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„Halt' Deinen Rachen, Du Krähe! Wo ist ein Mann, der einen Truthahnkopf auf hundert Ellen treffen kann? Ich war ein Narr, daß ich's versuchte. Du hast nicht nöthig, einen Lärm darüber aufzuschlagen, wie eine fallende Fichte. Zeige mir den Mann, der es thun kann.“

„Nun, Billy Kirby,“ versetzte Lederstrumpf; „man trete nur aus dem Weg, und ich will Euch einen Mann zeigen, der vordem schon bessere Schüsse gethan hat; und das zu einer Zeit, wo er von den Indianern und wilden Bestien gleich bedrängt wurde.“

„Vielleicht ist Jemand da, der ein Vorrecht vor uns hat, Lederstrumpf,“ sagte Miß Temple. „Wenn dieß der Fall ist, so wollen wir zurückstehen.“

„Wenn Sie das in Beziehung auf mich sagen,“ entgegnete der junge Jäger, „so muß ich erklären, daß ich zu keinem weiteren Versuche geneigt bin. Mein Arm ist noch zu schwach, wie ich finde.“

Elisabeth hatte ihn aufmerksam betrachtet, und es war ihr, als habe ein Roth seine Wangen überflogen, das in dem Bewußtseyn seiner Armuth begründet seyn mochte. Sie schwieg daher und hatte nichts dagegen, daß ihr eigener Kämpe sich für den Versuch vorbereitete. Obgleich Natty Bumppo gewiß zu hundermalen weit wichtigere Schüsse auf seine Feinde oder auf sein Wild gethan hatte, so bot er doch nie so sehr all' seine Kraft auf. Er erhob sein Gewehr zu verschiedenen Malen — einmal, um sein Ziel zu nehmen, das zweitemal um die Entfernung zu berechnen, und wieder einmal, da der Vogel, beunruhigt durch die todtenähnliche Stille, seinen Kopf rasch umwandte, um nach seinen Feinden zu sehen. Aber das viertemal drückte er ab.

Der Rauch, der Knall und der Eindruck des Augenblicks verhinderte die Zuschauer, des Ergebnisses sogleich gewahr zuwerden; aber für Elisabeth blieb es kein Geheimniß, als sie ihren Ritter den Schaft seiner Büchse in den Schnee stoßen und seinen Mund sich zu dem bekannten stummen Lachen verziehen sah, worauf er ganz kaltblütig sein Gewehr auf's neue zu laden begann. Die Knaben eilten nach dem Baumstumpfe und hoben den leblosen Truthahn in die Höhe, dessen Kopf nur noch an einem Lappen hing.

Bringt das Thier her und legt es der Dame zu Füßen,“ rief Lederstrumpf. „Ich habe in ihrem Namen geschossen und der Vogel ist ihr Eigenthum.“

„Nun, Ihr habt Euch als einen guten Sachwlter erprobt,“sagte Elisabeth — „so gut, Vetter Richard, daß ich Dir rathen möchte, seiner Fähigkeit eingedenk zu seyn?“

Sie hielt einen augenblick inne, und die Heiterkeit, welche aus ihrem Gesichte strahlte, machte einem feierlichen Ernste Platz. Sie erröthete sogat ein wenig, als sie sich an den jungen Jäger wandte, und mit dem Zauber weiblicher Anmuth begann:

„Ich habe mein Glück nur versucht, um Zeuge von Lederstrumpf's Geschicklichkeit zu seyn. Wollt Ihr den Vogel als einen kleinen Ersatz dafür nehmen, daß die erhaltene Beschädigung Euch hinderte, den Preis selber zu gewinnen?“

Den Ausdruck, womit der Jüngling dieses Geschenk annahm, wagen wir nicht zu beschreiben. Er schien sich dieser freundlichen Begegnung zu fügen, ungeachtet eines starken innern Dranges, das Gegentheil zu thun. Er verbeugte sich und nahm das Opfer schweigend von ihren Füßen auf.

Elisabeth reichte dem Schwarzen ein Silberstück als Entschädigung für seinen Verlust, was abermals seine wirkung auf das Muskelspiel des Negers nicht verfehlte, und erklärte sodann ihrem Begleiter, daß sie nach Hause zu gehen wünsche.

„Warte noch ein Weilchen, Bäschen,“ rief richard. „Es walten in den Regeln bei dieser Belustigung Unsicherheiten ob, die ich füglicherweise beseitigen muß. Wenn Ihr morgen ein Comité an mich absenden wollt, meine Herren, so werde ich eine Schießordnung niederschreiben — —“

Er hielt etwas unwillig inne, denn in diesem Augenblicke wurde eine Hand vertraulich auf die Schulter des Obersheriffs von — — gelegt.

„Fröhliche Weihnachten, Vetter Dick,“ sagte Richter Temple, der sich unbemerkt der Gesellschaft genähert hatte. „Ich muß ein wachsames Auge auf meine Tochter haben, wenn sich bei Dir solche galante Anfälle öfters wiederholen sollten. Ich bewundere Deinen Geschmack, daß Du eine Dame zu solchen Auftritten führen kannst.“

„Ihr Eigenthum ist schuld daran, 'Duke,“ rief der anmuthige Sheriff, der das Abgewinnen der ersten Begrüßung ebenso schmerzlich empfand, als mancher Mann ein viel größeres Unglück; „aber ich muß sagen, daß sie auf die unverfänglichste Weise von der Welt dazu gekommen ist. Ich ging mit ihr, um ihr die Verbesserungen zu zeigen; und wie sie den ersten Ton der Feuerwaffen hörte, so ging es weiter durch den schnee, als ob sie in einem Lager und nicht in einer Kostschule ersten Ranges erzogen worden wäre. Ich denke, Richter Temple, solche gefährliche Belustigungen sollten durch ein Gesetz verboten werden. Ja, ich weiß nicht, ob sie's nicht vielleicht schon sind.“

„Nun, es ziemt Dir als Sheriff des Bezirks, die Sache zu untersuchen,“ entgegnete Marmaduke lächelnd. „Ich sehe, daß 'Beß sich ihres Auftrags entledigt hat, und will hoffen, daß er eine gütige Aufnahme fand.“

Richard ließ einen Blick auf das Packet fallen, das er in der Hand hatte, und der Unmuth über die fehlgeschlagene erste Gratulation verschwand augenblicklich.

„Ah, 'Duke, lieber Vetter!“ sagte er; „komm ein wenig bei Seite, ich habe Dir Etwas zu sagen.“

Marmaduke willfahrte, und der Sheriff, ihn nach einem etwas abgelegenen Gebüsche führend, fuhr fort:

„Erstlich, 'Duke, muß ich Dir meinen Dank abstatten für Deine freundliche Empfehlung bei dem Gonverneur, da ohne eine solche, wie ich wohl weiß, selbst das hervorstechendste Verdienst nur wenig fruchtet. Aber wir sind Geschwisterkinder — wir sind Geschwisterkinder; und Du magst mich verwenden wie eines Deiner Pferde — zum Reiten oder Fahren; ich bin ganz der Deine. Auf diesen jungen Gefährten Lederstrumpf's muß man jedoch meiner unmaßgeblichen Ansicht nach, ein wachsames Auge haben. Er hegt eine sehr gefährliche Vorliebe für Truthühner.“

„Ueberlaß ihn meiner Behandlung, Dick,“ sagte der Richter, „er soll so viel davon haben, daß ihm der Appetit dazu vergeht. Doch komm' zurück zu den Schützen, ich habe etwas mit ihm zu reden.“

Achtzehntes Kapitel.

Der Arme? Sie, die ihn gebar —

Böt' hier er ihrem Blick sich dar,

So abgezehrt im dunkeln Haar —

Sie würde nicht ihr Kind erkennen.

Scott.

Es that der Unterredung, welche zwischen dem Richter Temple und dem Jäger statt finden sollte, durchaus keinen Eintrag, daß der Erstere seine Tochter beim Arme nahm und von der Stelle, wo er mit Richard gesprochen, auf den Ort zuging, wo der Jüngling, auf seine Büchse gelehnt, stand und den todten Vogel zu seinen Füßen betrachtete. Auch die Schützengesellschaft ließ sich durch des Richters Anwesenheit nicht stören, und stritt sich laut um die Schutzbestimmungen, bei denen es sich um das Leben eines Vogels von weit untergeordneterem Range, als der kürzlich erlegte, handelte. Lederstrumpf und Mohegan hatten sich zu ihrem jugendlichen Gefährten zurückgezogen, und trotz der unmittelbaren Nachbarschaft eines so großen Gedränges wurde das darauf folgende Gespräch doch nur von den dabei Betheiligten vernommen.

„Ich habe Euch eine schlimme Beschädigung zugefügt, Herr Edwards“ — begann der Richter: aber das plötzliche und unerklärliche Auffahren, womit der junge Mann diese unerwartete Anrede entgegennahm, ließ ihn eine Weile inne halten. Da keine Antwort erfolgte, und die gewaltige Aufregung, die sich in den Zügen des Jünglings aussprach, allmählig wich, so fuhr Marmaduke fort — „doch zum Glück steht es einigermaßen in meiner Macht, das was ich gethan, wieder gut zu machen. Mein Vetter Richard Jones hat eine Anstellung erhalten, die mich für die Zukunft seiner Beihülfe berauben wird, obgleich ich eben jetzt seines Mannes, der mit der Feder gut umzugehen weiß, recht sehr bedarf. Euer Benehmen ist mir, trotz Eures Aeußeren, ein hinreichender Bürge für Eure gute Erziehung, und ein verwundeter Arm wird Dir vor der Hand wohl keine andere Beschhäftigung erlauben. (Marmaduke verfiel nämlich, wenn er warm wurde, leicht in die vertrauliche Sprache der Freundschaft, ohne daß er es merkte.) Mein Haus steht Dir offen, junger Freund, denn in diesem neuen Lande findet der Argwohn keinen Boden, da es der bösen Begierde nur wenig Verführerisches bietet. Leiste mir — wenigstens für einige Monate — Beistand, und du sollst belohnt werden, wie es Deine Dienste verdienen.“