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Inchbecks Stimme mit ihrem nasalen New Yorker Akzent drang forsch aus dem Hörer. »Roscoe, was kann ich für Sie tun?«

»Ich versuche, George zu erreichen. Ihre Leute scheinen nicht... «

»Er ist in Costa Rica.«

»Ich möchte ihn sprechen. Haben Sie seine Nummer?«

»Nein. Er hat Anweisung hinterlassen, daß er nicht angerufen werden möchte.«

»Es ist aber dringend.«

»Dann sagen Sie's mir.«

»Na gut. Wir kündigen unseren Kredit. Ich teile es Ihnen hiermit mündlich mit, die formgerechte schriftliche Kündigung folgt heute abend mit der Post.«

Es herrschte Schweigen. Schließlich sagte Inchbeck: »Das kann nicht Ihr Ernst sein.«

»Es ist mein voller Ernst.«

»Aber warum?«

»Ich meine, das können Sie sich denken. Außerdem möchten Sie doch wohl nicht, daß ich Ihnen die Gründe am Telefon nenne.«

Inchbeck schwieg - was an sich schon bedeutungsvoll war.

Dann protestierte er: »Das ist ebenso lächerlich wie unvernünftig. Erst letzte Woche hat Big George zu mir gesagt, er sei damit einverstanden, wenn ihr den Kredit um fünfzig Prozent aufstockt.«

Diese Kühnheit grenzte geradezu an Unverschämtheit, dachte Heyward verblüfft, bis ihm einfiel, daß Kühnheit sich schon einmal ausgezahlt hatte - für Supranational. Das sollte jetzt ein Ende haben.

»Wenn der Kredit prompt zurückgezahlt wird«, sagte Heyward, »würden wir alle zu unserer Kenntnis gelangten Informationen vertraulich behandeln. Das kann ich garantieren.«

Jetzt ging es nur noch darum, dachte er, ob Big George, Inchbeck und wer sonst noch die Wahrheit über SuNatCo kennen mochte, bereit waren, Zeit zu kaufen. Waren sie dazu bereit, dann war die FMA möglicherweise im Vorteil gegenüber anderen Gläubigern.

»Fünfzig Millionen Dollar!« sagte Inchbeck. »Soviel halten wir nicht flüssig.«

»Unsere Bank wäre mit einer Serie von Zahlungen einverstanden, vorausgesetzt, sie folgen rasch aufeinander.« In Wirklichkeit lautete die Frage natürlich: Woher sollte SuNatCo bei ihrem gegenwärtigen Geldmangel die fünfzig Millionen nehmen? Heyward merkte, daß er vor Nervosität, Spannung und Hoffnung schwitzte.

»Ich werde mit Big George sprechen«, sagte Inchbeck. »Aber es wird ihm nicht gefallen.«

»Wenn Sie mit ihm sprechen, sagen Sie ihm, daß ich auch unseren Kredit für Q-Investments erörtern möchte.«

Als Heyward auflegte, meinte er Inchbeck stöhnen zu hören, aber ganz sicher war er nicht.

In der Stille seines Büros lehnte Roscoe Heyward sich in seinem gepolsterten Drehstuhl zurück und ließ die aufgestaute Hochspannung langsam abklingen. Was in der letzten Stunde geschehen war, hatte ihn wie ein Keulenschlag getroffen. Jetzt setzte die Reaktion ein, und er fühlte sich niedergeschlagen und verlassen. Am liebsten hätte er sich eine Zeitlang von dem allem zurückgezogen. Hätte er wählen können, dann wüßte er schon, wessen Gesellschaft er jetzt brauchte. Avrils. Aber seit ihrem letzten Treffen hatte er nichts mehr von ihr gehört, und das lag schon mehr als einen Monat zurück. Früher hatte sie ihn immer angerufen, nie umgekehrt.

Einem Impuls folgend, schlug er ein Taschenbuch mit Adressen auf, das er stets bei sich trug, und suchte eine Telefonnummer, die er sich mit Bleistift notiert hatte. Es war Avrils Nummer in New York. Er zog den Amtsapparat zu sich heran und wählte die Nummer.

Er hörte es läuten, dann kam Avrils weiche, angenehme Stimme: »Hallo.« Sein Herz machte einen Sprung, als er sie hörte.

»Hallo, Rossie«, sagte sie, als er seinen Namen genannt hatte.

»Es ist ziemlich lange her, seit wir uns zum letztenmal gesehen haben, Liebes. Ich hab' mich gefragt, wann ich wohl mal wieder von dir höre.«

Er spürte, daß sie zögerte. »Aber Rossie, Süßer, du stehst nicht mehr auf der Liste.«

»Auf welcher Liste?«

Wieder Unsicherheit. »Das hätte ich vielleicht nicht sagen sollen.«

»Doch, bitte, sag's mir. Es bleibt natürlich unter uns.«

»Na gut, es ist eine sehr vertrauliche Liste, die Supranational aufstellt über Leute, die auf Firmenkosten bewirtet werden können.«

Er hatte plötzlich das Gefühl, daß eine Schlinge langsam zugezogen wurde. »Wer bekommt die Liste?«

»Keine Ahnung. Ich weiß, daß wir Mädchen sie bekommen. Wer sie sonst noch sieht, weiß ich nicht.«

Er hielt inne, dachte nervös nach und sagte sich: Was geschehen war, war geschehen. Vielleicht sollte er froh sein, daß er jetzt auf keiner solchen Liste mehr stand, aber er ertappte sich bei der Frage - mit einem Stich Eifersucht -, wer wohl darauf stehen mochte. Jedenfalls hoffte er, daß alte Exemplare sorgfältig vernichtet wurden. Laut fragte er: »Bedeutet das, daß du nicht mehr herkommen kannst, um dich mit mir zu treffen?«

»Nicht unbedingt. Aber wenn ich käme, müßtest du die Kosten übernehmen, Rossie.«

»Wieviel wäre das?« Und als er diese Frage stellte, kamen ihm Zweifel, ob das wirklich er selbst war, der hier sprach.

»Da wäre mein Flug von New York«, sagte Avril sachlich. »Dann die Hotelrechnung. Und für mich - zweihundert Dollar.«

Heyward fiel ein, daß er sich schon einmal gefragt hatte, wieviel Supranational wohl für ihn ausgegeben hatte. Jetzt wußte er es. Er nahm den Hörer vom Ohr und rang innerlich mit sich: Vernunft gegen Verlangen; Gewissen gegen die Kenntnis, wie es war, mit Avril allein zu sein. Es war auch mehr Geld, als er sich leisten konnte. Aber es verlangte ihn nach ihr. Sehr heftig sogar.

Er nahm den Hörer wieder ans Ohr. »Wann könntest du frühestens hier sein?«

»Dienstag nächster Woche.«

»Eher nicht?«

»Leider nein, Süßer.«

Er wußte, daß er töricht handelte, daß er bis Dienstag Schlange stehen mußte hinter anderen Männern, die, aus welchen Gründen auch immer, größere Priorität hatten als er. Aber er konnte nicht anders. »Also gut. Dienstag.«

Sie vereinbarten, daß sie im Columbia Hilton buchen und ihn von dort anrufen würde.

Heyward begann, die Süße, die da kommen sollte, im voraus zu kosten.

Er dachte an das andere, was er zu tun hatte - er mußte seine Q-Investments-Anteilscheine vernichten.

Mit dem Expreß-Lift fuhr er vom sechsunddreißigsten Stock hinunter in die Halle, dann ging er durch den Tunnel zur benachbarten Cityfiliale. Es dauerte nur fünf Minuten, bis er vor seinem persönlichen Stahlschließfach stand und die vier Scheine herausnahm, jeder gut für fünfhundert Anteile. Er nahm sie wieder mit nach oben, wo er sie persönlich in den Reißwolf tun wollte.

In seinem Büro angelangt, kamen ihm andere Gedanken. Als er das letzte Mal nachgeprüft hatte, waren die Anteile zwanzigtausend Dollar wert gewesen. Handelte er übereilt? Wurde es erforderlich, so konnte er die Scheine schließlich jederzeit in wenigen Augenblicken vernichten.

Er änderte seinen Entschluß und verschloß sie in einer Schublade, in der er auch andere Privatpapiere aufbewahrte.

12

Die große Chance kam, als Miles Eastin sie am allerwenigsten erwartete.

Noch vor zwei Tagen, frustriert und deprimiert, überzeugt davon, daß seine Leibeigenschaft im Fitness-Club Doppelte Sieben zu nichts anderem führen würde als zu seiner tiefen Verstrickung in das Verbrechen, hatte der Schatten des Gefängnisses schwer auf ihm gelastet. Miles hatte Juanita von seiner Niedergeschlagenheit erzählt, und diese Grundstimmung war, wenn auch für kurze Zeit durch ihre Liebe gemildert, geblieben.

Am Samstag war er zu Juanita gegangen. Am späten Montagabend hatte Nate Nathanson, Clubmanager der Doppelten Sieben, Miles zu sich kommen lassen; er hatte wie üblich geholfen, Getränke und Sandwiches zu den Karten- und Würfelspielern im zweiten Stock zu tragen.