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„Gut, aber das Wetter?“ unterbrach ihn Marmaduke. „Wie steht es mit dem wetter draußen?“

„Je nun, wir haben den ganzen Tag Südwind gehabt, und jetzt ist Alles so ruhig, als ob sein Blasebalg geborsten wäre; und im Norden hängt ein Streifen über den Berg, der von einer kurzen Weile nicht größer als meine Hand war; und dann trieben die wolken, als ob man ein Schönfahrsegel geyete, und die Sterne kamen zum Vorschein, wie eben so viele Lichter und Leuchtthürme, welche uns den Wink geben, holz zuzulegen; und wenn ich mich anders aufs Wetter verstehe, so ist es Zeit, ein tüchtiges Feuer anzumachen, sonst zersprengt der Frost die Hälfte dieser Porter- und Weinflaschen im Schranke, noch ehe die Morgenwache aufzieht.“

„Du bist eine verständige Schildwache,“ sagte der Richter. „So verfahre, wenigstens für diese Nacht, nach Gutdünken mit den Wäldern.“

Benjamin that, wie ihm geheißen wurde; und noch ehe zwei Stunden vergingen, erfuhr man, daß seine Vorsichtsmaßregeln nicht unnöthig gewesen waren. Der Südwind hatte sich in der That ganz ausgeblasen, und es war jene Windstille eingetreten, welche gewöhnlich eine bedeutende Witterungsveränderung anzeigt.

Lange vorher, ehe sich die Familie zur Ruhe begab, wurde die Kälte schneidend scharf, und als Monsieur Le Quoi aufbrach, um im Mondschein sein eigenes Nachtquartier aufzusuchen, sah er sich genöthigt, eine Wollendecke zu entlehnen, um seinen Körper darein zu hüllen, trotz der vielen Kleider, mit denen er sich weislich für diese Gelegenheit vorgesehen hatte. Der Geistliche und seine Tochter blieben für die Nacht als Gäste in dem Herrenhaus, und die Nachwehen der vorangegangenen Nachtschwärmerei veranlaßten die Herren, sich zeitig nach Ihren Gemächern zurückzuziehen. Die ganze Familie war daher schon lange vor Mitternacht in den Federn.

Elisabeth und ihre Freundin waren noch wach, als sie schon den Nordwestwind um das Gebäude heulen hörten, und erfreuten sich des angenehmen Gefühls, das unter solchen Umständen stets mit einem Zimmer, in welchem das Feuer noch nicht zu glimmen aufgehört hat, verbunden ist, zumalen, wenn sich Vorhänge, Läden und Bettdecken vereinigen, um eine angenehme Temperatur zu unterhalten. Als Elisabeth eben ihre Augen im letzten Stadium der Schläfrigkeit noch einmal öffnete, ließ sich aus dem Brausen des Windes ein langes klägliches Geheul vernehmen, das für einen Hund zu wild schien und doch eine große Aehnlichkeit mit den Lauten dieses treuen Thieres hatte, wenn die Nacht seine Wachsamkeit steigert und seiner Unruhe eine gewisse Feierlichkeit verleiht. Luise Grant drängte sich unwillkührlich näher an die junge Erbin, welche, als sie fand, daß ihre Gefährtin noch wache, mit leisem Tone, als fürchte sie mit ihrer Stimme irgend einen Zauber zu unterbrechen, zu sprechen begann.

„Diese fernen Laute tönen so kläglich und doch schön. Können es wohl die Hunde aus Lederstrumpf's Hütte seyn?“

„Es sind Wölfe, die sich von den Bergen an den See herunter gewagt haben,“ flüsterte Luise, „und die nur durch die Lichter von dem Dorfe abgehalten werden. Der Hunger trieb sie, so lange wir hier sind, einmal des Nachts bis vor unsere Thüre. Das war eine schreckliche Nacht! Aber Richter Temple's Reichthum gewährt ihm zu viel Schutz, als daß man in seinem Hause etwas zu fürchten hätte.“

„Die Absicht meines Vaters ist auch die Wälder zu zähmen,“ rief Elisabeth, indem sie die Decke zurückwarf und sich im Bette aufrichtete. „Wie schnell ist die Civilisation in die Fußstapfen einer wilden Natur getreten!“ fuhr sie fort, indem ihre Augen nicht nur über die Bequemlichkeiten, sondern auch über den Luxus ihres Gemaches hinflogen, während ihr Ohr auf das fern von See her tönende Geheul horchte. Als sie jedoch fand, daß die Furcht der Gefährtin auch ihr die Töne unheimlich machte, so legte sie sich wieder zurück und vergaß bald der Schrecken des Landstriches in einem tiefen Schlafe.

Die Mädchen wurden des andern Morgens durch das Eintreten einer weiblichen Dienerin geweckt, welche das Feuer anmachen wollte. Sie standen auf und beendigten die kleinen Vorbereitungen zu ihrer Toilette in der reinen und kalten Atmosphäre, welche sich sogar durch Miß Temples wohlverwahrtes Zimmer nicht ausschließen ließ. Als Elisabeth sich angekleidet hatte, näherte sie sich einem Fenster, zog den Vorhang auf, öffnete den Laden und versuchte es, durch die Scheiben einen Blick auf das Dorf und den See zu werfen. Aber dicke Eisblumen bedeckten das Glas und hemmten die Aussicht, obgleich sie dem Licht Zutritt gestatteten. Sie öffnete sodann das Fenster, und nun trat ihrem Auge ein wahrhaft entzückender Anblick entgegen.

Der See hatte seine fleckenlose Schneedecke gegen eine Fläche von dunkelm Eis vertauscht, welche die Strahlen der aufgehenden Sonne, gleich einem polirten Spiegel wiederstrahlte. Die Häuser waren in ein ähnliches Gewand gekleidet, das übrigens, seiner Lage wegen, wie blanker Stahl erglänzte, während ungeheure Eiszapfen, welche von jedem Dach herunter hingen, das herrliche Licht auffingen und sich es gegenseitig zuzuwerfen schienen, da jeder auf der Lichtseite in goldenen Strahlen glitzerte, welche sich auf der anderen in die Schatten eines dunkeln Hintergrundes verloren. Das anziehendste Schauspiel bildete jedoch der Anblick der endlosen Forsten, welche die hinter einander sich aufthürmenden Berge bedeckten. Die riesigen Arme der Fichten und Schierlingstannen beugten sich unter der Wucht des Eises, das sie zu tragen hatten, während ihre Spitzen sich über die rundlichen Gipfel der Eichen, Buchen und Ahorne wie Thürme von geglättetem Silber über Domdächern von dem gleichen Material ausnahmen. Den westlichen Horizont begrenzte eine leuchtende Wellenlinie, als ob sich daselbst gegen die Ordnung der Natur zahllose Sonnen erheben wollten. Im Vordergrunde des Gemäldes, längs den Ufern des Sees hin und in der Nähe des Dorfes, schien jeder Baum mit Diamanten wie übersät. Selbst die Seiten der Berge, wo die Strahlen der Sonne noch nicht hinreichen konnten, prunkten in einem glasigten Gewande, das jede Abstufung des Glanzes schauen ließ, von den Lichtstreifen der ersten Sonnenstrahlen an, bis zu dem dunkeln Nadelwerk der Tannen, das unter der Hülle von Krystall schimmerte. Mit einem Worte, die ganze Landschaft war ein zitterndes Strahlenmeer, da See, Berge, Dorf und Wälder — jedes seine Lichtkörperchen, mit der ihm eigenthümlichen Farbe gemengt und nach Maßgabe seiner Lage und Größe wechselnd — zurückgab.

„Sehen Sie!“ rief Elisabeth — „sehen Sie, Luise; eilen Sie an's Fenster und schauen Sie die wundervolle Veränderung!“

Miß Grant willfahrte, und nach einem kurzen Schweigen bemerkte sie mit leisem Tone, als fürchte sie sich vor ihrer eigenen Stimme:

„Die Veränderung ist in der That wunderbar! Ich bin ganz überrascht, daß er sie so schnell bewerkstelligen konnte.“

Elisabeth wandte sich erstaunt um, als sie eine so skeptische Aeußerung aus dem Munde von Herrn Grant's Tochter hörte, fand aber mit einiger Ueberraschung, daß die sanften blauen Augen ihrer Gefährtin, statt auf dem herrlichen Naturschauspiele, auf der Gestalt eines jungen Mannes weilte, der vor der Thüre draußen in ernstem Gespräche mit ihrem Vater begriffen war. Es bedurfte eines zweiten Blickes, ehe sie in derselben die Person des jungen Jägers in einer zwar einfachen Tracht, aber dennoch in der eines Mannes von Stande zu erkennen vermochte.

„Alles scheint in diesem Zauberlande ans Wunderbare zu grenzen,“ sagte Elisabeth; „und unter allen Wechseln, die sich vor unseren Augen aufthun, ist dieser gewiß nicht der am wenigsten auffallende. Die Schauspieler sind so einzig, als die Bühne.“

Miß Grant erröthete und zog den Kopf zurück.

„Ich bin nur ein einfaches Landmädchen, Miß Temple,“ begann sie, „und ich fürchte, Sie werden eine sehr unbedeutende Gesellschafterin an mir finden. — Ich weiß nicht, ob ich alles verstehe, was Sie sagen; aber ich war in der That der Meinung, Sie hätten mich auf die Veränderung bei Herrn Edwards aufmerksam machen wollen. Ist es nicht sehr wunderbar, wenn wir uns seiner Abkunft erinnern? Es heißt, er sei ein halber Indianer.“