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„Jedenfalls ein vornehmer Wilder. Doch gehen wir hinunter, um dem Sachem seinen Thee zu geben: — denn ich vermuthe, daß er ein Abkömmling von König Philipp, wenn nicht gar ein Enkel von Pocahontas ist.“

Die Damen begegneten in der Halle dem Richter Temple, der seine Tochter bei Seite nahm, um ihr die mit dem neuen Hausgenossen vorgegangene Umwandlung mitzutheilen, welche ihr jedoch nichts Neues mehr war.

„Es ist klar, daß er nicht gut auf seine frühere Lage zu sprechen ist,“ fuhr Marmaduke fort, „denn ich entnehme aus seinen Reden, wie aus seinem ganzen Wesen, daß er einst bessere Tage gesehen hat. Ich möchte fast Richard's Ansicht über seine Abkunft beistimmen; denn es ist nichts Ungewöhnliches, daß die indianischen Agenten ihren Kindern eine lobenswerthe Erziehung geben und —“

„Ganz recht, mein lieber Vater,“ unterbrach ihn Elisabeth, indem sie ihre Augen abwendete; „ich bin schon zufrieden. Doch da ich kein Wort von der Sprache der Mohawks verstehe, so muß er sich schon zu der unserigen bequemen, und was sein Betragen anbelangt, so überlasse ich es Dir, dasselbe zu überwachen.“

„Ja; aber 'Beß —“ sagte der Richter, indem er sie sanft zurückhielt; „man darf ihn nicht nach seinem vergangenen Leben fragen. Er hat sich ausdrücklich diese Gunst erbeten. Auch ist er vielleicht noch etwas sauertöpfisch wegen seines verwundeten Arms; da aber die Beschädigung nur leicht zu seyn scheint, so läßt er sich wohl ein andermal mittheilsamer an.“

„O, lieber Vater! ich bin nicht sonderlich mit jenem lobenswerthen Durst nach Wissen geplagt, den man Neugierde nennt. Ich will glauben, daß er das Kind von Korn-stalk oder Korn-planter oder eines andern berühmten Häuptlings, vielleicht gar ein Sohn der großen Schlange selbst ist, und will ihn als einen solchen behandeln, bis er es für passend hält, sich seinen Lockenkopf abzurasiren, ein halb Dutzend Paar meiner besten Ohrenringe zu borgen, seine Büchse auf den Rücken zu nehmen, und eben so plötzlich zu verschwinden, als er zum Vorschein gekommen ist. So komm denn, lieber Vater, und laß uns die Pflichten der Gastfreundschaft nicht vergessen, da er doch vielleicht nur eine kurze Zeit bei uns bleiben wird.“

Richter Temple lächelte über den Scherz seiner Tochter, nahm ihren Arm und führte sie nach dem Frühstückszimmer, wo der junge Jäger bereits saß und durch sein Benehmen zeigte, daß er sich mit so wenig Umständen als möglich in der Familie heimisch zu machen gedachte.

Dieß waren die Verhältnisse, welche die Familie des Richters Temple auf eine so seltsame Weise vergrößerten; und da wir den Jüngling einmal daselbst untergebracht haben, so fordert der Gang unserer Erzählung nun, daß wir vorderhand keine weitere Notiz von dem Fleiß und der Brauchbarkeit nehmen, die er in Marmaduke's Diensten an den Tag legte, sondern die Aufmerksamkeit unsres Lesers andern Gegenständen zuwenden.

Als Major Hartmann's gewöhnliche Besuchzeit vorüber war, nahm er für die nächsten drei Monate Abschied. Herr Grant mußte häufig entferntere Landestheile besuchen, weßhalb seine Tochter fast ohne Unterlaß, ein Gast in dem Herrenhause war. Richard widmete sich mit gewohnter Leidenschaftlichkeit den Obliegenheiten seines Amtes; und da Marmaduke stets mit neuen Gesuchen um Land auf seinem Grund und Boden behelligt ward und daher viel zu thun hatte, so entschwand der Winter rasch. Der See wa' der Hauptbelustigungsort für die jungen Leute, und die Damen brachten manche Stunden auf demselben zu, wenn sie sich von Richard in einem einspännigen Schlitten umherfahren ließen. Auch der junge Edwards gesellte sich, wenn es der Schnee gestattete, hin und wieder der Gesellschaft bei, um sich die reine Luft der Berge zu Nutzen zu machen. Die Zurückhaltung des jungen Mannes wich nach und nach; aber doch konnte es einem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen, daß ihn oft bittere Augenblicke beschlichen.

Elisabeth sah in den folgenden drei Monaten viele große Lichtungen an den Seiten der Berge erstehen, da verschiedene Ansiedler daselbst, in der Sprache der Gegend, „ihren Pferch anfgeschlagen hatten,“ während die zahllosen mit Weizen und Potaschenfässern beladenen Schlitten, welche durch das Dorf fuhren, einen deutlichen Beweis lieferten, daß diese Arbeiten nicht in's Blaue hinein unternommen worden waren. Mit einem Worte — die ganze Gegend zeigte das rührige Treiben einer sich hebenden Ansiedelung, wo sich auf den Straßen Fuhrwerke drängten, die bald Hausrath herbeiführten, hin und wieder die lächelnden Gesichter von Weibern und Kindern, welche sich in dem Reiz der Neuheit glücklich fühlten, zeigten, oder, mit den Produkten des Landes beladen, dem allgemeinen Markte in Albany zufuhren — in letzterem Falle eben so viele Schlingen, um Auswanderungslustige in die wilde Gebirgsgegend zu locken, wo sie Glück und Auskommen zu finden hofften. Das Dorf war ein lebendes Bild der Geschäftigkeit. Mit dem Wohlstande der Umgegend nahm auch der der Handwerksleute zu, und jeder Tag war Zeuge einer weiteren Annäherung an die Sitten und Gebräuche einer längst bestehenden Stadt. Der Mann welcher das Postwesen versah, schwatzte viel von seiner Station, und während des Winters sah man ihn wohl ein oder zweimal in seinem Schlitten einen einzelnen Passagier durch die Schneehaufen nach dem Mohawk hin fahren, an welchem wöchentlich zweimal von der Küste aus ein regelmäßiges Fuhrwerk mit Blitzesschnelle und unter kundigem Peitschenknall hin und herging. Gegen den Frühling, zeitig genug, um den Schnee noch zu nützen, kehrten mehrere Familien, welche bei Verwandten in den alten Staaten auf Besuch gewesen, zurück und brachten nicht selten ganze Haufen mit sich, welche sich durch ihre Vorstellungen hatten verleiten lassen, ihre Meiereien in Connecticut und Massachussetts zu verlassen und ihr Glück in den Wäldern zu versuchen.

Diese ganze Zeit über war Oliver Edwards, dessen plötzliche Erhebung in einem so wechselvollen Landstrich keine Ueberraschung erregte, den Tag über emsig in Marmaduke's Diensten beschäftigt, während er die Nächte öfters in Lederstrumpfs Hütte zubrachte. Der Verkehr unter den drei Jägern hatte allerdings etwas Geheimnißvolles, und wurde von den Betheiligten mit lebhaftem Eifer unterhalten, obgleich Mohegan selten und Natty nie in das Herrenhaus kam. Dagegen ersah sich Edwards jeden freien Augenblick, um seinen früheren Aufenthalt zu besuchen, von dem er oft erst spät in der Nacht, oder, wenn er über die gewöhnliche Schlafenszeit der Familie hinaus abgehalten wurde, mit der aufgehenden Morgensonne über den Schnee heimkehrte. Wer um diese Besuche wußte, machte sich allerlei Vermuthungen, ohne daß man sich jedoch darüber äußerte. Richard ausgenommen, der hin und wieder eine halblaute Bemerkung machte. —

„Das darf uns nicht im Geringsten Wunder nehmen,“ konnte er sagen. „Ein Halbwilder ist nie von seiner ungeordneten Lebensweise abzubringen, und im Ganzen ist er für einen Menschen von seiner Abkunft viel civilisirter, als man füglicher Weise erwarten dürfte.“

Zwanzigstes Kapitel.

Fort, zögern wir nicht länger beim Gesang,

Denn mancher steile Pfad steht uns bevor.

Byron. 

Mit dem allmähligen Eintritt des Frühlings begannen auch die ungeheuren Schneemassen, welche durch den Wechsel von Frost und Thauwetter und durch wiederholte Stürme eine ungemeine Festigkeit erhalten hatten, dem Einflusse milderer Winde und einer wärmeren Sonne zu weichen. Hin und wieder schienen sich sogar die Pforten des Himmels zu öffnen und ihre milde Luft über die Erde zu ergießen, um die beseelte und die leblose Natur aus ihrem Winterschlafe zu wecken, so daß, wenn auch nur für wenige Stunden, dem Auge die Heiterkeit des Lenzes von jedem Felde entgegen lächelte. Dann übten aber wieder die schneidenden Nordwinde ihren ertödtenden Einfluß auf die Gegend, und schwarze düstere Wolken, welche die Strahlen der Sonne auffingen, ließen den Wechsel um so schmerzlicher empfinden. Diese Kämpfe der Natur wurden täglich häufiger, während die Erde, gleichsam das Opfer des Streites, langsam den heitern Schmuck des Winters verlor, ohne den des Frühlings zu gewinnen.