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„Warum aber sprichst du ihm zu, alter Mann,“ rief der junge Jäger. „Warum läßt sich ein Mann von so edlem Wesen durch den Teufel so sehr bestricken, daß er sich selbst zum Thiere macht?“

„Thier? Ist John ein Thier?“ versetzte der Indianer langsam. „Ja, du sagst keine Lüge, Kind des Feueressers; John ist ein Thier. Ehedem stieg nur wenig Rauch in diesen Bergen auf. Der Hirsch leckte die Hand des weißen Mannes, und die Vögel ließen sich auf seinem Haupte nieder. Sie kannten ihn nicht. Meine Väter kamen von den Ufern des Salzsee's. Sie flohen vor dem Rum. Sie gingen zu ihrem Großvater und lebten dort in Frieden; ober wenn sie die Streitaxt erhoben, so geschah es, um einem Mingo den Schädel einzuschlagen. Sie sammelten sich um das Berathungsfeuer, und was sie sagten, geschah. Damals war John ein Mann. Aber Krieger und Handelsleute mit hellen Augen folgten ihnen. Der eine brachte das lange Messer und der andere Rum. Es waren ihrer mehr, als Fichten auf den Bergen, und sie löschten das Berathungsfeuer aus und nahmen das Land in Besitz. Der böse Geist stack in ihren Krügen und sie ließen ihn los. Ja — ja — du sagst keine Lüge, junger Adler; John ist ein christliches Thier.“

„Vergib mir, alter Krieger,“ rief der Jüngling, seine Hand ergreifend; „ich sollte der Letzte seyn, der dir Vorwürfe macht. Der Fluch des Himmels treffe die Habsucht, die ein so edles Geschlecht zerstört hat! Vergiß nicht, John, daß ich deiner Familie angehöre und mir dieß zu meinem größten Stolze rechne.“

Die Züge Mohegan's wurden sanfter und er fuhr mit mehr Milde fort:

„Du bist ein Delaware, mein Sohn; deine Worte sind nicht gehört worden. — John kann nicht schießen.“

„Ich dachte mir's wohl, daß ich den Adern des Burschen Indianerblut fließt,“ flüsterte Richard, „als ich gestern Abend sah, wie ungeschickt er mit meinen Pferden umging. Das kömmt daher, Bäschen, weil sie sich nie eines Geschirrs bedienen. Aber der arme Schlucker soll zwei Schüsse auf den Truthahn haben, wenn's nöthig ist. Ich will ihm den andern Schilling aus meiner Tasche zahlen, obgleich es vielleicht besser wäre, wenn ich selber für ihn schöße. Es scheint, die Weihnachtsbelustigungen haben schon ihren Anfang genommen, was ich aus dem Gelächter in den Büschen dort vermuthe. Es nimmt mich übrigens Wunder, daß der Junge so auf den Truthahn versessen ist, obgleich ich einen solchen Braten auch nicht verschmähe.“

„Halt, Vetter Richard!“ rief Elisabeth, ihn am Arm fassend. Ist es nicht unzart diesem Gentleman einen Schilling anzubieten?“

„Schon wieder Gentleman? Meinst du, eine solche Bastardzucht würde einen Schilling ausschlagen? Nein, nein, Mädchen; er wird den Schilling nehmen, und auch den Rum dazu, obschon er so viel darüber moralisirt. — Aber ich will es dem Jungen möglich machen, den Truthahn zu gewinnen, denn der Billy Kirby ist einer der besten Schützen in der Gegend; das heißt mit einer Ausnahme — des Gentlemans.“

„Wohlan denn,“ sagte Elisabeth, deren Willenskraft über ihre natürliche Schüchternheit den Sieg davon trug, „so laß mich sprechen.“

Sie ging mit entschlossener Miene vor ihrem Vetter her, und trat in den kleinen Kreis von Gebüschen, welcher die drei Jäger umgab. Ihre Erscheinung machte den Jüngling betroffen, so daß er sich anfangs zurückziehen wollte; dann aber verbeugte er sich gefaßt, entblöste sein Haupt und lehnte sich wieder an seine Büchse.

Weder Natty noch Mohegan verriethen irgend eine Ueberraschung, obgleich Elisabeth's Auftreten höchst unerwartet war.

„Ich finde,“ begann sie, „daß die alte Christenbelustigung des Truthahnschießens bei euch noch im Schwunge ist, und möchte wohl auch mein Glück an dem Vogel versuchen. Welcher von euch will dieß Geld nehmen und, nach Bezahlung der Einlage, mir seine Büchse leihen?“

„Ist dies auch eine Belustigung für die Dame?“ rief der junge Jäger mit einem Nachdruck, der nicht wohl mißverstanden werden konnte, und einer Schnelle, welche zeigte, daß er nur sein Gefühl zu Rathe gezogen.

„Warum nicht, Sir? Wenn sie unmenschlich ist, so fällt die Schuld nur auf Euer Geschlecht. Aber ich habe meine Launen so gut, als andere. Eures Beistands begehre ich nicht, wohl aber den dieses Veteranen der Wälder,“ — sie wandte sich dabei an Natty und ließ einen Dollar in seine Hand fallen, — „der nicht so ungalant seyn wird, einer Dame einen Schuß aus seiner Büchse zu verweigern.“

Lederstrumpf ließ das Geld in seinen Schrotbeutel fallen, erhob seine Büchse, schüttete Zündkraut auf, und warf dann das Gewehr über seine Schulter, worauf er mit seinem gewöhnlichen Lachen erwiederte:

„Wenn nicht Billy Kirby den Vogel vor mir gewinnt, und des Franzmanns Pulver an diesem feuchten Morgen nicht versagt, so sollen Sie diesen Morgen einen so schönen Truthahn todt sehen, als nur je einer auf des Richters Tafel verspeist wurde. An dem Mohawk und Scoharie nehmen die holländischen Frauen oft an solchen Vergnügungen Theil, und Ihr hättet nicht so kurz angebunden seyn sollen gegen die Dame, Junge: kommt, laßt uns gehen, denn wenn wir noch lange warten, so ist der schönste Vogel zum Henker.“

„Aber ich habe den Vorrang vor Euch. Natty, und will zuerst mein eigenes Glück versuchen. Entschuldigen Sie, Miß Temple; ich habe einen wichtigen Grund, mir diesen Vogel zu wünschen, und mag deßhalb wohl ungalant erscheinen; aber ich muß auf mein Recht Anspruch machen.“

„Ihr mögt handeln, wie es Euch gut dünkt, Sir,“ erwiederte die Dame; „wir sind beide Glücksjäger, und dieser hier ist mein Ritter. Seiner Hand und seinem Auge vertraue ich den Erfolg. Geht voran, Sir Lederstrumpf; wir werden folgen.“

Natty, der an der freimüthigen Ansprache der jungen und schönen Elisabeth, welche ihn mit einem so seltsamen Auftrag beehrt hatte, Gefallen zu finden schien, erwiederte das heitere Lächeln der Dame mit dem ihm eigenthümlichen Ausdruck von Heiterkeit, und bewegte sich mit langen Jägerschritten über den Schnee hin, auf die Stelle zu, woher die Töne einer lärmenden Lust schallten. Seine Begleiter folgten ihm schweigend, und der Jüngling warf wiederholt unruhige Blicke auf Elisabeth, die nur durch einen Wink Richard's zurückgehalten wurde. „Mich däucht. Bäschen,“ sagte der Letztere, sobald die Uebrigen weit genug weg waren, um ihn nicht mehr hören zu können, „Du hättest, wenn Du wirklich einen Truthahn wünschtest, nicht einen Fremden und dazu einen Menschen, wie Lederstrumpf, Dir auswählen sollen. Ich kann übrigens kaum glauben, daß es Dir Ernst ist, denn ich habe gegenwärtig deren fünfzig in jedem Stadium der Fette auf dem Hühnerhof, und Du kannst Dir daher jeden, der Dir ansteht, aussuchen.An sechsen habe ich einen Versuch gemacht, wie ihnen das Backsteinbrod mit — —“

„Genug, Vetter Dick,“ unterbrach ihn die Dame. „Ich wünsche diesen Vogel, und aus diesem Grunde habe ich gerade Meister Lederstrumpf damit beauftragt.“

„Hast Du je von dem trefflichen Schuß gehört, womit ich den Wolf traf, der ein Schaaf Deines Vaters entführte, Base Elisabeth?“ fragte Richard, indem er sich unmuthig in die Brust warf. „Er hatte das Schaaf auf den Rücken und den Kopf auf die andere Seite gedreht; sonst würde ich ihn sicher getödtet haben; so aber — —“

„Hast Du das Schaaf erschossen — ich weiß das Alles, lieber Vetter. Aber würde es sich auch für den Ober-Scheriff von — — schicken, an solchen Belustigungen Theil zu nehmen?“