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»Der jammert mir nicht laut genug«, sagte Marino zu Angelo, der den Hammer schwang. »Wenn du damit fertig bist, versuch mal, ein paar Finger von dem Schwein festzunageln.«

Tony Bär, der eine Zigarre paffte, während er zusah und zuhörte, hatte sich dieses Mal nicht die Mühe gemacht, sich zu verbergen. Eastin würde ihn später nicht mehr identifizieren können, denn Eastin würde bald tot sein. Erst einmal aber war es nötig, ihn daran zu erinnern - und die anderen, die bald hören würden, was hier passiert war -, daß es für Spitzel keinen leichten Tod gab.

»Ja, das gefällt mir schon besser«, sagte Tony Bär zufrieden. Miles' kreischende Schreie wurden noch lauter, als ein neuer Nagel den Mittelfinger seiner linken Hand in der Mitte zwischen den beiden Knöcheln durchdrang und in die Holzplatte getrieben wurde. Hörbar wurde der Knochen in dem Finger gespalten. Als Angelo das Verfahren mit dem Mittelfinger der rechten Hand wiederholen wollte, befahl Tony Bär: »Halt mal!«

Zu Eastin sagte er: »Hör mit dem verdammten Lärm auf! Fang an zu singen!«

Miles' Schreie wurden zu wildem Schluchzen, sein Körper hob und senkte sich. Die Hände, die ihn gehalten hatten, ließen ihn los. Sie wurden nicht mehr gebraucht.

»Okay«, sagte Tony Bär zu Angelo, »er will nicht, also mach weiter.«

»Nein! Nein! Ich rede! Ich rede! Ich rede!« Irgendwie gelang es Miles, das Schluchzen herunterzuwürgen. Das lauteste Geräusch war jetzt sein schweres, rasselndes Atmen.

Tony Bär winkte Angelo zurück. Die anderen im Raum blieben rings um den Tisch stehen. Es waren Lou; Punch Clancy, der vierte von den Leibwächtern, die vor einer Stunde in dem Sportartikelgeschäft aufgetaucht waren; LaRocca, mit wütendem Gesicht darüber nachgrübelnd, wieviel Schuld man ihm wohl geben werde, weil er sich für Miles stark gemacht hatte; und der alte Drucker, Danny Kerrigan, nervös und sichtlich unangenehm berührt. Obwohl hier normalerweise Dannys Reich war - sie befanden sich in der eigentlichen Druckerei -, zog er es vor, sich in solchen Augenblicken zu verziehen, aber Tony Bär hatte ihn holen lassen.

Tony Bär fauchte Eastin an: »Du warst also die ganze Zeit Spitzel für eine stinkende Bank?«

Miles keuchte. »Ja.«

»First Mercantile?«

»Ja.«

»Wem berichtest du?«

»Wainwright.«

»Was hast du rausgekriegt? Was haste ihm erzählt?«

»Vom... Club... vom Spielen... wer da war.«

»Darunter ich?«

»Ja.«

»Du Schwein, du!« Tony Bär holte aus und trieb seine geballte Faust mit aller Kraft in Miles' Gesicht.

Miles Körper sackte weg unter der Gewalt des Schlages, aber sein eigenes Gewicht riß an seinen Händen, und er gab sich verzweifelt einen Ruck, um wieder die schmerzhafte, weit vorgestreckte Haltung einzunehmen, in der er vorher gesessen hatte. Stille sank herab, unterbrochen nur von seinem röchelnden Schluchzen und Stöhnen. Tony Bär paffte ein paar Mal an seiner Zigarre, dann setzte er das Verhör fort.

»Was haste sonst noch rausgekriegt, du stinkender Scheißhaufen?«

»Nichts... nichts!« Miles zitterte unbeherrscht am ganzen Körper.

»Du lügst.« Tony Bär wandte sich zu Danny Kerrigan um. »Hol mir den Saft, den du zum Ätzen brauchst.«

Bis jetzt, während des ganzen Verhörs, hatte der alte Drucker Miles voller Haß angesehen. Jetzt nickte er. »Mach' ich. Sofort, Mr. Marino.«

Danny trat an eines der Regale und hob einen Viertelliterkrug mit Plastikdeckel herunter. Auf einem Etikett stand SALPETERSÄURE - ÄTZEND - NUR FÜR GRAPHISCHE ZWECKE. Danny nahm die Kappe ab und goß sorgfältig etwas aus dem Krug in ein Halbliterglas. Vorsichtig, um nur ja nichts zu verschütten, trug er das Glas zu dem Tisch, an dem Tony Bär stand und Miles ins Gesicht sah. Er setzte das Glas ab, dann legte er daneben einen kleinen Pinsel, wie er ihn für seine Gravuren benutzte.

Tony Bär nahm den Pinsel und tauchte ihn in die Salpetersäure. Mit einer beiläufig wirkenden Bewegung streckte er die Hand vor und strich mit dem Pinsel über eine Seite von Eastins Gesicht. Zwei, drei Sekunden lang, während die Säure die Oberflächenhaut durchdrang, blieb jede Reaktion aus. Dann schrie Miles in neuer, anders beschaffener Qual auf, während das ätzende Brennen sich immer tiefer ausbreitete. Während die anderen gebannt zusahen, warf das Fleisch unter der Säure Brandblasen und wechselte die Farbe; es wurde bräunlichschwarz.

Wieder tauchte Tony Bär den Pinsel in das Glas. »Ich frag' dich noch einmal, Arschloch. Krieg' ich keine Antwort, kommt das auf die andere Seite. Was hast du noch rausgekriegt und verraten?«

Miles' Augen waren weit aufgerissen, wie die eines in die Enge getriebenen Tieres. Er sagte hastig, stotternd: »Das gefälschte... Geld.«

»Ja, und?«

»Ich hab' was gekauft... hab's der Bank geschickt... dann mit dem Auto gefahren... hab' was nach Louisville gebracht.«

»Und?«

»Kreditkarten... Führerscheine.«

»Du weißt, wer die gemacht hat? Wer das Falschgeld gedruckt hat?«

Miles nickte mit dem Kopf, so gut er konnte. »Danny.«

»Wer hat's dir gesagt?«

»Er... hat's mir gesagt.«

»Und dann haste ausgepackt bei dem Bullen in der Bank? Der weiß das alles?«

»Ja.«

Tony Bär fuhr wütend zu Kerrigan herum. »Du besoffener blöder Furz! Du taugst nicht mehr als der da.«

Der alte Mann stand schlotternd da. »Mr. Marino, ich war nicht betrunken. Ich dachte bloß, er...«

»Halt die Schnauze!« Tony Bär schien im Begriff zu sein, den alten Mann niederzuschlagen, dann besann er sich anders. Er wandte sich wieder Miles zu. »Was wissen die sonst noch?«

»Nichts!«

»Wissen die, wo gedruckt wird? Wo das hier ist?«

»Nein.«

Tony Bär tat den Pinsel wieder in die Säure und zog ihn heraus. Miles folgte jeder Bewegung. Die Erfahrung gab ihm die Antwort ein, die von ihm erwartet wurde. Er brüllte: »Ja! Ja, sie wissen es!«

»Du hast es dem Sicherheitsarsch von der Bank erzählt?«

In seiner Verzweiflung log Miles. »Ja, ja!«

»Wie haste das rausgekriegt?« Der Pinsel schwebte weiter über der Säure.

Miles wußte, daß er eine Antwort finden mußte. Irgendeine Antwort, solange sie Tony zufriedenstellte. Er drehte den Kopf zu Danny. »Er hat's mir gesagt.«

»Du lügst! Du verlauster, verstunkener, gottverdammter Lügner!« Das Gesicht des alten Mannes zuckte, sein Mund öffnete und schloß sich, sein Unterkiefer zitterte unter dem Aufruhr der Gefühle. Flehentlich sagte er zu Tony Bär: »Mr. Marino, er lügt! Ich schwöre: Er lügt! Es ist nicht wahr.« Aber was er in Marinos Augen sah, steigerte seine Verzweiflung. Jetzt stürzte sich Danny auf Miles. »Sag ihm die Wahrheit, du Mistvieh! Sag's ihm!« Wie von Sinnen, nur an die Strafe denkend, die ihm drohte, sah der alte Mann sich nach einer Waffe um. Er sah das Säureglas. Er packte es und schüttete den Inhalt Miles ins Gesicht.

Ein neuer Schrei erhob sich, erstarb dann plötzlich. Während sich der Säuregeruch mit dem übelkeiterregenden Geruch verbrennenden Fleisches mischte, kippte Miles, bewußtlos, nach vorn über den Tisch, an den seine zerschlagenen, blutenden Hände genagelt waren.

Obwohl sie nicht genau wußte, was Miles angetan wurde, litt Juanita durch seine Schreie, sein Flehen, am Ende durch das Verlöschen seiner Stimme. Sie dachte darüber nach -leidenschaftslos, weil ihre Gefühle jetzt bis über den Punkt hinaus strapaziert waren, an dem sie noch empfinden konnte -, ob er wohl tot sei. Sie fragte sich, wie lange es wohl noch dauern werde, bis sie und Estela Miles' Schicksal teilten. Denn daß sie beide sterben würden, daran zweifelte sie keinen Augenblick.