Выбрать главу

»Weil wir es nicht mit Einfaltspinseln zu tun haben. Unter den Fragestellern werden auch erfahrene Wirtschaftsjournalisten sein, die etwas von Bankgesetzen verstehen. Deshalb wird ihre zweite Frage lauten: Wie kommt es, daß Ihre Bank einen so großen Teil vom Geld ihrer Anleger einem einzigen Schuldner gegeben hat?«

Heyward fuhr dazwischen: »Es hat sich nicht um einen einzigen Schuldner gehandelt. Der Kredit war auf Supranational und fünf Tochtergesellschaften verteilt.«

»Wenn ich etwas sage«, entgegnete French, »dann möchte ich gern den Anschein erwecken, als ob ich selber daran glaube.« Er nahm die Zigarre aus dem Mund, legte sie hin und griff nach einem Notizblock. »Okay, nun zu den Einzelheiten. Es wird ohnehin alles herauskommen, aber wir stehen sehr viel schlechter da, wenn wir es schmerzhaft machen wie beim Zahnziehen.«

»Bevor wir weitermachen«, sagte Heyward, »muß ich Sie daran erinnern, daß wir nicht die einzige Bank sind, der Supranational Geld schuldet. Da gibt es noch die First National City, die Bank of America und die Chase Manhattan.«

»Aber die stehen alle an der Spitze von Konsortien«, hielt ihm Alex entgegen. »Deshalb teilen sie sich einen eventuellen Verlust mit anderen Banken. Soweit uns bekannt ist, sind wir die Bank mit der höchsten individuellen Belastung.« Es erschien ihm überflüssig hinzuzufügen, daß er alle, die es anging, einschließlich des Direktoriums, warnend darauf hingewiesen hatte, daß eine derartige Konzentration des Risikos gefährlich für FMA und möglicherweise ungesetzlich war. Aber der bittere Gedanke ließ sich nicht beiseite schieben.

Sie hämmerten schließlich eine Erklärung zurecht, in der die tiefe finanzielle Verstrickung der First Mercantile American mit Supranational zugegeben und einer gewissen Besorgnis Ausdruck verliehen wurde. In der Erklärung war dann die Rede von der Hoffnung, daß es zu einem Wandel in dem kränkelnden Konzern kommen möge, vielleicht unter einem neuen Management, worauf die FMA dringen werde, und zu einer Verringerung etwaiger Verluste. Das war eine vage Hoffnung, und jeder wußte es.

Dick French wurde mit einiger Bewegungsfreiheit ausgestattet, diese Erklärung notfalls zu erläutern, und es wurde beschlossen, daß er der alleinige Sprecher der Bank bleiben solle.

French sprach noch eine Warnung aus. »Die Presse wird versuchen, Kontakt zu jedem einzelnen von Ihnen aufzunehmen. Wenn Sie Wert darauf legen, daß unser Standpunkt konsequent dargelegt wird, verweisen Sie alle Anrufer und Besucher an mich, und sorgen Sie dafür, daß Ihre Mitarbeiter sich ebenso verhalten.«

Am selben Tag überprüfte Alex Vandervoort Verfahrenspläne für den Notfall, die er für die Bank ausgearbeitet hatte und die unter genau beschriebenen Umständen in Kraft treten sollten.

»Es hat etwas ganz entschieden Morbides an sich«, erklärte Edwina D'Orsey, »wie sich die Aufmerksamkeit auf eine Bank konzentriert, die in Schwierigkeiten ist.«

Sie hatte in Zeitungen geblättert, die in der Besprechungsecke von Alex Vandervoorts Büro in der Zentrale der FMA ausgebreitet lagen. Es war ein Donnerstag, der Tag nach der Presseerklärung von Dick French.

Das Lokalblatt »Times-Register« hatte seinem Hauptaufmacher die Schlagzeile gegeben:

BANKINSTITUT UNSERER STADT GEHT IM GEFOLGE DES SUNATCO-DEBAKELS RIESIGEM VERLUST ENTGEGEN

Zurückhaltender teilte die »New York Times« ihren Lesern mit:

FMA-BANK ERKLÄRT SICH FÜR GESUND TROTZ SORGEN MIT EINEM GROSSKREDIT

Auch die Fernsehnachrichten vom Vorabend und von diesem Morgen hatten sich mit dem Thema befaßt.

Teil aller Berichte war eine hastig abgegebene Versicherung der Bundes-Reserve-Bank, daß die First Mercantile American Bank liquide sei und die Einleger keinen Grund zur Beunruhigung hätten. Dessenungeachtet stand FMA jetzt auf der »Problemliste« der Reserve-Bank, und an diesem Morgen war in aller Stille eine Gruppe von Prüfern von der Bundes-Reserve-Bank eingerückt - ganz offensichtlich die erste derartige Gruppe, entsandt von den verschiedenen Aufsichtsbehörden.

Tom Straughan, der Volkswirtschaftler der Bank, antwortete auf Edwinas Bemerkung. »Was die Aufmerksamkeit wachruft, wenn eine Bank in Schwierigkeiten gerät, hat im Grunde nichts mit Morbidität zu tun. Ich glaube, es ist hauptsächlich Angst. Angst unter den Konteninhabern, daß die Bank ihre Schalter schließen muß und sie ihr Geld verlieren. Auch eine allgemeinere Angst, daß, wenn eine Bank pleite geht, andere davon mitgerissen werden könnten und das ganze System auseinanderbricht.«

»Ich habe auch Angst«, sagte Edwina, »und zwar vor den Auswirkungen dieser vielen Artikel.«

»Mir ist nicht minder unbehaglich zumute«, pflichtete Alex Vandervoort bei. »Deshalb müssen wir weiter ganz genau beobachten, welche Auswirkungen sich zeigen.«

Alex hatte für die Mittagsstunde eine strategische Besprechung einberufen. Zur Teilnahme waren auch diejenigen Abteilungsleiter gerufen worden, die für die Verwaltung der Filialen zuständig waren, denn alle waren sich im klaren darüber, daß sich schwindendes Vertrauen zur FMA zuerst in den Filialen bemerkbar machen würde. Tom Straughan hatte schon gemeldet, daß am vergangenen Spätnachmittag wie auch an diesem Morgen mehr Geld als üblich abgehoben und weniger als üblich eingezahlt wurde, aber noch war es zu früh, um eine klare Tendenz erkennen zu können. Beruhigenderweise hatte es unter den Kunden der Bank kein Zeichen einer Panik gegeben, obwohl die Vorsteher aller vierundachtzig FMA-Filialen Anweisung hatten, auch die geringfügigste Beobachtung dieser Art sofort zu melden. Jede Bank lebt von ihrem Ruf und von dem Vertrauen anderer - empfindliche Pflanzen, die unter Mißgeschick und ungünstiger Publizität welken können.

Auf der mittäglichen Konferenz sollte unter anderem sichergestellt werden, daß Maßnahmen, die im Falle einer plötzlichen Krise ergriffen werden mußten, von allen klar verstanden wurden und daß die Nachrichtenwege funktionierten. Das war allem Anschein nach der Fall.

»Das war's fürs erste«, sagte Alex zu der Gruppe. »Wir treffen uns morgen zur gleichen Zeit.«

Dazu sollte es nicht mehr kommen.

Am nächsten Morgen um 10.15 Uhr, am Freitag, rief der Vorsteher der Filiale Tylersville, dreißig Kilometer weiter im Norden, die Hauptverwaltung der First Mercantile American an und wurde sofort mit Alex Vandervoort verbunden.

Als der Vorsteher, Fergus W. Gatwick, sich gemeldet hatte, fragte Alex ohne Umschweife: »Was ist passiert?«

»Ein Run auf die Schalter, Sir, Die Filiale ist gerammelt voll -mehr als hundert von unseren Stammkunden, sie stehen Schlange mit Sparbüchern und Scheckbüchern, und es kommen immer mehr. Sie heben alles ab, lösen die Konten auf, verlangen alles bis auf den letzten Dollar.« Die Stimme des Filialleiters klang zutiefst besorgt, obwohl man dem Mann anmerkte, daß er sich um Ruhe bemühte.

Alex lief es kalt über den Rücken. Ein Run auf die Schalter war der Alptraum jedes Bankers; und genau das hatten Alex und andere in der Geschäftsleitung in den letzten Tagen am meisten gefürchtet. Werden die Schalter gestürmt, so bedeutet das öffentliche Panik, Massenangst, totalen Vertrauensverlust. Schlimmer noch, verbreitete sich erst einmal die Nachricht von einem Sturm auf eine einzelne Filiale, so konnten andere im Filialsystem davon wie von einem großen Buschfeuer erfaßt werden, das niemand löschen konnte und das sich zu einer Katastrophe ausweitete. Kein Geldinstitut - auch das größte und solideste nicht - konnte je liquide genug sein, um die Mehrheit seiner Einleger auszuzahlen, wenn alle zugleich auf Barzahlung bestanden. Legte sich der Run nicht, würden die Bargeldreserven bald erschöpft sein, und FMA müßte ihre Tore schließen, vielleicht für immer.

Anderen Banken war das schon widerfahren. Trafen eine schlechte Geschäftsführung, ungünstige Termine und reines Pech zusammen, so konnte es überall geschehen.

Zunächst kam es, wie Alex wußte, darauf an, denjenigen, die ihr Geld abheben wollten, zu versichern, daß sie es erhalten würden. Zweitens galt es, den Ausbruch einzudämmen.