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Obwohl ihre Weigerung den allgemeinen Verdacht gegen sie noch verstärkte, war es doch so, wie einer der FBI-Männer zu Edwina gesagt hatte: »Wir können sie noch so sehr verdächtigen, und das tun wir auch, aber an Beweisen gibt es nicht das Schwarze unterm Fingernagel. Und wenn das Geld in ihrer Wohnung versteckt sein sollte, so brauchen wir erst einmal einen soliden Hinweis, bevor wir einen Haussuchungsbefehl beantragen können. Und wir haben eben nichts. Natürlich behalten wir sie im Auge. Sie rund um die Uhr beschatten zu lassen, dazu sind wir nicht ermächtigt.«

Die FBI-Agenten hatten sich auch für diesen Tag wieder in der Filiale angesagt, aber niemand sah so recht, was sie da eigentlich noch erreichen könnten.

Eines aber konnte und würde die Bank tun: Sie würde das Arbeitsverhältnis mit Juanita Nünez beenden. Edwina wußte, daß sie die junge Frau heute entlassen mußte.

Ein befriedigendes Ende der Affäre war das nicht.

Sie wandte sich wieder ihrem Frühstück zu, das das Hausmädchen gerade serviert hatte - Rührei und getoastete englische Muffins.

Ihr gegenüber saß Lewis hinter dem »Wall Street Journal« verborgen und schimpfte wie üblich leise vor sich hin über den neuesten Washingtoner Schwachsinn. Dort hatte ein Staatssekretär des Finanzministeriums vor einem Senatsausschuß erklärt, daß die Vereinigten Staaten niemals wieder zum Goldstandard zurückkehren würden. Der Staatssekretär hatte Keynes zitiert und Gold als »dieses barbarische gelbe Relikt« bezeichnet. Gold, behauptete er, habe als internationales Zahlungsmittel ausgedient.

»Mein Gott! So ein Vollidiot!« Lewis warf einen wütenden Blick über die stahlgefaßten Halbmondgläser seiner Brille, dann schleuderte er die Zeitung auf den Fußboden, wo schon die »New York Times«, der »Chicago Tribune« und die Londoner »Financial Times« vom Vortag lagen. Alle diese Blätter hatte er überflogen. Er schimpfte weiter über den Beamten vom Finanzministerium: »In fünf Jahrhunderten, wenn dieser Trottel längst zu Staub zerfallen ist, wird das Gold immer noch die einzige solide Basis für alle Zahlungsmittel der Welt sein. Aber bei diesen Ignoranten, die bei uns an der Macht sind, gibt es für uns keine Hoffnung mehr, nicht einen Schimmer!«

Lewis packte eine Tasse Kaffee, hob sie an sein hageres, ergrimmtes Gesicht und schluckte. Dann wischte er sich die Lippen mit einer Leinenserviette.

Edwina hatte den »Christian Science Monitor« durchgeblättert. Sie sah auf. »Wirklich ein Jammer, daß du in fünf Jahrhunderten nicht mehr hier sein wirst, um zu denen sagen zu können: >Seht ihr, ich hab's euch doch gleich gesagt.««

Lewis war ein kleiner Mann mit einem so hageren Körper, daß er zerbrechlich und halbverhungert wirkte; was aber keineswegs der Fall war, weder das eine noch das andere. Sein Gesicht paßte zu seinem Körper, es schien nur aus Knochen zu bestehen. Er hatte flinke Bewegungen, und seine Stimme klang meistens ungeduldig. Gelegentlich witzelte Lewis über seine wenig imposante Statur. Dann tippte er sich an die Stirn und versicherte: »Was die Natur an der Karosserie versäumt hat, das hat sie hier oben wiedergutgemacht.«

Und das stimmte, das gaben selbst diejenigen zu, die ihn nicht ausstehen konnten; er hatte ein bemerkenswert schnell und gut arbeitendes Gehirn, vor allem, wenn es um Geld und Finanzen ging.

Seine morgendlichen Wutausbrüche beeindruckten Edwina kaum. Zum einen hatte sie in ihrer vierzehnjährigen Ehe gelernt, daß sein Zorn sich höchst selten gegen sie richtete; zum anderen wußte sie, daß er sich schon für seine Morgensitzung an der Schreibmaschine in Form brachte, wo er dann zu brüllen anheben würde im gerechten Zorn eines Jeremias, wie es die Leser seines zweimal im Monat erscheinenden FinanzInformationsbriefes von ihm erwarteten.

Der sehr teure private Informationsbrief, der Lewis D'Orseys Investitionsratschläge unter einer exklusiven Gruppe internationaler Abonnenten verbreitete, diente ihm einerseits als enorme Einkommensquelle und andererseits als sein persönlicher Speer, mit dem er Regierung, Präsidenten, Ministerpräsidenten und assortierte Politiker aufspießte, wenn ihm eine ihrer fiskalischen Entscheidungen mißfiel. Die meisten mißfielen ihm.

Viele der auf moderne Theorien eingeschworenen Finanzleute, einschließlich einiger Angehöriger der First Mercantile American Bank, sahen rot, wenn sie nur an den unabhängigen, bissigen, ultrakonservativen Informationsbrief von Lewis D'Orsey dachten. Ganz anders urteilte die Mehrheit von Lewis' begeisterten Abonnenten, die in ihm eine Mischung von Moses und Midas inmitten einer Generation finanzieller Hohlköpfe erblickten.

Und das mit gutem Grund, fand Edwina. Hatte man das Lebensziel, Geld zu machen, dann war es schon vernünftig, auf Lewis zu hören. Das hatte er viele Male auf geradezu unheimliche Weise mit Ratschlägen bewiesen, die denen, die sie beachteten, hübsche Summen eingetragen hatten.

Ein Beispiel dafür war das Gold. Während andere ihn mitleidig belächelten, hatte Lewis schon lange im voraus einen geradezu dramatischen Anstieg im freien Marktpreis prophezeit. Er empfahl auch dringend den Ankauf südafrikanischer Goldminen-Aktien, die damals billig zu haben waren. Seither hatten mehrere seiner Abonnenten geschrieben und mitgeteilt, daß sie es inzwischen zum Millionär gebracht hätten, und zwar allein deshalb, weil sie seinem Rat gefolgt waren.

Mit ähnlich guter prophetischer Gabe hatte er die Serie von Dollarabwertungen vorausgesehen und seinen Lesern empfohlen, jeden Cent, den sie flüssigmachen könnten, in anderen Währungen anzulegen, vor allem in Schweizer Franken und D-Mark, was viele auch taten - und sehr zu ihrem Vorteil.

In der letzten Nummer von »The D'Orsey Newsletter« hatte er geschrieben:

»Der US-Dollar, einst eine stolze und ehrliche Währung, ist todgeweiht wie die Nation, die er repräsentiert. In finanzieller Hinsicht hat Amerika den Punkt ohne Wiederkehr hinter sich gelassen. Dank einer verrückten Fiskalpolitik, fehlkonzipiert von unfähigen und korrupten Politikern, die ausschließlich an sich selbst und ihrer Wiederwahl interessiert sind, leben wir in einem finanziellen Desaster, das sich nur noch verschlimmern kann.

Weil wir nun einmal von Schurken und Schwachsinnigen regiert werden und weil die Öffentlichkeit treu und bieder und ahnungslos zuschaut, ohne einen Finger zu rühren, ist es höchste Zeit, in die finanziellen Rettungsboote zu gehen! Rette sich, wer kann!

Wenn Sie Dollars haben, behalten Sie nur so viele davon, wie Sie für das Taxi, Ihre Mahlzeiten und für Briefmarken brauchen. Und natürlich eine Summe, die für ein Flugticket in ein glücklicheres Land ausreicht.

Der kluge Investor verläßt die Vereinigten Staaten, lebt im Ausland und verzichtet auf seine amerikanische Staatsbürgerschaft. Amtlich heißt es im Internal Revenue Code, Paragraph 877, daß ein Bürger der USA, der seine Staatsbürgerschaft    ablegt, um seine Einkommensteuerpflicht zu umgehen, steuerpflichtig bleibt, falls die Steuerbehörde den Sachverhalt beweisen kann. Aber wer sich auskennt, kann der Steuerbehörde auf legale Weise ein Schnippchen schlagen. (Siehe »The D'Orsey Newsletter« vom Juli vorigen Jahres zu dem Thema:    »Wie werde ich ein ehemaliger US-Staatsbürger.« Einzelexemplare sind noch lieferbar zum Preise von 16 US-Dollar oder 40 sfr.)

Der Grund für den Wechsel in Landschaft und Loyalität: Der Wert des US-Dollars wird weiter schwinden, zusammen mit Amerikas fiskalischer Freiheit.

Und wenn Sie dieses Land aus irgendwelchen Gründen nicht verlassen können, dann schicken Sie wenigstens Ihr Geld ins Ausland. Konvertieren Sie Ihre US-Dollars, solange es noch geht (das wird vielleicht nicht mehr lange dauern!), in D-Mark, Schweizer Franken, holländische Gulden, in österreichische Schilling, in Krüger-Rands.