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Der ungeheuere Bullenbeißer, dessen wir bereits erwähnt, erschien vor seiner Hütte und gähnte und reckte sich in träger Schläfrigkeit. Aber als seine Gebieterin abermals rief — „komm, lieber Brave; Du hast vordem Deinen Herrn treue Dienste geleistet; laß einmal sehen, wie Du Deine Pflicht bei seiner Tochter erfüllst —“ so wedelte der Hund mit dem Schwanze, als verstehe er die Worte, schritt stattlich an ihre Seite hin, setzte sich nieder und sah zu ihrem Antlitz mit einem Verstande auf, der dem, welcher aus den liebenswürdigen Zügen seiner Herrin blitzte, nur wenig nachzugeben schien.

Sie nahm ihren Spaziergang wieder auf, machte aber nach einigen Schritten abermals Halt, und fügte in einem versöhnlichen Tone bei:

„Sie können uns gleichwohl einen Dienst leisten, der Ihnen, wie ich vermuthe, angenehmer seyn dürfte. Herr Edwards — wenn Sie uns nämlich ein Paar von Ihren Lieblingsbarschen für die Mittagstafel besorgen.“

Sie ging weiter, ohne zurück zu blicken und zu sehen, wie der Jüngling diese Zurückweisung aufnahm; dagegen wandte sich, noch ehe sie das Thor erreichten, Luisens Kopf mehrere male um.

„Ich fürchte, Elisabeth,“ begann sie, „daß wir Herrn Oliver gekränkt haben. Er steht noch immer an seine Angelruthe gelehnt, wo wir ihn verlassen haben. Er mag uns wohl für stolz halten.“

„Dann hat er Recht,“ rief Miß Temple, wie aus einem tiefen Traume erwachend; „dann hat er vollkommen Recht. Wir sind zu stolz, um von einem jungen Mann in einer so zweideutigen Lage derartige Aufmerksamkeiten anzunehmen, — Ja wohl! — ihn zum Begleiter unserer geheimsten Spaziergänge zumachen! Es ist Stolz, Luise, aber es ist der Stolz eines Weibes.“

Es stund mehrere Minuten an, ehe Oliver sich aus der gedankenvollen Stellung erhob, in welcher ihn Luise zuletzt gesehen hatte; aber als er es endlich that, murmelte er rasch und unzusammenhängend etwas vor sich hin, warf seine Angelruthe über seine Schulter und schritt mit der stolzen Haltung eines Kaisers die Allee hinab durch das Thor und auf einer der Straßen des Dorfes weiter, bis er das Seeufer erreichte. Es lagen dort Boote für den Gebrauch des Richters Temple und seiner Familie. Der junge Mann warf sich in einen leichten Nachen, ergriff das Ruder und trieb sein Fahrzeug mit kräftigen Armen über den See hin, auf Lederstrumps Hütte zu. Nachdem er eine Weile gerudert hatte, wurden seine Gedanken weniger bitter; und als er die Büchse, die vor Natty's Wohnung das Ufer säumten, an sich vorbei gleiten sah, wie wenn ihnen die Bewegung angehörte, die doch nur durch seine Anstrengung herbei geführt wurde, so fühlte er sein Gemüth abgekühlt, obgleich sein Körper noch erhitzt war. Leicht möglich, daß der wahre Grund, welcher Miß Temple bei ihrem Benehmen geleitet, einem Manne von Oliver's Erziehung und Bildung nicht entging; und wenn dieß der Fall war, so mußte Elisabeth eher in seiner Achtung steigen als fallen.

Er nahm nun das Ruder aus dem Wasser, und das Boot schoß fest auf das Land. wo es sich leicht in den von ihm selbst hervor gerufenen Wellen bewegte, während der junge Mann, nachdem er sich zuvor spähend in jeder Richtung umgesehen halte, eine kleine Pfeife an den Mund brachte und einen langen geltenden Ton vernehmen ließ, welchen das Echo der Felsen bei der Hütte weithin wiederhallte. Auf diese Störung eilten Nattys Hunde aus ihren Rindenhütten und begannen ein langes, klägliches Geheul. Indem sie wie toll in dem Bereiche der hirschledernen Riemen, womit sie angebunden waren, auf und ab rannten.

„Ruhig, ruhig, Hector,“ sagte Oliver, indem er seine Pfeife abermals an den Mund setzte und einen noch schrilleren Ton als vorhin hervorlockte. Es erfolgte keine Erwiederung, da die Hunde bei dem Klange seiner Stimme wieder in ihre Hütten zurückgekrochen waren.

Edwards zog das Boot auf's Ufer, stieg das Gestade hinan und näherte sich der Hütte. Die Riegel waren bald entfernt, und nachdem er eingetreten, schloß er die Thüre hinter sich ab. Alles war so still an diesem abgelegenen Orte, als ob hier nie der Fuß eines Menschen die Wildniß betreten hätte. Die Töne von Hämmern, welche unabläßig im Dorfe in Bewegung waren, ließen sich nur schwach über den See herüber vernehmen; und die Hunde hatten sich in ihr Quartier verkrochen, zufrieden gestellt, daß niemand Fremdes sich dem verbotenen Grunde genähert hatte.

Es verging eine Viertelstunde, ehe der Jüngling wieder zum Vorschein kam, worauf er die Thüre verriegelte und die Hunde liebkoste. Letztere kamen auf die wohlbekannten Töne hervor, und Slut hüpfte an Oliver hinauf, als bäte sie ihn, sie aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Aber der alte Hector erhob seine Nase in den leichten Luftstrom und begann ein langes Geheul, das man wohl auf eine Meile hätte hören können.

„Ha! witterst Du Etwas, alter Waldveteran?“ rief Edwards. „Ist's ein Thier, so ist es ein kühnes; meinst Du aber einen Menschen damit, so ist es ein unverschämter Bursche.“

Er kletterte über den Wipfel einer an der Seite niedergefallenen Fichte nach einem kleinen Hügel, welcher im Süden die Hütte beschützte, und gewahrte der leibhaftigen Gestalt Hiram Doolittle's, wie er mit einer für einen Architekten ganz ungewöhnlichen Geschwindigkeit in den Büschen verschwand.

„Was kann der Kerl hier wollen?“ murmelte Edwards. „Er hat nichts in dieser Gegend zu schaffen, wenn ihn nicht allenfalls die Neugierde hieher führt, die in diesen Wäldern endemisch ist. Dafür soll ihm aber gethan werden, obschon ihn vielleicht die Hunde, durch sein häßliches Gesicht abgeschreckt, passiren lassen.“

Der Jüngling wandte sich währen dieses Selbstgesprächs wieder nach der Thüre und schloß sie vollends ab, indem er eine kleine Kette durch einen Ring zog und sie daselbst durch ein Vorlegschloß befestigte.

„Er ist ein Zungendrescher,“ fuhr er fort, „und kennt vielleicht Mittel, wie man unrechtmäßiger Weise in eines Andern Haus kömmt.“

Augenscheinlich sehr zufrieden mit dieser Vorkehrung, beschwichtigte der Jüngling die Hunde, worauf er wieder an das Ufer hinabstieg, den Nachen vom Stapel ließ, das Ruder aufnahm und in den See stach.

Es gab mehrere Plätze in dem Otsego, wo man die Barschfischerei mit gutem Erfolge betreiben konnte. Einer derselben lag ziemlich in der Nähe der Hütte und ein anderer, noch weit besserer, befand sich etwa anderthalb Meilen weiter oben auf derselben Seite, unter einem Vorsprung des Gebirgs. Oliver Edwards ruderte sein Fahrzeug nach dem ersteren, wo er eine Minute unschlüssig weilte, ob er da bleiben solle, um mit seinen Augen die Thüre der Hütte bewachen zu können, oder ob es nicht besser wäre, seinen Grund zu wechseln, um vielleicht einen besseren Braten zu fangen. Während er so umher blickte, sah er an der ergiebigeren Stelle den hellfarbigen Rindenkahn seiner alten Gefährten liegen, in welchem sich zwei Personen befanden, die er bald für Mohegan und Lederstrumpf erkannte. Dieß gab den Ausschlag; der Jüngling befand sich in wenigen Minuten an dem Orte, wo seine Freunde fischten, und befestigte sein Boot an dem leichten Fahrzeug des Indianers.

Die beiden Alten empfingen Oliver mit einem freundlichen Kopfnicken; aber keiner zog seine Leine aus dem Wasser oder änderte auch nur im Mindesten seine Beschäftigung. Als Oliver sein eigenes Boot in Sicherheit gebracht hatte, steckte er einen Köder an die Angel und warf sie, ohne ein Wort zu sprechen, in den See.

„Habt Ihr an dem Wigwam gehalten, junger Mann, als Ihr vorbeirudertet?“ fragte Natty.

„Ja, und ich fand Alles wohl verwahrt. Aber der Zimmermann und Friedensrichter, den sie Squire Doolittle nennen, streift durch die Wälder. Ich verschloß die Thüre gehörig, ehe ich die Hütte verließ, und ich denke, er ist zu feig, um den Hunden zu nahe zu kommen.“

„Man kann nicht viel zum Vortheile dieses Mannes sagen,“ versetzte Natty, während er einen Barsch herauf holte, und seinen Hacken mit einem neuen Köder versah. „Er hat ein ungemeines Verlangen, in die Hütte zu kommen — und sagte mir dieß sogar ins Gesicht; aber ich speißte ihn mit Ausflüchten ab so daß er jetzt nicht weiser ist als Salomon. Es kommt von den vielen Gesetzen her, daß man einen solchen Menschen zum Ausleger derselben berufen hat.“