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„Und wo war das?“ fragte Edwards, dessen Neugierde durch die einfache Beschreibung des Jägers lebhaft aufgeregt war.

„es gibt einen Fall in den Bergen, wo die Wasser von zwei kleinen, ziemlich nahe bei einander gelegenen Teichen ihre Dämme durchbrechen und über die Felsen ins Thal hinunter stürzen. Der Strom wäre vielleicht gerade kräftig genug, um eine Mühle zu treiben, wenn ein solches unnützes Ding in der Wildniß nöthig wäre. Aber die Hand, welche diesen ,Wassersprung‘ schuf, hat nie eine Mühle gemacht. Die klare Flüssigkeit krümmt und windet sich unter den Felsen fort — zuerst so langsam wie ein Forellenbach, dann rascher und rascher, wie ein gehetztes Thier, bis sie zu einer Stelle kömmt, wo sich das Gebirg in der Weise eines gespalteten Hirschhufs theilt und eine tiefe Höhle bildet, in welche sie hinunter stürzt. Das Wasser prallt zum ersten Male fast um zweihundert Fuß weiter unten auf und sieht, noch ehe es den Bodenberührt, wie eine Wolke treibenden Schnees aus; von hier aus sammelt sich's wieder zu einem neuen Sturze, und sprudelt vielleicht fünfzig Fuß weit in einem flachen Felsbette fort, ehe es eine weitere hundert Fuß hohe Cascade bildet, und nun stürmt es von Gesims zu Gesims, bald da hin, bald dort hin, voll Verlangen, der Felskluft zu entkommen, bis es endlich in der Ebene anlangt.“

„Ich habe früher nie Etwas von dieser Stelle gehört; auch ist ihrer in keinem Buche erwähnt.“

„Ich habe Tag meines Lebens nie in einem Buche gelesen,“ entgegnete Lederstrumpf; „und wie sollte ein Mann, der nur in den Städten gelebt hat, etwas von den Wundern der Wälder wissen? Nein, nein, Junge; jener kleine Wasserstrom spielt unter den Bergen seit der Schöpfung der Erde, und kein Dutzend weißer Menschen hat ihn je gesehen. Der Fels bildet zu beiden Seiten des Falles, wie ein Gemäuer, eine Halbrundung, und in einer Weite von fünfzig Fußen von dem Boden ab steht ein Gesims über dem andern; saß ich dann an dem Fuße des ersten Aufpralls, so sahen meine Hunde nicht größer als Kaninchen aus, wenn sie in die Höhlen hinter dem Wasserguße hinunter liefen. Meiner Ansicht nach, Junge, ist dieß der schönste Anblick, dem ich je in den Wäldern begegnet bin, und ich darf wohl sagen, daß Niemand weiß, wie oft sich die Hand Gottes in einer Wildniß blicken läßt, wenn er nicht ein Menschenalter darin zugebracht hat.“

„Was wird aus dem Wasser? In welcher Richtung läuft es? zahlt es dem Delaware seinen Tribut?“

„Wie?— fragte Natty.

„Fließt das Gewässer in den Delaware?“

„Nein, nein; es ist ein Tropfen für den alten Hudson und hat eine lustige Zeit, bis er sich durch das Gebirge Bahn gebrochen. Ich habe manche lange Stunde auf einem Felsvorsprung gesessen, Junge, und während ich die an mir vorbeischießenden Wasserblasen betrachtete, machte ich mir so meine Gedanken, wie lange es wohl anstehen dürfte, ehe dieses Wasser, welches für die Wildniß gemacht zu seyn scheint, den Kiel eines Schiffes bespühlt und mit den Wogen des Salzwassers umher treibt. Die Stelle ist sehr geeignet, einen Menschen feierlich zu stimmen. Man kann gerade in das Thal hinunter sehen, das ostlich von der Hochspitze liegt und wo im Herbst tausend und aber tausend Morgen Waldes in ihren, gleich zehntausend Regenbogen wechselnden Farben die Seiten der tiefen Gebirgseinschnitte bekleiden. Das ist ein Schauspiel, wo die Hand des Menschen noch nicht in die Ordnung der göttlichen Vorsehung eingegriffen hat.“

„Ihr werdet ganz zum Dichter, Lederstrumpf,“ rief der Jüngling.

„Wie?“ fragte Natty.

„Die Rückerinnerung an jene Scene hat Euer Blut erwärmt, alter Mann. Wie viele Jahre ist es, seit Ihr den Ort zum letzten Mal gesehen?“

Der Jäger gab keine Antwort, sondern neigte sein Ohr gegen die Wasserfläche, eine Stellung, in welcher er mit verhaltenem Athem verblieb und mit großer Spannung aufhorchte, als vernehme er entfernte Töne. Endlich richtete er den Kopf wieder auf und sagte:

„Hätte ich die Hunde nicht eigenhändig mit frischen, starken hirschledernen Riemen angebunden, so wollte ich auf die Bibel schwören, daß ich den alten Hector auf dem Gebirge bellen hörte.“

„Nicht möglich!“ entgegnete Edwards. „Es ist noch keine Stunde, daß ich ihn in seiner Hütte sah.“

Inzwischen hatte sich auch Mohegan's Aufmerksamkeit den Tönen zugewendet; aber obgleich der Jüngling mit stummer Achtsamkeit anfhorchte, so konnte er doch nichts als das Brüllen einiger Rinder auf den westlichen Bergen unterscheiden. Er sah den alten Mann an, während Natty, die Hand an's Ohr gehalten, um die Schallfläche zu vergrößern, da saß, und Mohegan, mit vorwärts gebeugtem Körper und bis zur Höhe seines Gesichtes ausgerecktem Arme den Zeigefinger erhob, um Stille zu gebieten. Endlich lachte Edwards laut hinaus über die Aufmerksamkeit seiner beiden Begleiter auf die — wie es ihm dünkte — erträumten Töne.

„Lacht, wie Ihr wollt, Junge, sagte Lederstrumpf; „die Hunde sind draußen und jagen einem Hirsch nach. In einer solchen Sache trügt mein Ohr nicht. Ich wollte es mich ein Bieberfell kosten lassen, wenn es anders wäre. Nicht, als ob ich mich um das Gesetz kümmerte; aber das Wildpret ist gegenwärtig schlecht, und die dummen Teufel rennen sich für nichts und wieder nichts das Fleisch von den Beinen ab. Hört Ihr sie noch immer nicht?“

Edwards fuhr auf, als ein deutlicher Ton an sein Ohr schlug, der ursprünglich durch dazwischen liegende Berge gedämpft schien, dann aber in wirren Echo von den Felsen wiedertönte, an denen

die Hunde vorbei jagden. Endlich erhob sich ein tiefes und hohles Bellen, das gerade aus dem unmittelbar am Seeufer gelegenen Forste hervor brach. Der Wechsel dieser Laute folgte sich mit wunderbarer Schnelligkeit, und während die Augen des jungen Mannes an dem Saume des Wassers hinstreiften, weckte ein Rauschen in dem nahe liegenden Ellern- und Hartriegelgebüsch seine Aufmerksamkeit. Im nächsten Augenblick wurde ein edler Bock sichtbar, der sich in den Wellen des Sees begrub. Ein lautes Geheul folgte, worauf Hector und die Slut durch die Oeffnung im Gebüsche schossen und gleichfalls in den See stürzten, die breite Brust muthig dem Wasser preisgebend.

Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Oft sucht die Spur er in bewegter Fluth

Zu bergen, kühlend das erhitzte Blut.

Thomson.

„Ich wußt' es ja — ich wußt' es ja!“ rief Natty, als er des Hirsches und der Hunde ansichtig wurde. „der Bock ist ihnen durch den Wind gelaufen, und da konnten sich die armen Schelme nicht mehr halten. Aber ich muß Ihnen die Gelüste vertreiben, sonst bringen sie mich in Ungelegenheiten. Herein! Herein! — An's Land mit Euch, ihr Schufte! Ans Land mit Euch — wollt Ihr? — Laß ab, alter Hector, oder ich will dir das Fell mit dem Ladestock hecheln, wenn ich über dich komme.“

Die Hunde erkannten die Stimme ihres Herrn, und nachdem sie in einem Kreise herumgeschwommen waren, als gäben sie nur ungern eine Jagd auf, die sie nicht fortzusetzen wagten, kehrten sie ans Land zurück, wo sie die Luft mit ihrem Heulen erfüllten.

Inzwischen war der geängstigte Hirsch weit über die Hälfte der zwischen dem Ufer und den Booten liegenden Entfernung in den See hinein geschwommen, ehe ihm sein Schrecken gestattete, die neue Gefahr zu bemerken. Aber bei dem Klnge von Natty's Stimme hielt er an, und schien einige Augenblicke Willens zu seyn, zurück zu eilen und den Hunden Trotz zu bieten. Der Rückzug in dieser Richtung war ihm jedoch wirksam abgeschnitten, weßhalb er eine Wendung machte und schräg nach dem Mittelpunkte des Sees schwamm, um an dem westlichen Ufer ans Land zu kommen. Als der Bock an den Fischern vorbei schwamm und dabei die Nase hoch in die Luft hob, während sein schlanker Hals das Wasser, wie der Schnabel einer Galleere, kräuselnd vor sich her trieb, begann Lederstrumpf in seinem Kahne unruhig zu werden.