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Der Richter antwortete nicht; aber seine Stirne war gedankenvoll gerunzelt, wie man es immer an ihm bemerkte, wenn er sich für etwas lebhaft interessirte, und seine Augen ruhten in gespannter Erwartung auf den Lippen seines Vetters, Richard fuhr fort —

„Es war Erz. Nun frage ich Dich, 'Duke, ob Du mir sagen kannst, wer dieser Oliver Edwards ist, den Du seit Weihnachten in Deinem Hause beherbergst?“

Marmaduke erhob abermals seine Augen, und antwortete nur mit einer stummen, verneinenden Kopfbewegung.

„Daß er ein Halbblut ist, wissen wir, denn Mohegan trägt kein Bedenken, ihn öffentlich seinen Verwandten zu nennen; und daß er eine gute Erziehung genossen hat, ist gleichfalls bekannt. Was aber sein Geschäft in dieser Gegend anbelangt — erinnnerst Du Dich noch, daß ungefähr einen Monat, ehe dieser junge Mann unter uns erschien, Natty mehrere Tage von Hause abwesend war? Du kannst es nicht vergessen haben, denn Du fragtest nach ihm, weil du einiuges Wildpret für das abschiedsmahl brauchtest, ehe Du 'Beß zu holen gingst. Er war damals nirgends aufzufinden. Der alte John bewohnte die Hütte allein, und als Natty wieder kam, sah man, obgleich er des Nachts einrückte, wie er einen jener Schlitten, in denen man das Korn zur Mühle führt, nachzog, und mit großer Sorgfalt etwas herausnahm, was er unter seinen Bärenhäuten bersteckte. Nun frage ich Dich, Richter Temple, was konnte einen Mann wie Lederstrumpf veranlassen, einen Schlitten zu machen, und eine Last über diese Berge nach sich zu schleppen, wenn er weiter nichts, als seine Büchse und seinen Schießbedarf bei sich hatte?“

„Man bedient sich oft solcher Schlitten zum Heimschaffen der Jagdbeute, und Du sagst, er sey mehrere Tage abwesend gewesen.“

„Wie hätte er jagen können, da seine Büchse zum Ausbessern im Dorfe war? Nein, nein, daß er sich an einem ganz ungewöhnlichen Orte befand, ist gewiß; daß er irgend ein Geheimniß mit sich zurück brachte, ist noch gewisser; und daß er seit der Zeit keiner Seele erlaubt hat, sich seiner Hütte zu nähern, ist das Gewisseste.“

„Er war nie ein Freund von zudringlichen Besuchen.“

„Ich weiß das,“ unterbrach ihn Richard; „aber hat er sie auch auf so unfreundliche Weise von seiner Hütte fortgetrieben? Vierzehn Tage nach seiner Rückkehr tritt dieser Edwards auf. Sie bringen ganze Tage in den Bergen zu, angeblich um zu jagen, in der That aber, um Nachforschungen anzustellen. Wegen des strengen Winters konnten sie damals nicht graben, und er machte sich einen glücklichen Zufall zu Nutze, um in ein ordentliches Quartier zu kommen. Aber selbst jetzt bringt er die Hälfte seiner Zeit in jener Hütte zu — wenigstens vergeht keine Nacht, ohne daß er ein paar Stunden dort ist. Sie schmelzen. 'Duke, sie schmelzen, und werden reich dabei, während Du arm wirst.“

„Wie viel von dieser Mittheilung kömmt auf Deine eigene Rechnung, und wie viel hast Du von Andern? — ich möchte gern den Weizen von der Spreu sichten.“

„Ein Theil davon beruht auf eigener Wahrnehmung, denn ich sah den Schlitten, obgleich derselbe ein paar Tage nachher zusammen geschlagen und verbrannt wurde. Ich habe Dir auch ferner gesagt, daß ich den alten Mann mit seinen Spaten und Karsten bemerkte. In der Nacht, als Natty mit seinem Schlitten ankam, begegnete ihm Hiram, bei Gelegenheit eines Ganges in's Gebirg, und da Hiram ein gutmüthiger Bursche ist, so erbot er sich ganz dienstfertig, dem alten Manne bei seiner Last zu helfen, denn er hatte schwer den Berg hinan zu ziehen. Natty wollte aber durchaus nichts davon wissen, und wies das Anerbieten in einer Weise zurück, daß der Squire erklärte, er habe im Sinne gehabt, ihm den Frieden aufzukündigen. Seit der Schnee gegangen und hauptsächlich seit der Grund aufgethaut ist, haben wir stets ein wachsames Auge auf den Alten gehabt, wobei uns Jotham gute Dienste leistete.“

Marmaduke wollten Richards Verbündete in dieser Angelegenheit nicht sonderlich zusagen: er kannte sie aber als schlaue und gewandte Leute, und da zuverläßig irgend etwas Geheimnißvolles nicht nur in der Verbindung des jungen Edwards mit den beiden Jägern, sondern auch in dem lag, was sein Vetter eben berichtet hatte, so begann er, sich die Umstände sorgfältiger zu erwägen. Bei weiterem Nachdenken erinnerte er sich verschiedener Vorfälle, welche den Argwohn bekräftigen halfen, und da Richard's Folgerungen mit einer seiner Schwächen zusammentrafen, so gab er sich desto bereitwilliger ihrem Eindrucke hin. Temple's zu allen Zeiten umfassender Geist hatte sich in Folge seiner eigenthümlichen Stellung dem Hange hingegeben, in allen Speculationen auf Verbesserungen von Grund und Boden sich schon die ferne Zukunft zu vergegenwärtigen. Wo andere Leute nichts als Wildniß gewahr werden konnten, sah sein Auge bereits Städte, Fabriken, Brücken, Canäle, Minen und alle anderen Hilfsquellen eines alten Landes, obgleich sein gesunder Verstand ihn einigermaßen verhinderte, solchen sauginischen Erwartungen Worte zu leihen.

Da der Sheriff seinem Vetter hinreichend Zeit ließ, über das Gehörte nachzudenken, so wurde es dem Letzteren mit jedem Augenblicke wahrscheinlicher, daß nur irgend ein geldverheißendes Abenteuer das bindende Glied in der Kette sey, welche Oliver Edwards in Lederstrumpf's Hütte geführt hatte. Marmaduke war aber zu sehr gewöhnt, einen Gegenstand aus verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten, als daß ihm die möglichen Einwürfe hätten entgehen sollen, weßhalb er vor sich hin murmelte —

„Es kann unmöglich so seyn, denn der junge Mensch wäre sonst wohl nicht an den äußersten Rand der Armuth getrieben worden.“

„Gibt es wohl einen augenfälligeren Grund, nach Geld zu graben, als die Armuth?“ rief der Sheriff.

„Außerdem verdankt Oliver seiner Erziehung eine gewisse Würde des Charakters, welche sich nicht mit einem so heimlichen Treiben verträgt.“

„Könnte ein unwissender Tropf wohl Metall schmelzen?“ fuhr Richard fort.

„'Beß sagte mir, er habe den letzten Schilling ausgegeben, als ich ihn in unsere Wohnung nahm.“ „Für das andere hat er Werkzeuge gekauft. Und würde er überhaupt seinen letzten Heller für einen Schuß auf einen Truthahn ausgegeben haben, wenn er nicht gewußt hätte, wo er mehr holen kann?“

„Sollte es möglich seyn, daß ich so lange zum Besten gehalten worden wäre? Sein Benehmen ist zuweilen roh gegen mich gewesen; aber ich schrieb es dem Umstande zu, daß er wähnt, durch mich beeinträchtigt zu seyn, und daß er sich in die Veränderungen, welche die Zeit mit sich führt, nicht recht zu finden weiß.“

Hat man Dich nicht Dein ganzes Leben über zum Besten gehalten. 'Duke? und kann er sich nicht schlauer Weise anstellen, als wisse er nichts von den Verhältnissen der Zeit, nur um seinen wahren Charakter zu verbergen?“

„Wenn er es auf Täuschung abgesehen hätte, so würde er wohl seine Kenntnisse verborgen haben und in der Maske eines untergeordneten Menschen aufgetreten seyn.“

„So etwas geht nicht so leicht. Ich könnte ebenso gut einen Versuch mit dem Fliegen machen, als einen Pinsel spielen. Kenntnisse lassen sich nicht verbergen, wie ein Licht unter einem Scheffel.“

„Richard,“ sagte der Richter, an seinen Vetter gewendet, „es gibt viele Gründe gegen die Wahrheit meiner Vermuthungen, aber Du hast einen Verdacht in mir geweckt, den ich zur Gewißheit bringen muß. Doch wohin jetzt unsere Wanderung?“

„Jotham, der in meinem und Hirams Auftrage sich im Gebirge viel aufgehalten, hat eine Entdeckung gemacht, welche er zur Zeit noch nicht mittheilen will, da er, wie er sagt, durch einen Eid gebunden ist. Nur so viel ist gewiß, daß er weiß, wo das Erz liegt, und daß er zu graben angefangen hat. Ich wollte ohne Dein Vorwissen nicht darauf eingehen, 'Duke, weil das Land Dein Eigenthum ist. Und nun kennst Du den Zweck unseres Rittes. Ich nenne dieß eine Gegenmine — Ha! ha!“