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Es war, dachte Alex, als habe der Sturz eines Riesen die Einsicht gebracht, daß auch andere Riesen, die einst als unverwundbar gegolten hatten, stürzen könnten; daß weder Menschen noch Konzerne, noch Regierungen jeglicher Couleur sich auf ewig dem einfachsten aller Gesetze der Buchführung entziehen konnten - daß man eines Tages zahlen muß, was man schuldet.

Lewis D'Orsey, der diese Doktrin seit zwei Jahrzehnten gepredigt hatte, schrieb etwa das gleiche in seinem neuesten »Newsletter«. Alex hatte den Informationsbrief an diesem Morgen in der Post gefunden, hatte einen Blick darauf geworfen und ihn dann in die Tasche gesteckt, um ihn abends aufmerksamer zu lesen. Jetzt zog er den Brief aus der Tasche.

Glauben Sie der eilfertig feilgebotenen Legende nicht (schrieb Lewis), daß Konzern-, Staats- oder internationalen Finanzen etwas Kompliziertes, kaum Faßliches anhaftet, das sich der leichten Analyse entzieht.

Es ist alles nichts weiter als einfaches Haushalten - ganz gewöhnliches Haushalten, nur in größerem Maßstab.

Die angeblichen Verwicklungen und Verflechtungen, das ganze Dickicht existiert nur in der Einbildung. Das alles gibt es in Wirklichkeit nicht, sondern ist nur von Politikern auf Stimmenfang (das heißt, von allen Politikern), von Manipulatoren und keyneskranken »Wirtschaftswissenschaftlern« geschaffen worden. Sie alle gebrauchen ihr Hexenmeister-Kauderwelsch, um zu vertuschen, was sie tun und was sie getan haben.

Am meisten Angst haben diese Schwachköpfe davor, daß wir ganz schlicht ihr Tun im klaren und ehrlichen Licht der Vernunft betrachten.

Denn sie - die Politiker zumeist - haben auf der einen Seite Schulden von Himalajahöhe angehäuft, die sie nicht, wir nicht und unsere Ur-Ur-Ur-Urenkel auch nicht bezahlen können, nie und nimmer. Und auf der anderen Seite haben sie, als produzierten sie Toilettenpapier, eine Flut von Scheinen gedruckt, haben damit unser gutes Geld zuschanden gemacht - insbesondere den grundsoliden, auf Gold gegründeten Dollar, den die Amerikaner einst in der Tasche hatten.

Wir wiederholen: Es ist alles nichts weiter als einfaches Haushalten - das allerunfähigste, allerunehrlichste Haushalten in der Geschichte des Menschen.

Dies, und dies allein, ist der eigentliche Grund der Inflation.

Es folgte noch mehr von der Sorte. Lewis war es lieber, zu viele als zu wenige Worte zu machen.

Und wie üblich hatte Lewis auch eine Lösung für alle wirtschaftlichen Mißstände parat.

Wie ein Becher Wasser für einen verdurstenden Wanderer, so steht eine Lösung bereit und fertig, wie es immer der Fall war und immer sein wird.

Gold.

Gold wieder als Basis für die Geldsysteme der Welt. Gold, die älteste, die einzige Bastion der monetären Integrität. Gold, die einzige nicht zu korrumpierende Quelle der wirtschaftlichen Disziplin.

Gold, das Politiker nicht drucken oder machen oder fälschen oder auf andere Weise erniedrigen können.

Gold, das durch sein eigenes streng begrenztes Vorkommen seinen eigenen realen, dauernden Wert schafft.

Gold, das durch diesen beständigen Wert, als Deckung des Geldes, die ehrlichen Ersparnisse aller Menschen vor der Ausplünderung durch Schufte, Scharlatane, Unfähige und Träumer in Ämtern und Behörden schützt.

Gold, das über die Jahrhunderte hin bewiesen hat:

- ohne Gold als Währungsdeckung kommt es unweigerlich zu Inflation, gefolgt von Anarchie;

- mit Gold kann Inflation eingedämmt und beseitigt, die Stabilität geschützt werden.

Gold, das Gott in seiner Weisheit womöglich geschaffen hat, um die Ausschweifung des Menschen zu Gold - »so gut wie Gold«, hatten die Amerikaner einst voller Stolz von ihrem Dollar gesagt.

Gold, zu dem Amerika in absehbarer Zeit in Ehren als seinem Standard zurückkehren muß. Die Alternative -und das wird von Tag zu Tag klarer - ist die wirtschaftliche und nationale Auflösung. Zum Glück mehren sich schon jetzt trotz aller Skepsis und trotz der goldfeindlichen Fanatiker die Anzeichen reiferen Urteils in der Regierung, Anzeichen für eine Rückkehr zur Vernunft...

Alex legte »The D'Orsey Newsletter« hin. Wie viele im Bankgeschäft und in anderen Wirtschaftszweigen hatte er bisweilen über die engstirnigen Goldkäfer gespottet - Lewis D'Orsey, Harry Schultz, James Dines, den Abgeordneten Crane, Exter, Browne, Pick, eine Handvoll andere. In letzter Zeit jedoch hatte er angefangen, sich zu fragen, ob sie mit ihren simplen Ansichten nicht doch recht haben könnten. Ebenso wie an das Gold glaubten sie ans laissez-faire, an das freie, unbehinderte Funktionieren der Marktwirtschaft, in der man zuließ, daß untüchtige Firmen scheiterten und tüchtige Erfolg hatten, und wo der Teufel den letzten holte. Auf der anderen Seite der Medaille gab es die Keynes-Theoretiker, die das Gold haßten und darauf schworen, an der Wirtschaft herumzubasteln, auch mit den Mitteln der Subventionen und Kontrollen, was sie dann die »Feinabstimmung« nannten. Konnte es sein, daß die Keynesianer die Ketzer waren, fragte Alex sich, und D'Orsey, Schultz und die anderen die wahren Propheten? Vielleicht. Andere Propheten waren einsame, verhöhnte Rufer gewesen, und doch hatten einige es erlebt, daß ihre Prophezeiungen Wirklichkeit wurden. Eine Überzeugung, die Alex mit Lewis und den anderen teilte, war der Glaube, daß schlimmere Zeiten kurz bevorstünden. Sie waren, was die FMA betraf, schon Er hörte das Geräusch eines sich im Schloß drehenden Schlüssels. Die Wohnungstür ging auf, und Margot kam herein. Sie schlüpfte aus einem Kamelhaarmantel und warf ihn auf einen Stuhl.

»O Gott, Alex. Ich muß immer an Roscoe denken. Wie konnte er das nur tun? Warum?«

Sie ging ohne Umweg zur Bar und mixte sich einen Drink.

»Es scheint Gründe gegeben zu haben«, sagte er langsam. »Sie kommen allmählich ans Licht. Wenn es dir recht ist, Bracken, dann reden wir noch nicht darüber.«

»Ich verstehe.« Sie ging zu ihm. Er hielt sie eng an sich gepreßt, als sie sich küßten.

Nach einiger Zeit sagte er: »Erzähle mir von Eastin, Juanita, dem kleinen Mädchen.«

Seit dem vergangenen Tag hatte Margot alles, was die drei betraf, fest in die Hand genommen.

Sie setzte sich ihm gegenüber und trank einen Schluck. »Es kommt so viel zusammen, alles auf einmal...«

»Das ist manchmal so.« Er fragte sich, was noch passieren mochte, bevor dieser Tag endlich zu Ende ging.

»Fangen wir mit Miles an«, sagte Margot. »Er ist nicht mehr in Lebensgefahr, und vor allem wird er, durch ein Wunder, nicht blind. Die Ärzte nehmen an, daß er die Augen zugemacht hat, einen Bruchteil einer Sekunde, bevor die Säure ihn traf, so daß die Augenlider ihn gerettet haben. Die sind natürlich fürchterlich verbrannt, wie sein ganzes Gesicht auch, und er wird eine plastische Operation nach der anderen durchmachen müssen.«

»Und seine Hände?«

Margot nahm ein Notizbuch aus der Handtasche und schlug es auf. »Das Krankenhaus hat sich mit einem Chirurgen an der Westküste in Verbindung gesetzt - einem Dr. Jack Tupper aus Oakland. Er gilt als der beste Mann im ganzen Land für chirurgische Wiederherstellung von Händen. Man hat ihn telefonisch konsultiert. Er hat zugesagt, Mitte nächster Woche herzufliegen und zu operieren. Ich nehme an, daß die Bank die Kosten übernimmt.«

»Ja«, sagte Alex. »Das wird sie tun.«

»Ich habe mit FBI-Agent Innes gesprochen«, fuhr Margot fort. »Er sagt, daß man ihm als Gegenleistung für seine gerichtliche Aussage Straffreiheit zubilligen und ihm irgendwo anders im Lande eine neue Existenz unter anderem Namen ermöglichen wird.« Sie legte das Notizbuch hin. »Hat Nolan heute schon mit dir gesprochen?«

Alex schüttelte den Kopf. »Es war nicht viel Zeit dazu.«