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Der Zusammenbruch von Währungen«, fuhr Lewis fort, »ist nichts Neues. In unserem eigenen Jahrhundert wimmelt es von Beispielen, und in jedem einzelnen Fall kann man es auf ein und dieselbe Ursache zurückführen - auf eine Regierung, die mit der Syphilis der Inflation angefangen hat, indem sie per Dekret Geld druckt, das weder durch Gold noch irgendeinen anderen Wert gedeckt ist. Und genau das haben die Vereinigten Staaten in den letzten fünfzehn Jahren getan.«

»Es sind mehr Dollars im Umlauf, als eigentlich sein dürften«, gab Alex zu. »Daran ist leider nicht zu zweifeln.«

Lewis nickte ingrimmig. »Und wir haben mehr Schulden, als jemals zurückgezahlt werden können; Schulden, die sich ausweiten wie ein ungeheurer Luftballon. Die amerikanischen Regierungen haben wie wild die Milliarden ausgegeben, sie haben wie verrückt geborgt, sie haben einen unvorstellbaren Schuldenberg aufgehäuft, und dann haben sie die Druckerpressen angeworfen und mehr Geld und immer mehr Inflation produziert. Und die Menschen, jeder einzelne, sind diesem Beispiel gefolgt.« Lewis zeigte in Richtung des Leichenwagens, der ihnen jetzt voranfuhr. »Banker wie Ben Rosselli haben nach Kräften mitgeholfen und neue, verrückte Schulden auf schon vorhandene Schulden getürmt. Und auch Sie, Alex, mit Ihren inflationären Kreditkarten und Ihren leicht gewährten Darlehen. Wann werden die Leute endlich wieder lernen, daß man nicht mühelos und ungestraft auf Pump lebt? Ich sage euch, als Volk und als Individuen haben die Amerikaner verloren, was sie früher einmal besaßen - nämlich die finanzielle Einsicht.«

»Falls du dich fragst, Margot«, sagte Edwina, »Lewis und ich spreche n sonst nicht oft über das Bankgeschäft. Es ist friedlicher so zu Hause.«

Margot lächelte. »Lewis, du hörst dich genauso an wie dein Informationsbrief.«

»Oder«, sagte er, »wie ein Flügelschlag in einem leeren Raum, den kein Mensch hört.«

Edwina sagte unvermittelt: »Es wird ein weißes Begräbnis.« Sie beugte sich vor und betrachtete durch die beschlagenen Fenster des Wagens den Schnee, der jetzt in schweren, dicken Flocken fiel. Die Vorstadtstraßen, die sie nun erreicht hatten, waren glatt und rutschig von dem frisch gefallenen Schnee, und der Trauerzug kam nur noch langsam voran, da die Motorradeskorte an der Spitze aus Sicherheitsgründen das Tempo verringerte.

Alex sah, daß es jetzt nicht einmal mehr einen Kilometer bis zum Friedhof war.

Lewis D'Orsey fügte noch ein Postskriptum an. »Für die meisten Menschen ist deshalb alle Hoffnung dahin, das Spiel mit dem Geld ist aus. Ersparnisse, Renten und festverzinsliche Papiere werden wertlos; die Uhr ist fünf nach Mitternacht. Jetzt heißt es, rette sich, wer kann, es geht ums Überleben, es wird Zeit, sich um die finanziellen Schwimmwesten zu balgen. Und es gibt tatsächlich Möglichkeiten, vom allgemeinen Unglück zu profitieren. Falls du interessiert bist, Margot, du findest die genaue Beschreibung in meinem neuesten Buch, >Depressionen und Katastrophen, und wie man mit ihnen Geld macht«. Es verkauft sich übrigens sehr gut.«

»Wenn's dir nichts ausmacht, passe ich«, sagte Margot. »Ich käme mir dabei vor wie jemand, der während einer BeulenpestEpidemie die Weltvorräte an Impfstoff aufkauft.« Alex hatte den anderen den Rücken zugewandt und starrte durch die Windschutzscheibe nach vorn. Manchmal, dachte er, wurde Lewis theatralisch und ging dann zu weit. Meistens allerdings basierte das, was er sagte, auf einem soliden Fundament von Vernunft und logischem Denken. Das war auch heute wieder der Fall. Und Lewis konnte durchaus recht haben mit seiner Prophezeiung, daß ein finanzieller Zusammenbruch bevorstand. Kam es dazu, dann mußte es der katastrophalste der Geschichte werden.

Und Lewis D'Orsey stand nicht etwa allein da. Es gab etliche Finanzpropheten, die seine Meinung teilten, wenn sie auch wenig populär waren und oft verspottet wurden, zum Teil wohl deshalb, weil kein Mensch gern an die Apokalypse glaubt -schon gar nicht die Banker.

Aber es fügte sich so, daß Alex neuerdings in zweifacher Hinsicht ähnlich dachte wie Lewis. Einmal war er überzeugt davon, daß Sparsamkeit und maßvolles Wirtschaften dringend nötig seien - aus diesem Grunde hatte Alex vor einer Woche in seiner Rede vor dem Direktorium die Bedeutung von Spareinlagen so stark herausgestrichen. Zum anderen empfand er Unbehagen angesichts der Aufblähung der individuellen Schuldenlast infolge der sich rasch vermehrenden Kreditnahme, insbesondere und vor allem auf dem Wege über jene kleinen Karten aus Plastik.

Er drehte sich wieder um und sah Lewis ins Gesicht. »Nehmen wir einmal an, Sie seien ein kleiner Sparer, der sein bißchen Geld in US-Dollar angelegt hat, und nehmen wir weiter an, Sie glauben fest an den bevorstehenden Zusammenbruch. Bei was für einer Bank hätten Sie dann Ihr Geld am liebsten?«

Ohne zu zögern, sagte Lewis: »Bei einer großen. Kommt der Krach, dann brechen die kleinen Banken zuerst zusammen. So war es in den zwanziger Jahren, als die Kleinbanken wie die Kegel purzelten, und so wird es wieder sein, denn die kleinen Banken haben nicht genug Bargeld, um eine Panik und einen Run auf die Schalter überleben zu können. Übrigens können Sie die Bundes-Einlagenversicherung ruhig vergessen. Das Geld macht weniger als ein Prozent aller Bankeinlagen aus, nicht annähernd genug, um eine Kettenreaktion von Bankkrächen im ganzen Land abzufangen.«

Lewis dachte einen Augenblick lang nach und fuhr dann fort: »Aber nächstes Mal werden nicht nur die kleinen Banken kaputtgehen. Es wird auch ein paar von den großen treffen - und zwar diejenigen, die zu viele Millionen in großen Industriekrediten stecken haben; die einen zu hohen Prozentsatz an internationalen Einlagen haben - heißes Geld, das über Nacht verschwinden kann; die nicht liquide genug sind, wenn verängstigte Sparer Bargeld sehen wollen. Wäre ich also der Sparer, von dem Sie reden, Alex, dann würde ich die Bilanzen der Großbanken studieren und mir eine aussuchen, bei der das Verhältnis Kredite zu Einlagen niedrig ist und die über eine breite Basis an einheimischen Sparern verfügt.«

»Na, das ist ja fein«, sagte Edwina. »Es fügt sich so, daß FMA alle diese Voraussetzungen erfüllt.«

Alex nickte. »Im Augenblick.« Aber dieses Bild könnte sich ändern, dachte er, wenn das Direktorium Roscoe Heywards Plänen für neue und massive Industriekredite zustimmte.

Dieser Gedanke erinnerte ihn daran, daß sich die Direktoren der Bank in zwei Tagen versammeln würden, um ihre vor einer Woche unterbrochene Sitzung wiederaufzunehmen.

Jetzt verlangsamte der Wagen seine Fahrt, stoppte, fuhr wieder ein kleines Stück und hielt dann erneut. Sie hatten den Friedhof erreicht.

Türen der anderen Wagen öffneten sich, Menschen stiegen aus. Sie trugen Schirme oder hielten Mantelkragen vorn zusammen, vorgebeugt gegen Kälte und dicht fallenden Schnee. Der Sarg wurde vom Leichenwagen gehoben. Bald war auch er von Schnee bedeckt.

Margot nahm Alex' Arm und schloß sich mit den D'Orseys der stillen Prozession an, die Ben Rosselli zu seinem Grabe folgte.

17

Einer vorherigen Absprache gemäß, nahmen Roscoe Heyward und Alex Vandervoort an der wiederaufgenommenen Sitzung des Direktoriums nicht teil. Jeder wartete in seinem Büro darauf, daß man ihn rief.

Der Ruf kam kurz vor Mittag, zwei Stunden, nachdem das Direktorium die Diskussion eröffnet hatte. Ebenfalls gerufen wurde der Vizepräsident für die Öffentlichkeitsarbeit der Bank, Dick French, der eine Presseerklärung über den neuen FMA-Präsidenten herauszugeben haben würde.

Der Public-Relations-Chef hatte schon zwei Presseerklärungen, komplett mit Porträtfotos, vorbereiten lassen.

Die Schlagzeilen der beiden Erklärungen lauteten: