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Sobald sich der Vorhang vor dem Leser wieder anfthut, steht er den Richter mit einem wehmüthig zärtlichen Zug über seinem Gesichte im Zimmer auf und abgehen, während seine Tochter mit gerötheten Wangen und Augen, welche in Krystall zu schwimmen schienen, auf ein Canapee zurückgelehnt sitzt.

„Das war Hilfe in der Noth! Ja, gewiß, das war Hilfe in der Noth, mein Kind!“ rief der Richter. „Du hast also Deine Freundin nicht verlassen wollen, meine wackere 'Beß?“

„Ich glaube allerdings, standhaft ausgehalten zu haben,“ versetzte Elisabeth, „wenn ich gleich sehr zweifle, ob mich die Flucht etwas genützt haben würde, selbst wenn ich so viel Muth gehabt hätte, diesen Ausweg einzuschlagen. Aber ich dachte nicht einmal daran.“

„An was dachtest Du denn, meine Liebe? Womit beschäftigten sich Deine Gedanken vorzugsweise in jenem schrecklichen Augenblick?“

„Mit dem Thier! mit dem Thiere!“ rief Elisabeth, das Antlitz mit ihrer Hand bedeckend. „Oh! ich sah nichts, ich dachte an nichts, als an das Thier. Ich versuchte zu beten; aber das Entsetzen hatte mich zu sehr ergriffen — die Gefahr lag zu nahe vor meinen Augen.“

„Nun, Gottlob! DU bist gerettet, und wir wollen nicht mehr bei einer so unangenehmen Scene verweilen. Ich hätte mir's nicht gedacht, daß noch ein solches Thier in unsern Forsten hauste; aber wenn sie der Hunger treibt, so verlieren sie sich oft weit von ihren gewohnten Schlupfwinkeln und — —“

Ein lautes Pochen an der Thüre unterbrach hier die Rede des Richters; und auf das entsprechende „Herein“ that sich die Thüre auf und ließ benjamin erkennen, dessen verlegenes Gesicht bekundete, daß er fühlte, er komme mit einer sehr ungelegenen Meldung.

„Squire Doolittle ist unten, begann der Majordomo. „Er letzt sich im Hofe bei einem Glas und hat Etwas auf demHerzen, das er von sich stauen will. Ich sagte ihm zwar: ,Mann,‘ sagte ich, ,wollt Ihr mit Klagen an Bord kommen,‘ sagte ich, ,wenn der Richter eben erst sein eigenes Kind, so zu sagen, aus dem Rachen des Löwen gerettet hat?‘ Aber der verdammte Kerl hat auch kein Bischen Manier — ebenso wenig, als ob er einer von den Guineas in der Küche drunten wäre; und da er immer näher und näher an's Haus heran segelte, so konnte ich nichts Besseres thun, als Euer Gnaden wissen zu lassen, daß der Kunde vor Anker liegt.“

„Er hat wohl ein wichtiges Anliegen, „entgegnete Marmaduke; „wahrscheinlich etwas auf sein Amt Bezügliches, da nächstens Gerichtssitzung gehalten wird.“

„Ja, ja, es ist so, Sir,“ rief Benjamin. „es handelt sich dabei um eine Klage gegen den alten Lederstrumpf, der aber, nach meiner Ansicht, jedenfalls der bessere Mann von den zweien ist. Meister Bumppo ist von gutem Schrott und Korn, und weiß mit einem Spieß umzugehen, als ob er an Bord einer Capitainsbarke erzogen oder mit einem Bootshacken in der Hand geboren worden wäre.“

„Gegen Lederstrumpf?“ rief Elisabeth, sich aus ihrer geneigten Lage aufrichtend.

„beruhige Dich, mein Kind; ohne Zweifel eine Kleinigkeit. Ich glaube, ich habe bereits von seinem Anliegen gehört. Verlaß Dich d'rauf, 'Beß, ich will dafür sorgen, daß Dein Kämpe keine Gefahr läuft. Führt Herrn Doolittle ein, Benjamin.“

Miß Temple schien sich bei dieser Versicherung zu beruhigen; ihre dunkeln Augen blieben aber fest auf die Person des Architecten gerichtet, als dieser unmittelbar von der Erlaubniß Gebrauch machte und eintrat.

Hiram's Ungeduld schien, so bald er im Zimmer war, zu verschwinden. Er grüßte den Richter und seine Tochter, nahm den Stuhl, auf welchen Marmaduke deutete, blieb eine Minute sitzen, wobei er sich sein struppiges, schwarzes Haar mit einer Würde, welche seiner amtlichen Stelle Ehre machen sollte, niederstrich, und begann endlich —

„Dem Vernehmen nach ist Miß Temple auf dem Gebirg in eine gefährliche Nähe mit den Panthern gekommen.“

Marmaduke machte nur eine leichte, bejahende Kopfbewegung, ohne zu sprechen.

„Ich glaube, es steht eine gesetzliche Belohnung auf den Scalpen, fuhr Hiram fort, „und in diesem Falle hat Lederstrumpf ein gutes Geschäft dabei gemacht.“

„Ich werde Sorge tragen, daß ihm seine Belohnung zu Theil werde,“ erwiederte der Richter.

„Ja, ja; ich kann mir's wohl denken. Niemand in der Gegend zweifelt an des Richters Großmuth. Darf ich wohl fragen, ob der Sheriff hinsichtlich des Lesepultes oder des Diaconus-Standes unter der Kanzel zu einem Entschluß gekommen ist?“

,Mein Vetter hat in der letzten Zeit nichts über diesen Gegenstand gesprochen,“ versetzte Marmaduke.

„So viel ich schließen kann, werden wir dießmal eine ziemlich langweilige Gerichtssitzung haben. Jotham Riddel und der Mann, welcher sein Anwesen kaufte, sind, wie ich höre, eins geworden, ihren Streit durch Schiedsrichter schlichten zu lassen, und so werden, glaube ich, nicht mehr als zwei Civilsachen auf die Tagesordnung kommen.“

„Ich freue mich deß,“ sagte der Richter; „denn nichts thut mir weher, als wenn ich sehe, daß die Leute ihre Zeit und ihr Geld in unvortheilhaften Streitigkeiten vor dem Gericht verschwenden. Ich hoffe, es wird sich so verhalten, wie Ihr sagt.“

„Ich denke wohl, daß es durch die Schiedsmänner ausgeglichen wird,“ fügte Hiram mit einer Miene bei, welche zwischen Zweifel und Gewißheit die Mitte hielt, die aber Richter Temple für das letztere nehmen zu müssen glaubte. „Ich vermuthe, daß ich selbst in dem Falle beigezogen werde; denn Jotham sagte mir, er wolle mich nehmen. Der Gegenpart hat's dem Anschein nach auf den Capitän Hollister abgesehen, und wir beide sind schon halbwegs eins geworden. Squire Jones als den Dritten zu wählen.“

„Werden vielleicht Verbrecher vor Gericht gestellt?“ fragte Marmaduke.

„Wir haben die Falschmünzer vorzunehmen,“ antwortete die Magistratsperson. „Da sie auf der That ertappt wurden, so wird vermuthlich das Verdict gegen sie lauten, in welchem Falle es wahrscheinlich ist, daß es ihnen an den Hals geht.“

„Ah, diese Leute habe ich ganz vergessen. Hoffentlich gibt’s nichts Weiteres?“

„Je nun, am letzten Unabhängigkeitsfest sind Feindseligkeiten vorgefallen; aber ich weiß nicht gewiß, ob das Gesetz einschreiten wird. Es soll sich dabei nur von Schimpfworten handeln, denn ich habe nichts davon gehört, daß es zu Thätlichkeiten gekommen sey. Man spricht auch davon, daß auf der Westseite des Patents von einigen Squattern ein und der andere Hirsch außer der Zeit geschossen worden sey.“

„Man sollte jedenfalls eine Klage gegen sie einreichen,“ rief der Richter. „Ich bin entschlossen, bei allen solchen Uebertretungen das Gesetz buchstäblich in Vollzug zu setzen.“

„nun, ja; ich dachte mir's, daß es dem Richter so genehm seyn würde. Ich bin zum Theil selbst wegen einer derartigen Angelegenheit hier.“

„Ihr?“ rief Marmaduke, der jetzt mit einem Mal einsah, wie ganz er sich durch die Schlauheit des Andern hatte fangen lassen. „Und was habt Ihr vorzubringen, Sir?“

„Ich glaube, Natty Bumppo hat im gegenwärtigen Augenblicke einen erlegten Hirsch in seiner Hütte, und komme hauptsächlich deshalb her, um eine Vollmacht zur Hausdurchsuchung zu holen.“

„Ihr glaubt nur, Sir? Wißt Ihr nicht, daß das Gesetz einen Eid für die Thatsache fordert, ehe ich eine Urkunde ausstellen kann? Müßige Eingriffe in das Hausrecht eines Bürgers, auf einen leichten Verdacht hin, sind nicht statthaft.“

„Ich meine fast, ich könnte es selbst beschwören,“ erwiederte der unerschütterliche Hiram. „Auch ist Jotham auf der Straße und wartet nur, in derselben Sache eine Angabe zu vereiden.“

„Dann fertige die Vollmacht selbst aus. Warum behelligst Du mich mit der Sache, Doolittle, da Du der Friedensrichter bist?“

„Je nun, ich meinte, weil es die erste derartige Klage ist, und weil ich wisse, wie das Herz des Richters an solchen Dingen hängt, so sey es am besten, wenn ich das Document hier ausfertigen ließe. Zudem bin ich viel in den Wäldern, wegen des Bauholzes, und möchte mir daher Lederstrumpf nicht gerne zum Feinde machen. Nun hat aber der Richter ein Gewicht in der Grafschaft, das ihn aller Besorgnisse überhebt.“