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„Und wo wäre die ersehnte Stelle?“ fragte der Richter mit halb scherzender, halb ernster Miene.

„Nicht mehr weit; und wenn wir sie besucht haben, so will ich Dir einen von den Plätzen zeigen, den wir vor einer Woche aufgefunden, und wo seit sechs Monaten unsere Jäger ihr Wesen getrieben haben.“

Die beiden Retter fuhren fort, den Gegenstand zu besprechen, während ihre Pferde über die Baumzweige und den unebenen Boden des Gebirgs weiter trabten. Sie erreichten bald das Ziel ihrer Reise und fanden daselbst Jotham bis an den Hals in einem Loche stecken, welches er ausgegraben hatte.

Marmaduke fragte den Minirer umständlich über die Gründe aus, welche denselben veranlaßt hatten, gerade in dieser Gegend das kostbare Metall aufzusuchen; aber der Kerl entfaltete eine beharrliche Geheimnißthuerei in seinen Antworten. Er behauptete, aus gewichtigen Gründen zu handeln, und fragte den Richter mit einem Ernste, welcher bewies, wie fest sein Glaube war, wie viel ihm von dem Gewinne zu Theil werden sollte, wenn seine Bemühungen zu einem Erfolge führten. Nachdem der Richter eine Stunde in der Stelle verweilt, das Gestein untersucht und nach den gewöhnlichen Anzeigen, welche die Nähe von Erz verkünden, gespäht hatte, ließ er sich von seinem Vetter nach der Stelle führen, wo das geheimnißvolle Triumvirat seine Grabversuche angestellt hatte.

Der von Jotham ausgewählte Ort befand sich an der Rückseite des Berges, welcher gegen Lederstrumpfs Hütte überhing; und der von Natty und seinen Gefährten gewählte Platz befand sich auf der andern Seite desselben Berges, aber oberhalb des Fahrwegs und natürlich in einer Richtung, derjenigen ganz entgegen gesetzt, welchen die Damen für ihren Spaziergang eingeschlagen hatten.

„Wir können uns jetzt ohne Störung der Stelle nähern,“ sagte Richard, während sie abstiegen und ihre Pferde anbanden, „denn ich habe, ehe wir von Hause weggingen, John und Lederstrumpf in ihrem Kahne fischen sehen, und Oliver ist in derselben Absicht ausgezogen. Vielleicht thun sie's aber blos zum Scheine, um unsere Augen zu verblenden; wir wollen uns daher beeilen, denn es wäre doch gerade nichts Angenehmes, wenn sie uns hier überraschten.“

„Wie? auf meinem eigenen Grund und Boden?“ versetzte Marmaduke ernst. „Wenn es so ist, wie Du vermuthest, so sollen sie mir den Grund angeben, warum sie hier gegraben haben.“

„St,“ entgegnete Richard, indem er einen Finger an seine Lippen legte und einen sehr mühsamen Abhang hinab zu einer Art natürlicher Höhle in dem Felsen, welche einem Feuerplatze nicht unähnlich war — voranging. An der Vorderseite dieser Höhle lag ein Haufen Erde, welche augenscheinlich aus dem Innern herausgeschafft worden und zum Theil noch frisch war. Eine Untersuchung des Aeußern brachte den Richter nicht in's Klare, ob er es hier mit einem Naturspiele oder einem Werke von Menschenhand aus irgend einer früheren Periode zu thun habe. Das Innere aber ließ keinen Zweifel, daß es seine Gestaltung menschlicher Bemühung verdankte, denn an dem weichen, bleifarbigen Fels, der sich den Fortschritten der Minirer in den Weg gelegt hatte, waren noch die Spuren der Eisenwerkzeuge zu entdecken. Das Ganze bildete eine ungefähr zwanzig Fuß weite und fast noch einmal so tiefe Höhle. Die Höhe war weit beträchtlicher als dieß gewöhnlich bei einem solchen Versuche der Fall ist, was aber augenscheinlich Wirkung des Zufalls war, da der Fels oben dachförmig überhing und um viele Fuß gegen die Basis vorsprang. Unmittelbar vor dieser Felsennische befand sich eine kleine, theils durch die Natur, theils durch die von den Arbeitern sorglos herausgeworfene Erde gebildete Terasse. Vor derselben fiel das Gebirg steil ab, so daß die klippenreichen Seitenzugänge schwierig und sogar etwas gefährlich waren. Der ganze Schauplatz war wild, roh und augenscheinlich unvollendet; und als sich der Sheriff in dem Gebüsch umsah, fand er die Werkzeuge vor, welche bei der Arbeit benützt worden waren.

Als Richard glaubte, sein Vetter habe die Stelle hinreichend untersucht, fragte er feierlich:

„Bist Du jetzt befriedigt, Richter Temple?“

„Ich habe mich allerdings überzeugt, daß hier etwas Geheimnißvolles und Seltsames vorgeht. Es ist ein schlau gewählter, abgelegener Ort; aber doch sehe ich keine Spur von Erz.“

„Du wirst doch nicht meinen, Vetter, daß man Gold und Silber wie Kieselsteine auf der Oberfläche der Erde findet — Dollars und Dimes, [Der zehnte Theil eines Dollars, oder zehn Cents.] bereits ausgeprägt, daß man sie nur auszugeben braucht? Nein, nein — der Schatz muß erst gesucht werden, ehe man ihn benützen kann. Aber laß sie nur graben; ich will schon entgegen miniren.“

Der Richter besichtigte sich die Stelle genau und notirte in seinem Gedenkbuch Merkmale, welche es ihm möglich machten, dieselbe auch ohne Richard aufzufinden; dann kehrten sie zu ihren Pferden zurück.

Als sie die Landstraße erreicht hatten, trennten sie sich — der Sheriff, um vierundzwanzig „gute und getreue Männer“ aufzubieten, die am nächsten Montage, an welchem Marmaduke Gerichtsitzung hielt, als Gehilfen der Obrigkeit functioniren sollten; der Richter, um nach Hause zurückzukehren, wobei er sich mit ernstlichen Gedanken über das, was er im Laufe des Morgens gesehen und gehört hatte, beschäftigte.

Als das Pferd des Letzteren an die Stelle gelangte, wo sich die Landstraße gegen das Thal senkte, ließ Marmaduke sein Auge auf derselben Scene ruhen, welche zehn Minuten vorher so beruhigend auf die Gefühle seiner Tochter und ihrer Freundin, nachdem sie aus dem Walde aufgetaucht, gewirkt hatten; aber die Gegenstände schwebten nur wirre vor seinen Blicken. Er ließ seinem sichern Thiere die Zügel, und gestattete demselben, nach Belieben weiter zu traben, während er folgendermaßen mit sich selber sprach —

„Es mag doch mehr hinter dieser Suche stecken, als ich anfangs dachte. — Ich habe meinen Gefühlen die Herrschaft über die Vernunft eingeräumt, indem ich einem Unbekannten in dieser Weise Eingang in mein Haus gestattete; — doch wir leben in einem Lande, wo man Argwohn nicht aufkommen lassen darf. Ich will Lederstrumpf rufen lassen, und einige offene Fragen werden diesem alten, einfachen Manne wohl die Wahrheit entlocken.“

In diesem Augenblicke wurde der Richter Elisabeth's und Luisens ansichtig, die in kurzer Entfernung langsam den Berg hinabstiegen. Er drückte seinem Roß die Sporen in die Seite, ritt auf sie zu, saß ab, und führte sein Pferd auf dem engen Pfade am Zügel. Während der bewegte Vater auf die lebendige Schilderung horchte, welche ihm seine Tochter von ihrer kürzlichen Gefahr und ihrem unverhofften Entrinnen gab, wichen alle Gedanken an Minen, Herrenrechte und Verhöre vor der Aufregung des Augenblicks; und wenn ihm jetzt Natty's Bild vor das geistige Auge trat, so war es nicht das eines gesetzlosen, diebischen Squatters, sondern das des Retters seines Kindes.

Dreißigstes Kapitel.

Der Richter spricht es; dem Gesetz sein Recht!

Kaufmann von Venedig.

Remarkable Pettibone, welche, in Betracht der Ruhe und Behaglichkeit ihrer Stellung, die ihrem Stolze beigebrachte Wunde bereits verschmerzt hatte und sich noch immer in der Familie des Richters Temple befand, wurde nun beauftragt, Luise nach der bescheidenen Wohnung, welche Richard bereits „die Rectorei“ benamst hatte, zu führen, wo sie bald in den Armen ihres Vaters lag.

Inzwischen blieben Marmaduke und seine Tochter mehr als eine Stunde im Zimmer eingeschlossen, und wir wollen uns keinen Eingriff in das Heiligthum elterlicher Liebe gestatten, indem wir etwa das dort statthabende Gespräch mittheilten.