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Endlich hörte man ein lautes Plätschern im Wasser, und die rauhe Stimme des Majordomo verkündigte, daß das Boot auf dem Rückwege begriffen sey. Richard ergriff einen Feuerbrand und eilte zu einer Stelle, welche sich ebenso weit über dem Mittelpunkte des Fischergrundes befand, als die, von welcher das Boot abgefahren war, unter demselben lag.

„Rudert auf den Squire zu, Jungen,“ sagte Benjamin. „und wir werden sehen, was in diesem Weiher wächst.“

Statt der fallenden Netze hörte man jetzt die raschen Ruderschläge und das Rauschen des nachgeschleppten Taues. Nun schoß das Boot in den Lichtkreis und in wenigen Augenblicken trieb es an das Ufer. Mehrere geschäftige Hände waren ausgestreckt, um die Leine zu fassen, und da beide Tauende gleich gut bemannt waren, so begannen die Fischer langsam zu ziehen, während Richard im Mittelpunkte stand und bald rechts, bald links Befehle ertheilte, in der Anstrengung nachzulassen oder sie zu erhöhen, wie es gerade erforderlich war. Marmaduke und seine Begleiter standen in der Nähe des Sheriffs und freuten sich auf das Resultat des ganzen Unternehmens, welches langsam seinem Ende entgegen ging.

Es gab verschiedene Ansichten über den Erfolg, da das Netz den Einen federleicht, den Andern zentnerschwer vorkam. Die Taue hatten indeß eine Länge von mehreren hundert Fußen, weßhalb sich der Sheriff an diese Widersprüche nicht sonderlich kehrte, indem er zuerst selbst an den Enden einen Ruck versuchen wollte, um sich Ansicht bilden zu können.

„Ey, Benjamin.“ rief er, als dieß geschehen war, „Ihr habt das Netz schlecht ausgeworfen. Ich kann es mit meinem kleinen Finger bewegen. Das Tau gibt unter meiner Hand nach.“

„Meinen Sie vielleicht, wir müßten einen Wallfisch bringen, Squire?“ antwortete der Majordomo, „Wenn das Netz leer ist, so muß der Teufel in Gestalt eines Fisches im See stecken, denn ich warf es so schön, als nur je ein Tackelwerk über dem Halbdeck eines Flaggenschiffs ausgespannt wurde.“

Aber Richard endeckte bald seinen Irrthum, als er Billy Kirby im Wasser stehen sah, wie er sich unter einem Winkel von fünf und vierzig Graden gegen das Ufer rückwärts neigte und seine ganze Riesenkraft aufbot, um sich in dieser Stellung zu erhalten. Er schwieg daher und begab sich zu den Leuten an dem andern Ende des Taues.

„Ich sehe die Stäbe,“ schrie Herr Jones. „Zieht Euch mehr nach innen, Jungen, und weg damit. Ans Land mit dem Boot! ans Land!“

Auf diesen freudigen Ruf strengte Elisabeth ihre Augen an und sah die Enden der beiden Netzstangen aus der Dunkelheit auftauchen, während sich die Männer eng an einander anschloßen und das Netz einen tiefen Sack bildete. Die Anstrengungen der Fischer mußten vermehrt werden, und man hörte Richard's Stimme, welche dieselben ermuthigte, ihre äußerste Kraft aufzubieten.

„Nun ist es Zeit, Jungen,“ rief er; „macht, daß ihr die Enden ans Land bringt, dann entkömmt uns nichts mehr — heran, heran!“

„D'rauf los!“ jauchzte Benjamin. „Hurrah! Ho — a hoy, ho — a hoy, ho — a!“

„Heran,“ brüllte Kirby, welcher sich in einer Weise anstrengte, daß Denen hinter ihm nichts zu thun blieb, als das schlaffe Tau in ihren Händen in die Höhe zu halten.

„Die Stange angezogen!“ rief der Major Domo.

„Die Stange angezogen!“ wiederholte Kirby an dem andern Ende.

Die Männer am Ufer eilten an den Rand des Wassers, ergriffen die obern und untern Tauenden und begannen mit großem Eifer zu ziehen. Die Zuschauer wurden jetzt eines tiefeinschneidenden Halbkreises ansichtig, welcher durch das unten mit Blei beschwerte Stellnetz gebildet wurde, und da derselbe rasch in seinem Umfange abnahm und der Sack des Netzes zum Vorschein kam, so erkannte man aus dem Plätschern im Wasser die Unruhe der darin enthaltenen Gefangenen.

„Zieht an, Jungen!“ brüllte Richard. „Ich sehe, wie die Beester Sprünge machen, um sich in Freiheit zu setzen. Zieht an! es ist ein Fang, der der Mühe lohnt.“

Man sah nun Fische der verschiedensten Art in die Maschen des Netzes verstrickt, als es durch die Hände der Arbeiter lief; und auf eine kleine Entfernung vom Ufer wimmelte Alles von den Bewegungen der beunruhigten Opfer. Hunderte von weißen Seiten zeigten sich auf der Oberfläche und erglänzten im Lichte des Feuers, verschwanden aber ebenso schnell wieder, um andern Platz zu machen, wenn die Fische, durch den Lärm erschreckt, nach unten schoßen und vergeblich sich zu befreien suchten.

„Hurrah!“ rief Richard. „Noch ein Paar kräftige Züge und wir haben den Fang geborgen!“

„Lustig, ihr Jungen, lustig!“ rief Benjamin. „Ich sehe eine Salmforelle, an der sich zwanzig Mann satt essen könnten.“

„Weg mit dir, du Gewürm!“ sagte Billy Kirby, indem er eine Föhre aus den Maschen löste, und dieselbe verächtlich in den See zurückwarf. „Zieht, Jungen! zieht! hier gibts Fische von allen Arten; und Gott soll mich holen, wenn wir nicht tausend Barsche im Garn haben.“ '

Durch diesen Anblick über die Grenzen der Klugheit gesteigert und der Jahreszeit uneingedenk, sprang der Holzfäller ins Wasser , und begann die widerstrebenden Thiere in ihrem heimischen Element vor sich her zu treiben.

„Zieht herzhaft! zieht Jungen!“ rief Marmaduke, der Aufregung des Augenblicks nachgebend, indem er selbst Hand anlegte, und durch seine Beihilfe die Zugkraft wesentlich vermehrte. Edwards hatte schon vorher ein Gleiches gethan, denn der Anblick der ungeheuern Fischmassen, die langsam gegen das kiesige Ufer herrollten, wirkte zu verlockend, als daß er nicht hätte die Damen im Stiche lassen und sich den Fischern anschließen sollen.

Das Netz wurde mit großer Sorgfalt an's Land gebracht; und nach vieler Mühe hatte man die Unzahl von Opfern in einem Loch: des Ufers geborgen, wo man sie ihr kurzes Leben in dem neuen, todbringenden Elemente verenden ließ.

Selbst Elisabeth und Luise freuten sich ungemein über den Anblick von fast zwei tausend Gefangenen, die aus der Tiefe des Sees geholt und zu ihren Füßen niedergelegt waren. Aber sobald die Gefühle des Augenblicks sich beschwichtigt hatten, hob Marmaduke einen Barsch, der ungefähr zwei Pfund wiegen mochte, auf, betrachtete ihn eine Weile mit wehmüthigem Nachdenken, und wandte sich sodann mit den Worten an seine Tochter;

„Es ist im Grunde doch eine schreckliche Vergeudung der auserlesensten Geschenke Gottes. Diese Fische, 'Beß, welche Du in solchen Haufen vor Dir liegen stehst, und die man bis morgen Abend sogar auf dem schlechtesten Tisch verschmähen wird, haben einen Wohlgeschmack, der sie in andern Ländern sogar auf den Tafeln der Fürsten und der leckersten Epikuräer zu einem Luxusartikel machen würde. Die ganze Welt kann keinen besseren Fisch aufweisen als den Otsego-Barsch; er vereinigt den Wohlgeschmack der Alse mit dem festen Fleisch des Salmen.“

„Aber gewiß, lieber Vater,“ rief Elisabeth, „müssen sie ein großer Segen für das Land seyn, namentlich für den Armen.“

„Die Armen sind immer verschwenderisch, mein Kind, sobald Ueberfluß vorhanden ist; sie denken selten auf den kommenden Morgen. Doch wenn für eine solche Vernichtung der Thiere eine Entschuldigung aufgefunden werden kann, so ist es bei dem Fang dieses Barsches der Fall. Den Winter über sind sie bekanntlich vor unsern Nachstellungen durch das Eis geschützt, denn sie beißen an keine Angel; und während der heißen Monate lassen sie sich nicht sehen. Vermuthlich ziehen sie sich in dieser Jahreszeit nach dem kühleren Wasser in der Tiefe des Sees zurück, und so hat man nur im Frühjahr und im Herbst ein Paar Tage, an denen man ihnen mit den Netzen beikommen kann. Aber wie andere Schätze der Wildniß, fangen sie bereits an, vor der Vergeudungswuth des Menschen zu verschwinden.“

„Verschwinden, 'Duke? Ja wohl da — verschwinden!“ rief der Sheriff. „Wenn man das hier ein Verschwinden heißen kann, so weiß ich nicht, wie viele Du eigentlich möchtest. Da liegt doch ihrer wenigstens ein gutes Tausend, dann etliche hundert Saugfische und was weiß ich, wie viel von der andern Brut. Aber so treibst Du's immer, Marmaduke. Zuerst sind's die Bäume, dann das Wild, dann der Zuckerahorn, und endlich kömmst Du auch auf dieses Capitel. Das eine mal schwatzest Du von Kanälen durch ein Land, wo man alle halbe Meilen einen Fluß oder einen See hat — aus keinem andern Grunde, als weil das Wasser nicht gerade den Weg läuft, welchen du haben möchtest; und ein ander mal sprichst Du von Kohlenminen, obgleich Jeder, der ein so gutes Auge wie ich hat — ich sage wer ein gutes Auge hat, — mehr Holz sehen kann, als man in London in fünfzig Jahren zu verbrennen vermöchte. Ist's nicht so, Benjamin?“