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Wie auch die Welt über die Handlungsweise des Majors aburtheilen mochte, den beiden Betheiligten erschien sie als nichts anderes, denn das Abgeben gewisser Gerechtsame, die der Vater weder genießen noch erweitern konnte, an einen Sohn, der durch seine Erziehung sowohl, als auch vermöge seines Charakters zu beidem paßte. Der jüngere Effingham hatte nichts gegen die Schenkung einzuwenden, denn er fühlte, daß er sich selbst nur von einer schweren Last befreite, wenn er den Vorbehalt seines Vaters, die moralische Leitung seiner Handlungen zu führen, anerkannte; wie denn überhaupt zwischen beiden ein so inniges Vertrauen herrschte, daß ihnen der so gehäßig gedeutete Schritt nicht anders erschien, als wenn Einer sein Geld aus einer Tasche in die andere steckt.

Sobald der junge Mann in den Besitz seines großen Vermögens getreten war, gehörte es unter seine ersten Handlungen, seinen Jugendfreund aufzusuchen und ihm den Beistand anzubieten, den er jetzt zu leisten im Stande war.

Der Tod von Marmaduke's Vater und die daraus erfolgende Theilung seines kleinen Vermögens machten dieses Anerbieten für den jungen Pennsylvanier doppelt annehmbar. Er fühlte seine eigenen Kräfte, und sah nicht nur die schönen Eigenschaften, sondern auch die Mängel in dem Charakter seines Freundes, Effingham war von Natur indolent, zutraulich, bisweilen aber auch ungestüm und unbesonnen, während Marmaduke mit einem ruhigen Gleichmuth scharfen Verstand, Thatigkeit und Unternehmungsgeist verband. Letzteren erschien daher die ihm angebotene Compagnonschaft als vortheilhaft für beide Parthien, weßhalb er mit Freuden darauf einging und auch leicht über Bedingungen mit seinem Freunde eins wurde. Mit Effingham's Gelde wurde ein Handlungshaus in der Hauptstadt von Pennsylvanien etablirt, und die Leitung des Geschäftes Marmaduke übertragen, der öffentlich als der einzige Eigenthümer genannt wurde, obgleich der Andere im Geheim hälftig an dem Gewinne des Unternehmens betheiligt war. Diese Verbindung sollte aus zwei Gründen nicht ruchbar werden, deren einen Effingham seinem Freunde offen gestand, während er den andern tief in seinem Innern verbarg, da derselbe auf nichts mehr und nichts weniger als auf dem Stolze beruhte. Der Abkömmling einer Reihe von Kriegern betrachtete nämlich sogar eine derartige mittelbare Betheiligung bei einem Handelsgeschäft als eine Herabwürdigung. Den Hauptgrund zu Geheimhaltung derselben bildeten aber immer die Vorurtheile des alten Majors.

Es wurde bereits mitgetheilt, daß Major Effingham ruhmvoll gedient hatte. Als er einmal an der Westgränze von Pennsylvanien ein Kommando gegen die verbündeten Franzosen und Indianer hatte, wurde nicht nur sein Ruhm, sondern auch sein und seines Truppes Leben durch die friedliche Politik dieser Colonie ungemein gefährdet — allerdings ein Vergehen, das kein Soldat verzeiht. Er focht zu ihrem Schutze und wußte wohl, daß die milden Grundsätze dieses Völkchens praktischen Christen von den schlauen und arglistigen Feinden nicht berücksichtigt werden würden, weßhalb er auch die Kränkung um so tiefer empfand, denn er sah, daß der Grund, welchen die Colonisten für die Verweigerung ihres Beistandes geltend machten, nur dazu führen konnte, seine Mannschaft dem Untergange Preis zu geben, ohne daß er den Frieden zu bewahren vermochte. Es gelang zwar dem Soldaten, sich mit einer Handvoll seiner Leute durch den mörderischen Feind zu schlagen, aber er vergab den Leuten, die ihn im Kampfe nicht unterstützt und daher dieser Gefahr ausgesetzt hatten, nie wieder. Es half nichts, daß man ihm sagte, sie wären nicht Schuld daran gewesen, daß er an die Gränze gesetzt wurde; denn er stand ja augenscheinlich nur zu ihrem Besten dort, und es war „ihre verfluchte Pflicht“ — so pflegte sich nämlich der Major auszudrücken — „es war ihre verfluchte Pflicht, ihren Beschützern Beistand zu leisten.“

Der alte Soldat war nie ein Freund von Fox's friedlichen Schülern. Ihre geordnete Lebensweise und ihre Gemüthsruhe konnten nicht verfehlen, auch vortheilhaft auf ihre physischen Verhältnisse einzuwirken; und wenn der Veteran den riesigen Körperbau der Colonisten betrachtete.,so konnte er sich nicht enthalten, in seinem Blicke die tiefe Verachtung, welche er gegen ihre moralische Schwäche hegte, auszudrücken. Auch war er ein wenig der Meinung zugethan, daß eine so strenge Beobachtung von Förmlichkeiten unmöglich mit dem gesunden Kerne wahre Religiosität vereinbar sey. — Wir haben uns übrigens nicht zur Aufgabe gesetzt, hier das Wesen des Christenthums zu erörtern, sondern führen nur einfach Major Effingham's Ansichten auf.

Da der Sohn die Ansichten seines Vaters über diese Leute kannte, so war es kein Wunder, daß er Anstand nahm, seine Verbindung mit einem Quäker und sein unbedingtes Vertrauen auf dessen Redlichkeit zuzugestehen.

Man hat gesehen, daß Marmaduke von Zeitgenossen und Freunden Penn's abstammte. Sein Vater hatte zwar, weil er eine Ehe außer dem Schooße der Kirche, der er angehörte, eingegangen, einige Privilegien, welche an seinem Stamme hafteten, verwirkt. Da jedoch der junge Marmaduke in einer Colonie und in einer Gemeinschaft erzogen wurde, wo selbst der gewöhnliche Verkehr zwischen Freunden und Verwandten die Färbung jener milden Religion trug, so erhielten natürlich auch seine Gewohnheiten und seine Sprache etwas von den Eigenthümlichkeiten derselben. Seine spätere Verehlichung mit einer Dame, die nicht nur dem Schooße seiner Kirche nicht angehörte, sondern auch jeden Einfluß von Seiten dieser Secte zurückwies, trug allerdings einiges dazu bei, die früheren Eindrücke zu schwächen; sie verwischten sich aber bis zur Stunde seines Todes nie ganz, und die Sprache seiner Jugend trat vornehmlich in Augenblicken der Wallung oder einer regen Theilnahme besonders lebhaft hervor. — Doch wir greifen unserer Erzählung vor.

Zur Zeit, als Marmaduke mit dem jungen Effingham in Geschäftsverbindung trat, war er in seinem Aeußeren noch ganz Quäker; und da es der Sohn für zu gefährlich hielt, den Vorurtheilen seines Vaters offenen Widerpart zu halten, so sollte diese Vereinigung für alle Nichtbetheiligten ein tiefes Geheimniß bleiben.

Einige Jahre lang leitete Marmaduke den Handelsbetrieb seines Hauses mit soviel Scharfblick und Sachkenntniß, daß ein reicher Ertrag erzielt wurde: dann heirathete er die bereits erwähnte Dame, Elisabeth's Mutter, und auch die Besuche seines Freundes wurden allmählig häufiger. Ueberhaupt hatte es, da die Vortheile des Geschäfts Effingham mit jedem Augenblicke mehr einleuchteten, ganz den Auschein, als ob der Schleier, welcher die wirklichen Verhältnisse umhüllte, sich bald lichten solte; aber nun begannen die Unruhen, welche dem Revolutionskriege vorangingen, immer ernster und drohender zu werden.

In der unterwürfigsten Treue gegen das angeborene Herrscherhaus erzogen, hatte Effingham vom Beginn der Zwistigkeiten zwischen den Colonisten und der Krone an für die vermeintlichen heiligen Rechte seines Fürsten warm Partei genommen, während anderer Seits Temple durch seinen hellen Verstand und seinen Unabhängigkeitssinn veranlaßt wurde, sich auf die Seite des Volkes zu schlagen. Beide mochten hier durch frühere Eindrücke geleitet werden; denn wenn sich der Sohn eines tapfern und loyalen Officiers in unbedingtem Gehorsam unter den Willen seines Herrschers beugte, so konnte der Abkömmling eines verfolgten Anhängers von Penn nicht ohne Bitterkeit auf die unverdienten Leiden zurückblicken, die über die Häupter seiner Vorfahren gehäuft worden waren.

Die Meinungsverschiedenheit der beiden Freunde hatte oft Anlaß zu unverfänglichen Wortwechseln gegeben; aber endlich wurde die Sache doch zu ernsthaft, um sich bei Marmaduke immer nur auf politische Kannegießerei zu beschränken, um so weniger, da sein scharfer Blick bereits jetzt schon einiges von den wichtigen Ereignissen ahnete, mit denen die Zeit schwanger ging. Die Funken der Uneinigkeit flammten rasch in heller Lohe auf, und die Colonien, oder vielmehr die Staaten — denn sie erklärten sich bald für solche — wurden für manche Jahre der Schauplatz des Kampfes und des Blutvergießens.