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„Was kann ich thun, Richard, als die Zeit und die Führung des Himmels abzuwarten? Da ist ein anderer Brief aus Connecticut, welches übrigens nur eine Bestätigung des früheren enthält. Nur Eines tröstet mich bei diesen Neuigkeiten aus England, daß er nämlich mein letztes Schreiben erhalten haben muß, ehe das Schiff absegelte.“

„Das ist freilich schlimm genug; sehr schlimm, 'Duke, und macht alle meine Pläne, an dem Huse Flügel anzubringen, zu Wasser. Ich habe Vorkehrungen zu einem Ausritt getroffen, um Dir etwas ungemein Wichtiges mitzutheilen. Es liegen Dir immer Minen im Kopf —“

„rede jetzt nichts von Minen,“ fiel ihm der Richter ins Wort; „denn ich habe ohne Verzug eine heilige Pflicht zu erfüllen. Ich muß diesen Tag mit Schreiben zubringen, und Du wirst mir helfen, Richard. Ich mag Oliver nicht von einem so wichtigen Geheimniß Einsicht nehmen lassen.“

„Nein, nein, 'Duke,“ rief der Sheriff, dem Richter die Hand drückend; „ich stehe ganz zu Deinen Diensten. Wir sind Geschwisterkinder, und Blut ist im Grunde doch der beste Mörtel, der die Freundschaft zusammen hält. Meinetwegen; es hat keine Eile mit der Silbermine; denn morgen ist so gut wie heute. Ich denke, wir werden hiebei den Dirky Van brauchen?“

Marmaduke bejahete diese indirekte Frage, und der Sheriff stand von seinem beabsichtigten Ausritte ab, begab sich in das Frühstückzimmer und entsandte sogleich einen Boten, um Dirck Van der School her zu bescheiden.

Das Dorf Templeton durfte sich des Beistandes von nur zwei Rechtsgelehrten erfreuen, von denen wir den Einen unseren Lesern bereits in der Wirthsstube zum kühnen Dragoner vorgeführt haben; der Andere war der von Richard vertraulicher Weise „als Dirck oder Dirky Van nahmhaft gemachte Gentleman. Große Gutmüthigkeit, ziemliche Gewandtheit in seinem Fach und, so weit dieß bei einem Advokaten möglich ist, ein beträchtlicher Grad von Ehrlichkeit waren die Hauptzüge in dem Charakter dieses Mannes, welcher unter den Ansiedlern als Squire Van der School bekannt war und bisweilen auch durch den schmeichelhaften, obgleich anomalen Titel des „Holländers“ oder des „ehrlichen Advokaten“ bezeichnet wurde. Wir wünschen jedoch nicht, unserem Leser einen falschen Begriff von irgend einem unserer Charaktere beizubringen und sehen uns daher veranlaßt, beizufügen, daß das Adjectiv in Herrn Van der School's Standesbezeichnung in unmittelbarer Beziehung zu seinem Substantiv gemeint war. Wir dürfen unsern orthodoxen Freunden nicht sagen, daß alles Verdienst in der Welt nur beziehungsweise ein solches ist; und wenn wir irgend einem Charakter Eigenschaften zuschreiben, so ist dieß so zu verstehen, daß man dabei auch die Umstände in's Auge zu fassen hat.

Den Rest des Tages über blieb der Richter mit seinem Vetter und seinem Rechtsfreunde eingeschlossen, und Niemand hatte Zutritt ins Zimmer als seine Tochter. Marmaduke hatte die tiefe Betrübniß, die ihn augenscheinlich bedrängte, einigermaßen auch Elisabeth mitgetheilt, denn ein kummervoller Blick beschattete ihre schönen Züge, und die Schwungkraft ihres lebensvollen Geistes war merklich gelähmt. Der junge Edwards, der mit Verwunderung Zeuge der plötzlichen Veränderung bei den Hauptgliedern der Familie war, bemerkte sogar, wie sich einmal eine Thräne über Miß Temple's Wange stahl und ihre leuchtenden Augen mit einer Weichheit übergoß, welche gewöhnlich bei ihr nicht zu finden war.

„Haben Sie schlimme Nachrichten erhalten, Miß Temple?“ fragte er mit einer Theilnahme, welche Luise Grant veranlaßte, mit einer Raschheit, über welche sie selbst erröthete, ihr Antlitz von ihrer Arbeit zu erheben. „Ich würde gerne Ihrem Vater meine Dienste anbieten, wenn er, wie ich vermuthe, an irgend einem fernen Orte eines Agenten bedarf, sobald ich hoffen dürfte, daß es zu Ihrer Beruhigung beitrüge.“

„Wir haben allerdings schlimme Kunde vernommen,“ versetzte Elisabeth, „und mein Vater wird wohl für eine Weile die Heimath verlassen müssen, wenn ich ihn nicht überreden kann, das Geschäft meinem Vetter Richard anzuvertrauen, obgleich auch seiner Abreise aus dem Bezirke dermalen Hindernisse im Weg stehen dürften.“

Der Jüngling schwieg eine Weile und das Blut stieg langsam nach seinen Schläfen, während er fortfuhr:

„Wenn das Geschäft von der Art wäre, daß ich es ausführen könnte — —“

„Es ist ein solches, daß es nur Jemanden, den wir kennen nämlich Einem von den Unsrigen anvertraut werden kann.“

„Ich hoffe, daß Sie mich kennen, Miß Temple,“ fügte er mit einer Wärme bei, die er selten an Tag legte, die aber doch bei ihren früheren Mittheilungen nicht ganz ohne Vorgang war. „Habe ich fünf Monate unter ihrem Dache geweilt, um nur als ein Fremder betrachtet werden zu können?“

Elisabeth war gleichfalls mit ihrer Nadel beschäftigt, und sie beugte ihr Haupt zur Seite, indem sie that, als ob sie ihr Nähzeug ordne; aber ihre Hand bebte, ihr Antlitz erglühte, und ihre Augen verloren ihre Feuchtigkeit in einem Ausdrucke ununterdrückbarer Theilnahme, als sie erwiederte:

„Aber wie viel wissen wir von Ihnen, Herr Edwards?“

„Wie viel?“ wiederholte der Jüngling, indem er von der

Spcrecherin auf Luisens mildes Antlitz blickte, auf welchem sich gleichfalls Neugierde abmalte. „Wie viel? Bin ich nicht lange genug ihr Hausgenosse gewesen, daß man mich wohl hätte kennen lernen können?“

Elisabeth's Haupt richtete sich langsam aus ihrer erkünstelten Haltung auf, und der Blick der Verwirrung, der sich so lebhaft mit dem Ausdrucke der Theilnahme gemischt hatte, ging in ein Lächeln über. '

„Wir kennen Sie allerdings, Sir: Sie nennen sich Oliver Edwards und haben, dem Vernehmen nach, meiner Freundin Miß Grant mitgetheilt, daß Sie ein Eingeborener wären — —“

„Elisabeth!“ rief Luise, bis über die Schläfe erröthend, und wie Espenlaub bebend; „Sie haben mich nicht recht verstanden, liebe Miß Temple; ich — ich — es war nur eine Vermuthung von mir. Außerdem — wenn Herr Edwards auch mit den Eingeborenen verwandt ist, warum sollten wir ihm dieß zum Vorwurf machen? Worin sind wir besser? Wenigstens ich, die ich nur das Kind eines armen heimathlosen Geistlichen bin.“

Elisabeth schüttelte mit einem zweifelnden Lächeln ihren Kopf ohne jedoch etwas zu erwiedern, bis sie des wehmüthigen Ausdrucks gewahrte, der, bei dem Gedanken an die Armuth und die Mühen ihres Vaters, das Antlitz ihrer Gefährtin überflog; dann fuhr sie fort:

„Nein Luise; Ihre Demuth führt Sie zu weit. Die Tochter eines Dieners der Kirche steht hoch genug, um Niemand über sich anzuerkennen. Weder ich noch Herr Edwards kann sich ganz zu Ihres Gleichen zählen, wenn er nicht —“ fügte sie abermals lächelnd bei — „im Geheimen ein König ist.“

„eun treuer Diener des Königs der Könige, Miß Temple, ist Niemand auf Erden untergeordnet,“ sagte Luise; „aber doch gibt es einen Unterschied der Stände, und ich bin nur das Kind eines armen undfreudlosen Mannes, das auf keine andere Auszeichnung Anspruch machen kann. Warum sollte ich mich also erhaben über Herrn Edwards fühlen – weil — weil — er in einem sehr entfernten Grade mit John Mohegan verwandt ist?“

Bedeutungsvolle Blicke wurden zwischen der Erbin und dem jungen Mann gewechselt, als Luise, indem sie seine Abstammung vertheidigte, ihr Widerstreben an Tag legte, ihn mit dem alten Krieger in eine nähere Verbindung zu bringen; aber weder sie noch er erlaubten sich auch nur ein Lächeln über die Einfalt der Predigerstochter. —

„Wohl erwogen, muß ich zugestehen, daß meine Stellung hier im Hause etwas Zweideutiges hat,“ begann Edwards, „obwohl ich sagen darf, daß sie mit meinem Blute erkauft wurde.“