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Der Neger, der in einer etwas gefährlichen Nachbarschaft bei seinem Lieblingsvogel in dem Schnee saß, hatte eben diese Bedingungen laut verkündet, als sich Elisabeth mit ihrem Vetter näherte. Die lauten Ausdrücke der Heiterkeit wurden durch diesen unerwarteten Besuch merklich gemindert; aber nach einer kurzen Pause, als man in dem lächelnden Gesichte der jungen Dame ihre freundliche Theilnahme gewahrte, kehrte die Freimüthigkeit des Morgens wieder zurück, obschon Alle sich in der Gegenwart eines solchen Zuschauers mit mehr Anstand und weniger Ungestüm benahmen.

„Aus dem Wege, ihr Jungen!“ rief der Holzfäller, als er auf den Schießstand trat, — „aus dem Wege, ihr jungen Spitzbuben, oder ich schieße Euch durch und durch. Nun, Brom, nehmt Abschied von Eurem Truthahn.“

„Halt!“ rief der junge Jäger; „ich bin gleichfalls ein Bewerber. Hier ist mein Schilling, Brom; ich wünsche auch einen Schuß zu haben.“

„Das mögt ihr immerhin,“ rief Kirby; „aber wie dann, wenn ich nur eine Feder jenes Puters streifte? Habt ihr so viel Geld in Eurer Ledertasche, daß Ihr für einen Schuß Zahlung leistet, der nie Euch kommen wird?“

„Was kümmerts Euch, wie viel ich Geld in der Tasche habe?“ entgegnete der Jüngling, stolz. „Hier ist mein Schilling, Brom; ich mache mein Recht auf einen Schuß geltend.“

„Nur nicht gleich oben hinazs, Junge,“ sagte der Andere indem er ruhig seinen Flintenstein befestigte. „Man sagt, Ihr hättet ein Loch in Eurer linken Schulter; ich denke daher, Brom könnte Euch den Schuß zu dem halben Preise ablassen. Ich kann Euch sagen, Jäger es ist keine Kleinigkeit, jenen Vogel zu treffen — selbst wenn ich Euch an die Reihe kommen ließe, was ich jedoch keineswegs im Sinne habe.“

„Thut nicht so dick, Billy Kirby,“ sagte Natty, indem er den Schaft seiner Büchse auf den Schnee stieß und sich an den Lauf derselben lehnte; „Ihr dürft nur einmal auf den Vogel schießen; und wenn der Junge auch sein Ziel verfehlt, was mich um seines steifen und kranken Armes willen nicht Wunder nehmen sollte, so kömmt doch noch ein gutes Gewehr und ein altes Auge nach Euch. Mag seyn, daß mein Schuß nimmer so sicher ist, wie vordem; aber hundert Ellen sind eine kurze Entfernung für eine lange Büchse.“

„Was, alter Lederstrumpf, Ihr seyd auch schon auf den Beinen?“ rief sein leichtfertiger Gegner. „Nun, ich lobe mir ein ehrliches Spiel. Ich habe die Vorhand vor Euch, alter Knabe; es handelt sich also um einen guten Braten oder um`s Leerschlucken.“

Die Züge des Negers drückten nicht nur die sein pecuniäres Interesse ins Auge fassende Theilnahme, sondern auch die gleiche Aufregung aus, welche in den Gesichtern aller Zuschauer zu lesen war — nur mit ganz verschiedenen Wünschen für das Ergebniß. Während der Holzfäller langsam und mit sicherer Hand die Büchse erhob, rief ihm der Eigenthümer desTruthahns zu:

„Ehrlich Spiel, Billy Kirby, — weiter zurück, — macht Platz, Jungen — ich lasse mich nicht betrügen, — paß auf, Puter! schüttle den Kopf, du Narr! Siehst Du nicht, daß man auf Dich zielt?“

Diese Rufe, welche die Absicht hatten, die Aufmerksamkeit des Schützen auf etwas Anderes bzulenken, verfehlten ihres Zweckes gänzlich. Die Nerven des Holzfällers waren nicht so leicht zu erschüttern, und er nahm alsbald sein Ziel mit der größten Bedachtsamkeit. Einen Augenblick herrschte die tiefste Stille und der Schuß fiel. Der Kopf des Truthahn duckte auf die eine Seite und seine Schwingen breiteten sich für einen Augenblick aus; aber dann setzte er sich ruhig wieder in sein Bett von Schnee und sah scheu umher. Mit verhaltenem Athem dauerte das Schweigen noch eine Weile fort; aber nun wurde es durch den Neger unterbrochen, welcher ein Gelächter aufschlug und im Uebermaße seines Entzückens mit seinem Körper alle nur erdenklichen Verzerrungen vornahm und sich im Schnee wälzte.

„Brav gehalten, Puter,“ rief er, wieder aufspringend und auf den Vogel zueilend, als wolle er ihn umarmen. „Ich sagte ja, Du sollest aufpassen und ihn hinter's Licht führen. Gebt noch einen Schilling, Billy, und Ihr sollt einen zweiten Schuß haben.“

„Nein“ — sagte der junge Jäger, „die Reihe kommt jetzt an mich. Ihr habt schon mein Geld; tretet daher von der Scheibe weg, damit ich mein Glück versuchen kann.“

„Ach, es ist hinausgeworfenes Geld,“ entgegnete Lederstrumpf. „Der Kopf und Hals eines Truthahns sind ein gar kleines Ziel für einen lahmen Arm. Es wäre besser, Ihr ließet mich schießen; vielleicht können wir denn wegen des Vogels mit der Dame ein Abfinden treffen.“

„Der zweiteSchuß gehört mir,“ entgegnete der junge Jäger. „Macht Platz, daß ich mein Ziel nehmen kann.“

Der Streit, hinsichtlich des letzten Schusses ließ nun nach, da sich gerausgestellt hatte, daß der Truthahn nothwendig getödtet worden wäre, wenn der Kopf desselben anders gestanden hätte. Die Vorbereitungen des Jünglings veranlaßten keine besondere Aufregung; er nahm hastig sein Ziel und war eben im Begriff abzudrücken, als er von Natty aufgehalten wurde.

„Eure Hand zittert, Junge,“ sagte er, „und Ihr seyd allzu eifrig. Kugelwunden sind wohl im Stande, die Kraft zu mindern, und nach meinem Dafürhalten werdet Ihr nicht so gut als sonst schießen. Wenn Ihr feuern wollt, so muß es rasch geschehen, ehe Eure unsichere Hand von dem Ziele abgleiten kann.“

„Ehrliches Spiel!“ rief der Besitzer wieder. „Laßt einem Neger ehrlich Spiel. Welches Recht hatte Natty Bumppo, dem jungen Manne Rath zu ertheilen? Laßt ihn schießen. Platz gemacht!“

Der Jüngling feuerte rasch, aber der Truthahn rührte sich nicht; und als man nach dem Merkzeichen der Kugel spähte, so stellte sich's heraus, daß sie sogar den Baumstumpf verfehlt hatte.

Elisabeth beobachtete den Wechsel in seinem Gesicht und konnte sich eines Gefühls von Ueberraschung nicht erwehren, als sie bemerkte, daß ein Mann, der augenscheinlich weit über seinem Gefährten stand, einen unbedeutenden Verlust sich so sehr zu Herzen nahm. Aber nun trat ihr eigener Kämpe in die Reihe.

Brom's Freude über das Fehlen des zweiten Schützen, obgleich sie sich nicht so ungestüm äußerte wie früher, verschwand gänzlich, als Natty auf den Stand trat. Seine Haut bekam große braune Flecken, die sich auf dem Ebenholzglanz der übrigen Partien abscheulich ausnahmen, während sich seine ungeheuren Lippen allmählig an die beiden Elfenbeinreihen andrückten, die bisher, wie in Pech gefaßte Perlen, aus seinem Gesichte hervorgeleuchtet hatten. Seine Nasenlöcher, bei weitem der hervorragendste Theil seines Gesichtes, dehnten sich aus, bis sie mehr als die halbe Breite desselben einnahmen, während seine braunen Knochenhände unwillkührlich in der Schneerinde wühlten, so sehr hatte die Aufregung des Augenblicks seinen angeborenen Widerwillen gegen die Kälte besiegt.

Während der schwarze Eigenthümer des Puters auf diese Weise seine Angst kundgab, blieb der Mann, der diese außerordentliche Aufregung veranlaßte, so ruhig und gefaßt, als hätte er auch nicht einen einzigen Zeugen seiner Geschicklichkeit.

„Ich war — gerade bevor der letzte Krieg ausbrach — drunten in den holländischen Ansiedelungen an dem Scoharie,“ fing Natty an, indem er sorgfältig die Lederkapsel von dem Stahl seines Büchsenschlosses abnahm, „wo die Jungen gleichfalls ein Wettschießen hielten, an dem ich Theil nahm. Wie rissen da die Holländer nicht ihre augen auf, als ich das Pulverhorn, drei stangen Blei und ein Pfund so gutes Pulver, als nur je eins von der Pfanne aufblitzte, gewann! Es ging an ein Fluchen, zu Gottes Erbarmen, und ich erfuhr nachher, daß ein betrunkener Holländer gesagt hatte, er wolle mich kalt machen, ehe ich wieder an den See zurückkehrte. Aber hätte er seine Büchse mit böser Absicht angesetzt, so würde ihn Gott dafür gestraft haben; und wäre dieß nicht der Fall gewesen und hätte er sein Ziel verfehlt, so kenne ich Einen, der ihm's würde so gut und noch besser heimgegeben haben, als es von ihm gemeint war, wenn anders eine gutgeführte Büchse in Rechnung zu bringen ist.“