„Laß immerhin den Osten sein
Voll Volk, den West voll Bäumen,
Voll Vieh die Berge aus und ein,
Straßab das Saumroß schäumen.
Fließ hin, des Holzes süßes Blut,
Du sollst mir lustig sieden.
Der Landmann wacht bei Deiner Gluth,
Das Brenzeln zu verhüten.
Der Ahorn ist ein fein Geschenk,
Gibt Nahrung, Dach und Feuer;
Sein Säftlein auf ein müd Gelenk
Macht die Bewegung freier.
Fließ hin u.s.w.
Was ist, fehlt ihm sein Glas, der Mann —
Das Weib, fehlt ihr die Tasse?
Das was die Tasse, was die Kann',
Fehlt's an der Honigmasse?
Fließ hin u.s.w.
Während der Absingung dieses Gereimsels schlug Richard mit seiner Reitgerte, die er zwischen denbOhren seines Pferdes auf und ab bewegte, den Takt, und begleitete dieses wichtige Geschäft mit entsprechenden Beugungen seines Kopfes und Körpers. Gegen das Ende des Lieds konnte er sich nicht entbrechen, den Chor mitzusummen, und bei der letzten Wiederholung in das „Fließ hin u.s.w.“ so lärmend einzustimmen, daß der „Effect“ in Beziehung auf die ohrzerreißende Wirkung, keineswegs aber in Betracht der Harmonie wunderbar gehoben wurde.
„Bravo!“ brüllte der Sheriff, in der gleichen Tonart; „ein sehr schönes Lied, Billy Kirby, und sehr schön gesungen. Wo hast Du den Text her, Junge? Er hat wahrscheinlich noch mehr Verse, und Du kannst mir vielleicht eine Abschrift verschaffen.“
Der Zuckersieder, der in einiger Entfernung von den Pferden auf seinem Felde beschäftigt war, wandte gleichgültig seinen Kopf um und musterte die näher kommende Gesellschaft mit einer wundersamen Kaltblütigkeit. Da die einzelnen Individuen hart an ihm vorbei ritten, so nickte er jedem gutmüthig und vertraulich zu, ganz als wären sie seines Gleichen — eine Begrüßungsweise, die auch den Damen zu Theil wurde, ohne daß er sich herabließ, das hutartige Ding, welches seine Kopfbedeckung bildete, zu berühren.
„Wie geht’s, wie geht’s, Sheriff?“ sagte der Holzfäller. „Was gibt es gutes Neues im Dorfe?“
„Nicht mehr als gewöhnlich, Billy,“ versetzte Richard. „Aber was soll das? Wo sind Deine vier Kessel, Deine Tröge und Deine eisernen Kühlpfannen? Machst Du jetzt Deinen Zucker in einer so läßigen Art? Ich meinte, Du wärest einer der besten Zuckersieder in dem Bezirk?“
„Das bin ich auch, Squire Jones,“ antwortete Billy Kirby in seiner Beschäftigung fortfahrend; „ich stehe keinem in den Otsegobergen nach, was das Holzfällen, Zuckersieden, Ziegelbrennen, Zäune schnitzen, Potasche machen, Welschkorn häufeln und dergleichen anbelangt, obgleich ich mich am liebsten an das erste halte, denn ich sehe, daß mir die Axt am natürlichsten geht.“
„Sie seyn ein Tausendkünstler, Mister Bihl,“ meinte Monsieur Le Quoi.
„Hä?“ entgegnete Kirby, mit einer einfältigen Miene aufsehend, die sich in Vergleichung mit seiner gigantischen Gestalt und seinem männlichen Gesicht lächerlich ausnahm. „Ja, wenn Ihr etwas einhandeln wollt, Moschür, so findet Ihr hier das ganze Jahr durch so guten Zucker, als nur irgendwo. Er ist frei von aller Unreinheit, wie die Jarmans-Ebenen von Baumstümpfen, und hat den eigentlichen Ahorngeschmack. Solchen Stoff könnte man in York für Kandis verkaufen.“
Der Franzose näherte sich der Stelle, wo Kirby seine Zuckerkuchen unter einem Rindendach geborgen hielt, und begann die Untersuchung des Artikels mit dem Auge eines Sachverständigen. Marmaduke war gleichfalls abgestiegen und unterwarf die Werke und die Bäume einem scharfen Augenschein, wobei er sich nicht entbrechen konnte, seinen Unwillen über die Nachläßigkeit, mit welcher die Fabrikation betrieben wurde, auszudrücken.
„Ihr habt viel Erfahrung in solchen Dingen, Kirby,“ sagte er. „Wie bereitet Ihr aber Euren Zucker? Ich sehe, daß Ihr nur zwei Kessel habt.“
„Zwei sind so gut als zwei tausend, Richter. Ich bin keiner von Euren geleckten Zuckermachern, die für die großen Herrn kochen; aber wenn Ihr ächten süßen Ahorn wollt, so kann ich damit aufwarten. Zum ersten wähle ich mir die Bäume aus und dann zapfe ich sie an. Es heißt, man soll dieses um den letzten Februar herum, oder in diesen Bergen um die Mitte des Märzes thun; aber daran kehre ich mich nicht, denn ich fange an, wenn der Saft rasch zu fließen beginnt — —“
„Gut,“ unterbrach ihn Marmaduke; „aber in diesem Falle werdet Ihr Euch durch äußere Zeichen leiten lassen, an denen Ihr die Qualität des Baumes erkennt?“
„Je nun, Kenntnis kömmt natürlich allen Dingen zu statten,“ entgegnete Kirby, indem er den Saft in seinen Kesseln schnell umrührte. „So muß man zum Beispiel genau wissen, wann und wie man den Kessel rührt. Derartige Dinge müssen gelernt werden. Rom ist nicht an einem Tag gebaut worden, ebensowenig als Templeton, obgleich ich nicht anders sagen kann, als daß das letztere schnell genug entstanden ist. Ich setze nie meine Axt an einen verkümmerten Baum oder an einen, der nicht eine gute frische Rinde hat, denn die Bäume haben so gut ihre Krankheiten als die Thiere: und es ist ebenso unklug, einen kranken Baum anzuzapfen, als einen müden Gaul zum Postreiten oder einen abgetriebenen Ochsen zum Holzführen zu nehmen.“
„Das ist ganz recht; aber worin bestehen die Zeichen der Krankheit? Wie könnt Ihr einen gesunden Baum von einem nicht gesunden unterscheiden?“
„Wie kann der Doctor sagen, daß einer ein Fieber hat?“ fiel Richard ein. „Er untersucht natürlich die Haut und befühlt den Puls.“ —
„Gewiß,“ fuhr Billy fort; „der Squire hat nicht weit fehl geschlossen. Das Aussehen einer Sache muß das geben. — Nun, wenn der Saft hübsch abzufließen beginnt, so hänge ich die Kessel über und treibe meine Handthierung hier oben. Meinen ersten Sud koche ich hübsch ein, bis ich die Eigenschaft des Saftes los habe; aber wenn er dann syrupartig zu werden anfängt, wie dieser in dem Kessel hier, so darf man nicht mehr stark feuern, weil sonst der Zucker verbrennt, und verbrannter Zucker hat einen üblen Geschmack und wird auch nie recht süß. Dann schöpfe ich ihn aus einem Kessel in den andern, bis er so wird, daß er an dem Löffel Faden zieht; und nun muß man besonders vorsichtig mit der Behandlung umgehen. Es gibt eine Methode, ihn, wenn er in Körner anschießt, dadurch abzuziehen, daß man Thon in die Pfanne wirft; aber dieß ist nicht allenthalben üblich: Einige thun's, Andere nicht. Nun Monschür, wollt Ihr keinen Handel machen?“
„Ich will Sie geben, Mister Bihl, vor ein Fund dix sous.“
„Nein, ich will Silbergeld dafür; ich nehme nie Papiergeld für meinen Zucker. — Aber weil's Ihr seyd, Monschür,“ fügte Billy mit einem einschmeichelnden Lächeln bei, „so will ich mir's gefallen lassen, eine Gallone Rum und Leinwand zu zwei Hemden daran zu nehmen, wenn Ihr mir auch den Syrup abkauft. Er ist gewiß gut; denn ich möchte weder Euch noch sonst Jemand betrügen. Ich nehme nie einen andern zu meinem Getränk, und er ist zuverläßig der beste, der je aus einer Zuckerpflanzung kam.“
„Monsieur Le Quoi hat Euch zehn Pence angeboten,“ sagte der junge Edwards.
Der Fabrikant stierte den Sprecher mit großen Augen an, ohne etwas zu erwiedern.
„Oui,“ sagte der Franzose, „sehn Penny. Je vous remercie, Monsieur. Ah! Mo Anglais! Je l'oublie toujours.“