sammeln, da derselbe nunmehr das Gesicht den Umstehenden zuwandte und seine Blicke aufmerksam auf den Richter heftete. Er schüttelte sein Haupt, strich sich das Haar aus der Stirne und ließ ein Paar Augen gewahr werden, die von dem Feuer wilder Rachelust erglühten. Der Indianer war ganz umgewandelt: seine Hand schien einen vergeblichen Versuch zu machen, den Tomahawk hervorzuholen, der mit dem Handgriffe in seinem Gürtel stack, während seine Blicke allmählig wieder einen leeren Ausdruck annahmen. Richard stellte in diesem Augenblick einen Becher vor ihn hin, während sich eben seine Züge in das Grinsen des Blödsinns verzerrten. Er ergriff das Gefäß mit beiden Händen, trank es, auf der Bank zurückgelehnt, bis auf die Neige aus und versuchte sodann, es mit der Unbeholfenheit totaler Betrunkenheit bei Seite zu stellen.