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Angst, richtige Angst trat in Eastins Augen. »Ja. Ich weiß. Sie müssen mir helfen! Bitte!«

Von der Wohnungstür her sagte Wainwright kalt: »Ich werd's mir überlegen. Nachdem Sie Ihre Erklärung geschrieben haben.«

Der Sicherheitschef der Bank diktierte, während Eastin gehorsam die Worte niederschrieb.

Ich, Miles Broderick Eastin, gebe diese Erklärung aus eigenem freien Willen ab. Gegen mich ist keine Gewalt angewendet worden, mir ist auch nicht mit Gewaltanwendung gedroht worden ...

Ich gestehe, die Summe von sechstausend Dollar von der First Mercantile American Bank gestohlen zu haben, und zwar am Mittwoch, den ... Oktober, gegen 13.30 Uhr ...

Ich habe das Geld auf folgende Weise an mich gebracht und dann verborgen:...

Eine Viertelstunde zuvor war Miles Eastin nach Wainwrights Drohung, ihn jetzt zu verlassen, endgültig und vollständig zusammengebrochen. Er wehrte sich nicht mehr, geduckt saß er da und tat, was ihm befohlen wurde.

Während Eastin jetzt weiter damit beschäftigt war, sein Geständnis niederzuschreiben, rief Wainwright den FBI-Mann Innes zu Hause an.

15

In der ersten Novemberwoche verschlechterte sich Ben Rossellis Zustand. Seit der Bankpräsident vor vier Wochen bekanntgegeben hatte, daß er an einer unheilbaren Krankheit leide, war seine Kraft rasch geschwunden, und sein Leib wurde aufgezehrt, während die wuchernden Krebszellen ihren Würgegriff festigten.

Wer den alten Ben zu Hause besuchte - unter ihnen Roscoe Heyward, Alex Vandervoort, Edwina D'Orsey, Nolan Wainwright und verschiedene Direktoren der Bank -, sah mit Bestürzung Ausmaß und Geschwindigkeit seines Niedergangs. Auch ein Laie konnte sehen, daß ihm nur noch eine sehr kurze Spanne Lebens geblieben war.

Während Mitte November ein wilder Sturm mit Orkanböen über die Stadt herfiel, brachte ein Krankenwagen Ben Rosselli in den Privatpavillon des Mount Adams Hospital. Es war eine kurze Reise, und es sollte die letzte sein, die er in seinem Leben unternahm. Er stand jetzt fast ununterbrochen unter schmerzstillenden Drogen, so daß die Augenblicke klaren Bewußtseins von Tag zu Tag seltener wurden.

Die letzte Spur einer Kontrolle über die First Mercantile American Bank war ihm entglitten, und eine Gruppe ranghoher Direktoren wurde sich in einer vertraulichen Sitzung rasch einig, daß das Gesamtdirektorium einberufen und ein Nachfolger des Präsidenten benannt werden müsse.

Die entscheidende Direktoriumssitzung wurde für den 4. Dezember anberaumt.

Die ersten Direktoren trafen kurz vor 10.00 Uhr ein. Sie begrüßten einander herzlich, alle traten mit zwanglosem Selbstbewußtsein auf - jener Patina des erfolgreichen Geschäftsmannes in Gesellschaft von seinesgleichen.

Die allgemeine Herzlichkeit war nur wenig gedämpfter als üblich, aus Respekt vor dem sterbenden Ben Rosselli, der sich, knapp zwei Kilometer von hier entfernt, noch immer schwach an das Leben klammerte. Aber die sich versammelnden Direktoren waren Admirale und Feldmarschälle des Handels, wie Ben selbst einer gewesen war, und sie wußten, daß, was auch kommen mochte, Handel und Wandel weitergehen mußten, denn sie waren das unerläßliche Schmiermittel einer funktionierenden Zivilisation. Die Stimmung, in der sie zusammenkamen, schien auszudrücken: Der Grund für die Entscheidungen, die wir heute treffen müssen, ist beklagenswert, aber wir müssen unsere ernste und feierliche Pflicht gegenüber dem System erfüllen.

So begaben sie sich entschlossen in das nußbaumgetäfelte Sitzungszimmer, in dem Porträts und Fotos bekannter Vorgänger hingen, die, einst selbst von Bedeutung, längst dahingeschieden waren.

Das Direktorium jeder größeren Gesellschaft hat Ähnlichkeit mit einem exklusiven Club. Dem amerikanischen Direktorium, dem »Board«, gehören, abgesehen von drei oder vier hauptberuflichen Direktoren des Spitzenmanagements, rund zwanzig hervorragende Geschäftsleute aus anderen Branchen an, die oft genug selbst Direktoriumsvorsitzende oder Präsidenten eigener Gesellschaften sind.

Diese Direktoriumsmitglieder werden gewöhnlich aus einem oder mehreren Gründen ernannt - wegen ihrer Leistungen in anderen Häusern, wegen des Prestiges der Institution, die sie vertreten, oder auch wegen einer starken - meist finanziellen -Verbindung mit der Gesellschaft, deren Direktoriumsmitglieder sie sind.

Unter Geschäftsleuten gilt es als hohe Ehre, einem Direktorium anzugehören, und der Ruhm wächst entsprechend dem Prestige der Gesellschaft. Deshalb gibt es Geschäftsleute, die Direktorentitel sammeln, wie die Indianer einst Skalps sammelten. Auch werden Direktoren mit höchst schmeichelhafter Ehrerbietung behandelt und großzügig entschädigt - größere Gesellschaften zahlen jedem Direktor für die Teilnahme an einer Sitzung ein- bis zweitausend Dollar bei normalerweise zehn Sitzungen im Jahr.

Besonders hohen Prestigewert hat es, Mitglied im Direktorium einer führenden Bank zu werden; das ist für den amerikanischen Geschäftsmann ungefähr das gleiche wie ein Ritterschlag durch die Königin von England. Die First Mercantile American leistete sich, wie es einer der zwanzig größten Banken des Landes geziemte, ein imposantes Direktorium.

Jedenfalls empfand man es als imposant.

Alex Vandervoort betrachtete die anderen Direktoren, als sie ihre Plätze an der langen, ovalen Sitzungstafel einnahmen, und fand, daß der Prozentsatz an totem Holz groß sei. Auch Interessenkonflikte waren vertreten, denn einige Direktoren, oder ihre Gesellschaften, waren gewichtige Kreditnehmer der Bank. Sollte er Präsident werden, so wollte er das FMA-Direktorium härter der Wirklichkeit anpassen und es weniger als gemütlichen Club sehen.

Wer aber würde Präsident? Er oder Heyward?

Sie kandidierten beide. Beide würden bald, wie jeder, der sich um ein Amt bemüht, ihre Ansichten im einzelnen darlegen. Jerome Patterton, der Stellvertretende Direktoriumsvorsitzende, der heute den Vorsitz führte, hatte sich vor zwei Tagen an Alex gewandt. »Sie wissen so gut wie jeder von uns, daß wir uns zwischen Ihnen und Roscoe zu entscheiden haben. Sie sind beide gute Männer; hier eine Wahl zu treffen ist nicht leicht. Deshalb helfen Sie uns bitte. Sagen Sie uns, wie Sie zur FMA stehen, in irgendeiner Form, die Sie für richtig halten. Das Was Roscoe Heyward, das wußte Alex, hatte eine ähnliche Einladung erhalten.

Heyward, der Alex genau gegenüber saß, hatte sich bezeichnenderweise mit einem sorgsam ausgearbeiteten Text bewaffnet und studierte ihn jetzt. Sein Adlergesicht drückte inneren Ernst aus, die grauen Augen hinter den randlosen Brillengläsern waren ruhig und fest auf die Maschinenschrift gerichtet. Zu Heywards Qualitäten gehörten ein seziermesserscharfer Verstand und    intensive Konzentrationsfähigkeit, besonders wenn es um Zahlen ging. Ein Kollege hatte einmal gesagt: »Roscoe kann eine Gewinn-und Verlustrechnung so lesen wie ein Dirigent die Partitur einer Symphonie - er wittert die Nuancen, erkennt schwierige Noten, unvollständige Passagen, Crescendi und Möglichkeiten, die andere übersehen.« Ohne Zweifel würden Zahlen in dem, was Heyward zu sagen hatte, eine Rolle spielen.

Alex war sich nicht schlüssig, ob er in seinen eigenen Ausführungen Zahlen erwähnen sollte oder nicht. Entschied er sich für Zahlen, so mußte er sie aus dem Gedächtnis zitieren, denn er hatte keine Unterlagen mitgebracht. Er hatte bis weit in die Nacht hinein überlegt und dann beschlossen zu warten, bis der Augenblick gekommen war. Dann wollte er sich von der Atmosphäre leiten und Worte und Gedanken sich ihren eigenen Weg suchen lassen.