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Der Rest des Tages wurde verbracht, wie es an derartigen Tagen gemeiniglich in einem solchen Lande zu gehen pflegt. Die Ansiedler drängten sich wieder nach der Akademie, um nochmals Zeugen von Herrn Grants Beredsamkeit zu seyn, und auch Mohegan gehörte unter die Zuhörer. Aber obgleich der Geistliche seine Augen fest auf den Indianer heftete, als er die Versammlung einlud, näher an den Altar zu treten, so lastete doch die Scham über die Verirrung der letzten Nacht zu drückend auf der Seele des alten Häuptlings, als daß er sich hätte von der Stelle rühren können.

Als die Versammlung auseinander ging, hatten sich die Wolken, welche bereits den ganzen Morgen am Firmamente hin und her zogen, zu dichten Massen geballt, und ehe noch die Hälfte der neugierigen Kirchengänger ihre verschiedenen Wohnungen, die in den Thälern oder sogar auf den Spitzen des Gebirgs lagen, erreicht hatten, schoß der Regen in Strömen nieder. Die starken Ränder der Baumstümpfe begannen sich bloß zu legen und der Schnee schmolz schnell dahin. Die Holz- und Heckenumzäunungen, welche bisher nur als lange, weiße Dammreihen, die quer durch das Thal und an den Bergen hinanliefen, erkennbar waren, stachen aus ihrer Umhüllung hervor, und mit jedem Augenblicke ließen sich die schwarzen Stubben deutlicher unterscheiden, sobald die großen Schnee- und Eismassen unter dem Einflusse des Thauwetters von ihren Seiten abfielen.

Unter dem Schirme der warmen Halle in der behaglichen Wohnung ihres Vaters sah Elisabeth mit Louise Grant ins Freie, und betrachtete verwundert den schnellen Wechsel in der Natur. Selbst das Dorf, das eben noch in dem Festschmucke des gefrorenen Elements geprunkt hatte, warf widerstrebend seine Maske ab, und die Häuser zeigten ihre dunkeln Dächer und die rauchenden Kamine. Die Fichten schüttelten den Schnee von sich, und Alles schien mit fast zauberhafter Schnelle seine ursprüngliche Farbe wieder anzunehmen.

Neunzehntes Kapitel.

„Und doch war Edwin kein gemeiner Knabe.“

Beattie. 

Der Schluß des Christfestes im Jahre siebenzehnhundertdreiundneunzig war stürmisch, aber verhältnißmäßig warm. Als die einbrechende Nacht die Aussicht nach dem Dorfe verdüsterte, verließ Elisabeth das Fenster, wo sie mit einer Neugierde, welche durch die flüchtigen Blicke auf die Waldschauplätze eher gesteigert als gemildert worden war, geweilt hatte, so lange noch ein Lichtstrahl die Spitzen der dunkeln Fichten säumte.

Ihren Arm in den von Miß Grant geschlungen, ging die junge Dame des Herrenhauses langsam in der Halle auf und ab, sinnend über Scenen, die rasch an ihrer Erinnerung vorüber flogen, wobei ihre geheimsten Gedanken namentlich hin und wieder bei den sonderbaren Begebnissen weilten, die zu der Einführung eines Mannes in die Familie ihres Vaters Anlaß gegeben hatten, dessen Benehmen in einem so seltsamen Contraste mit seiner Lage zu stehen schien. Die anhaltende Hitze in dem Saale — denn der große Umfang desselben brauchte einen Tag, um sich zu verkühlen — hatte ihren Wangen eine Röthe verliehen, die ihr nicht gewöhnlich war, während auch Luisens milde und melancholische Züge unter einem leichten, rosigen Anflug erglänzten, der, dem eines Hectischen gleich, ihrer Schönheit ein schmerzliches Interesse verlieh.

Die Herren ließen sich an dem einen Ende der Halle die trefflichen Weine des Richters Temple schmecken und entsandten häufig ihre Blicke nach den Gestalten, die schweigend auf- und abgingen. Richard war lustig, bisweilen lärmend, der Major noch nicht auf der Glanzhöhe seiner Heiterkeit angelangt, während Marmaduke die Gegenwart seines geistlichen Gastes zu sehr respektirte, um sich selbst der unschuldigen Munterkeit hinzugeben, die seinem Charakter eigenthümlich war.

So dauerte es fort, bis die Läden geschloffen wurden und die an den verschiedenen Theilen der Halle aufgesteckten Kerzen Ersatz für das scheidende Tageslicht leisten mußten. Benjamins Eintreten mit einem Arm voll Holz veranlaßte die erste Unterbrechung.

„Was soll das, Meister Pump,“ schrie der neugebackene Sheriff. „Ist nicht Wärme genug in 'Duke's bestem Madeira, um bei diesem Thauwetter die thierische Wärme zusammen zu halten? Vergeßt nicht, alter Knabe, daß der Richter gewaltig rar thut mit seinem Buchen- und Ahornholz, denn er fürchtet bereits jetzt, dieser kostbare Artikel möchte ihm ausgehen. Ha, ha, 'Duke; ich will zwar pflichtlich zugeben, daß Du ein wackerer und theilnehmender Verwandter bist, aber im Grunde hast Du doch manche Wunderlichkeiten an Dir.

Fort, fort mit den Grillen,

Und fort mit den Stillen!

Die Töne seines Gesangs gingen allmälig in ein Summen über, während der Majordomo seine Last abwarf und sich sodann mit ernster Miene an den Frager wandte:

„Je nun, sehen Sie, Squire Dickens“ versetzte er: „es mag wohl eine warme Breite um diesen Tisch hier seyn, aber der Stoff reicht doch nicht zu, in meinem Leibe die gehörige Temperatur zu erhalten, denn dieß vermag, außer gutem Holze oder allenfalls den Steinkohlen von Newcastle, nur ein ächter und gerechter Jamaica Rum. Aber, meine Herrn, wenn ich mich anders auf das Wetter verstehe, so ist es jetzt Zeit, sich zusammen zu drücken, die Löcher zu verstopfen und das Feuer ein Bischen anzuschüren. Ich denke wohl, daß ich nicht umsonst siebenundzwanzig Jahre auf den Meeren herumgefahren und andere sieben hier in den Wäldern gelebt habe.“

„Steht uns wohl eine Veränderung des Wetters bevor, Benjamin?“ fragte der Herr des Hauses.

„Der Wind ist umgesprungen, Euer Gnaden,“ entgegnete der Hausmeister; „und wenn der Wind sich ändert, so darf man in diesen Bergen auch auf einen Witterungswechsel zählen. Sehen Sie, meine Herren, ich war bei Rodney's Flotte an Bord — ungefähr um die Zeit, als wir dem De Grasse, dem Landsmann von Monschür Ler Quaw da, zu Leibe gingen; und der Wind blies nach Süden und Osten; und ich war unten mit dem Mischen eines Mundvoll heißen Grogs für den Marinekapitän beschäftigt, der an demselben Tage in der Kajüte speiste; und da war es, als ob er das Feuer des Kapitäns dadurch löschen wollte, daß er den Raum in eine Feuerspritze verwandelte, denn als ich eben das Getränk nach öfterem Kosten ganz nach meinem Geschmack zugerichtet hatte — (die Soldaten sind nämlich schwer zufrieden zu stellen) — klapps schlug das Focksegel gegen die Stengen, und das Schiff drehte sich auf seiner Hielung wie ein Kreisel. Es war ein Glück, daß unser Steuer niedergelassen war, denn da wir beidrehten, so wurden wir wohl wieder frei, was nicht jedes Schiff in der Flotte thun konnte. Dann aber stach das unsrige durch eine Welle, daß eine gewaltige Wassermasse über die Billen hereinschlug. Ich habe in meinem Leben nie so viel klares Wasser geschluckt, als damals, denn ich sah eben an der hinteren Lucke in die Höhe.“

„Da nimmt es mich Wunder, Benjamin, daß Ihr nicht an der Wassersucht gestorben seyd,“ sagte Marmaduke.

„Hätte wohl seyn können, Richter,“ entgegnete der alte Theer mit einem breiten Grinsen; „aber ich brauchte keinen Medizinkasten um mich zu kuriren; denn da ich dachte, mein Gebräu sey nun nicht mehr nach dem Geschmack eines Seemanns, und ich nicht wissen konnte, ob nicht eine andere Welle käme und es so verderbte, daß es meinem eigenen gleichfalls nimmer zusagte, so trank ich den Krug auf der Stelle aus. Dann wurden alle Hände an die Pumpen gerufen, und damals war es, als wir die Pump — —“