Выбрать главу

Was er da tat, war ungesetzlich, aber Wizard redete sich ein, das spiele keine Rolle, da niemand außer ihm selbst das Tonband später je zu hören bekommen würde. Aber als er es abspielte, erregte vor allem ein Gespräch seine Aufmerksamkeit.

Jetzt, am Samstag nachmittag und allein in seinem Tonlabor, nahm er das Band von dem Regal über seinem Arbeitstisch, legte es auf ein Tonbandgerät und hörte sich den Teil des Bandes noch einmal an.

Eine Münze wurde eingeworfen, eine Nummer wurde gewählt. Das Geräusch des Wählens war deutlich zu vernehmen. Der Ton, der das Läuten anzeigte. Es läutete nur einmal.

Eine Frauenstimme (weich, mit leichtem Akzent): Hallo.

Eine männliche Stimme flüsternd): Du weißt, wer hier spricht. Also keine Namen.

Die Frauenstimme: Ja.

Die erste Stimme (noch immer im Flüsterton): Sag unserem gemeinsamen Freund, daß ich hier was Wichtiges entdeckt habe. Es ist wirklich wichtig. Fast alles, was er wissen wollte. Mehr kann ich nicht sagen, aber ich komme morgen abend zu dir.

Ein Klicken. Der Anrufer im Fitness-Club Doppelte Sieben hatte eingehängt.

Wizard Wong wußte nicht genau, warum er glaubte, daß Tony Bär Marino sich dafür interessieren würde. Sein Riecher sagte es ihm, und sein Riecher hatte sich schon oft bezahlt gemacht. Er faßte einen Entschluß, blätterte in einem privaten Notizbuch, ging ans Telefon und wählte eine Nummer.

Es stellte sich heraus, daß Tony Bär frühestens am späten Montagnachmittag Zeit für ihn hatte. Wizard traf eine Verabredung mit ihm und machte sich dann - weil er sich ja nun festgelegt hatte - daran, mehr Informationen aus dem Band herauszuholen. Er spulte das Band zurück, dann spielte er es aufmerksam noch etliche Male ab.

»Verfluchter Mist!« Tony Bär Marinos fleischige, kräftige Gesichtszüge verzerrten sich vor wilder Wut. Seine groteske Falsettstimme überschlug sich und kletterte noch höher als gewöhnlich. »Du hattest dieses gottverdammte Band, und dann haste eine Woche lang auf deinem gottverdammten Arsch gesessen, bevor du endlich zu mir kommst!«

»Ich bin Techniker, Mr. Marino«, verteidigte sich Wizard Wong. »Meistens gehen mich die Dinge, die ich höre, gar nichts an. Aber nach einer Zeit habe ich dann gedacht, daß die Sache hier vielleicht anders liegt.« In gewisser Beziehung war er erleichtert. Es hatte wenigstens keinen Wutanfall gegeben, weil er eine Leitung der Doppelten Sieben angezapft hatte.

»Nächstes Mal«, fauchte Marino, »denk gefälligst schneller!«

Heute war Montag. Sie befanden sich in dem Fuhrunternehmen, wo Marino ein Büro unterhielt, und zwischen ihnen, auf dem Schreibtisch, stand ein tragbares Tonbandgerät, das Wong gerade abgeschaltet hatte. Bevor er hergekommen war, hatte er den bedeutungsvollen Teil des ursprünglichen Tonbands auf eine Kassette überspielt und den Rest gelöscht.

Tony Bär Marino, in Hemdsärmeln in dem muffigen, überheizten Büro, wirkte physisch furchteinflößend wie immer. Er hatte die Schultern eines Preisboxers, kräftige Handgelenke und gewaltige Bizepsmuskeln. Er quoll über den Stuhl hinaus, auf dem er saß, aber das war kein Fett; zum größten Teil bestand er aus soliden Muskelsträngen. Wizard Wong versuchte, sich nicht einschüchtern zu lassen, weder von Marinos Masse noch von dem Ruf der Skrupellosigkeit, der ihm vorauseilte. Aber ob es nun an dem überhitzten Raum lag oder andere Gründe hatte, Wong begann zu schwitzen.

Er wandte ein: »Soviel Zeit habe ich gar nicht vergeudet, Mr. Marino. Ich habe noch ein paar andere Sachen herausgefunden, die Sie vielleicht gern wissen wollen.«

»Zum Beispiel?«

»Ich kann Ihnen die angerufene Nummer sagen. Sehen Sie, wenn man mit der Stoppuhr die Zeit der Scheibendrehung mißt, wie sie auf dem Band aufgezeichnet ist, und sie dann vergleicht... «

»Verschon mich mit dem Quatsch. Sag mir die Nummer.«

»Da ist sie.« Ein Zettel wurde über den Schreibtisch gereicht.

»Haste rausgekriegt, wem die gehört?«

»Also ehrlich, so eine Nummer aufzuspüren, das ist nicht leicht. Besonders wenn sie nicht im Telefonbuch steht. Zum Glück habe ich Verbindungen in der Telefongesellschaft... «

Tony Bär explodierte. Er hieb mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte, und es hörte sich an wie ein Schuß. »Spiel nicht mit mir herum, du kleines Mistvieh! Wenn du was weißt, dann raus damit!«

»Was ich sagen will«, fuhr Wizard beharrlich fort und schwitzte dabei noch mehr, »ist, daß es was kostet. Ich mußte meinem Verbindungsmann Geld geben.«

»Du hast dem verdammt viel weniger bezahlt, als du aus mir herausquetschen willst. Los, weiter!«

Wizards Anspannung ließ ein wenig nach. Er hatte herausgebracht, was er sagen wollte, und Tony Bär würde den verlangten Preis zahlen, denn beide wußten, daß sie einander auch später noch brauchen würden.

»Das Telefon gehört einer Mrs. J. Nunez. Sie wohnt in Forum East. Hier die Hausnummer und die Nummer ihrer Wohnung.« Wong reichte einen zweiten Zettel hinüber. Marino nahm ihn, warf einen Blick auf die Adresse, legte ihn dann auf den Tisch.

»Da ist noch was, was Sie vielleicht interessiert. In der Kartei steht, daß der Anschluß vor einem Monat als besonders eilige Sache gelegt worden ist. Normalerweise gibt es für Anschlüsse in Forum East eine lange Warteliste, aber dieser hat überhaupt nicht auf der Liste gestanden, und dann plötzlich stand er ganz vorn.«

Marinos Gesicht verzerrte sich noch mehr, zum Teil aus Ungeduld, zum Teil aus Wut über das, was er hörte. Hastig fuhr Wizard Wong fort: »Also, da hat jemand Dampf dahinter gemacht. Mein Kontaktmann sagt, daß es in der Korrespondenz der Telefongesellschaft eine Aktennotiz darüber gibt. Der da so gedrängt hat, der heißt Nolan Wainwright, und der ist Chef der Sicherheitsabteilung einer Bank - der First Mercantile American. Er hat gesagt, man brauche den Anschluß für dringende Bankangelegenheiten. Die Rechnungen gehen auch an die Bank.«

Zum ersten Mal seit Ankunft des Tontechnikers war Tony Bär aufgeschreckt. Flüchtig zeigte sich Überraschung auf seinem Gesicht, verschwand aber sofort wieder und wurde durch absolute Ausdruckslosigkeit ersetzt. Unter dieser Maske arbeitete sein Verstand, setzte das soeben Gehörte mit gewissen, ihm schon bekannten Tatsachen in Beziehung. Die Verbindung war der Name Wainwright. Marino erinnerte sich an den Versuch vor sechs Monaten, einen Spitzel einzuschleusen, einen Schleimscheißer namens Vic, der »Wainwright« gesagt hatte, als sie ihm die Eier zerquetscht hatten. Marino, der damals eine sehr aktive Rolle gespielt hatte, hatte schon von dem Bankbullen gehört.

Gab es jetzt einen neuen Spitzel? Wenn ja, dann konnte Tony Bär sich denken, worauf der angesetzt war, obwohl über den Club auch noch allerhand andere Geschäfte liefen, die er auf keinen Fall aufgedeckt sehen wollte. Tony Bär vergeudete keine Zeit mit Vermutungen. Die Stimme des Anrufers, ein Flüstern nur, war nicht zu identifizieren. Aber die andere Stimme - eine Frauenstimme - war jetzt bekannt; was man sonst noch wissen mußte, konnte man von ihr erfahren. Der Gedanke, daß die Frau vielleicht nicht mitspielen würde, kam ihm gar nicht; wenn sie Dummheiten machte, hatte man ja seine Möglichkeiten.

Marino zahlte Wong rasch aus und blieb nachdenklich sitzen. Er hatte immer Vorsicht walten lassen und wollte auch jetzt keine überstürzten Entscheidungen treffen, sondern wie üblich seine Gedanken ein paar Stunden lang auf kleiner Flamme garkochen lassen. Aber er hatte Zeit verloren, eine ganze Woche.

Später an diesem Abend rief er zwei Muskelmänner. Tony Bär gab ihnen eine Adresse in Forum East und einen Befehl. »Greift euch diese Nunez.«

18