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Er dachte an Celia, die niemals irgendwelche Initiativen ergriffen hatte, wie sehr er es sich auch gewünscht hatte. Und er erinnerte sich, wie immer mit tiefem Bedauern, daran, was aus Celia geworden war. Aber er hatte etwas von ihr gelernt: Daß der Mann nie zu seinem Selbst findet, wenn die Frau, die er liebt, innerlich nicht frei ist, mit ihrer Freiheit nichts anzufangen weiß und sie nicht nutzt, um selbst Erfüllung zu finden.

Alex ließ die Hände auf Margots Schultern fallen. Durch das dünne seidene Nachthemd konnte er ihre duftende Wärme spüren, ihren weichen Leib fühlen. Sanft sagte er: »So, wie du bist, so liebe ich dich, und so will ich dich. Wenn du dich änderst, heuere ich sofort eine andere Anwältin an und verklage dich wegen Bruchs des Liebesversprechens.«

Seine Hände wanderten von ihren Schultern langsam und liebkosend tiefer herab. Er hörte, wie sie schneller atmete; einen Augenblick später wandte sie sich ihm drängend zu: »Zum Teufel noch mal, worauf warten wir noch?«

»Weiß Gott«, sagte er. »Komm ins Bett.«

3

Der Anblick war so ungewöhnlich, daß einer der Kreditbearbeiter der Filiale, Cliff Castleman, auf Edwinas Schreibtisch zusteuerte.

»Mrs. D'Orsey, haben Sie zufällig schon mal aus dem Fenster geschaut?«

»Nein«, sagte Edwina. Sie hatte sich auf die morgendliche Post konzentriert. »Warum denn?«

Es war Mittwoch, und die Uhr in der Cityfiliale der First Mercantile American zeigte fünf vor neun.

»Ich dachte, es würde Sie vielleicht interessieren«, sagte Castleman. »Da draußen steht eine Menschenschlange, wie ich sie noch nie vor Beginn der Schalterstunden erlebt habe.«

Edwina sah hoch. Mehrere Angestellte reckten die Hälse, um einen Blick aus den Fenstern werfen zu können. Es herrschte im Raum ein stärkeres Stimmengewirr, als es sonst zu dieser frühen Stunde üblich war. Sie spürte Unruhe und Besorgnis mitschwingen.

Edwina stand von ihrem Schreibtisch auf und ging die paar Schritte zu einem der riesigen Fenster hinüber, die Teil der Straßenfront des Gebäudes waren. Was sie da sah, war verblüffend. Eine lange Menschenschlange, in Vierer- oder Fünferreihen, wand sich vom Hauptportal an der gesamten Länge des Gebäudes entlang; wo die Schlange endete, konnte sie von hier aus nicht sehen. Allem Anschein nach warteten alle diese Leute auf die Öffnung der Bank.

Sie starrte ungläubig hinaus. »Was soll denn das, um alles in der Welt...«

»Einer von uns ist vorhin rausgegangen«, berichtete Castleman. »Die Schlange reicht bis halb über die Rosselli Plaza, und immer neue Menschen stellen sich an.«

»Hat irgend jemand gefragt, was die alle wollen?«

»Einer der Sicherheitsbeamten soll gefragt haben. Die Antwort war, sie wollten ein Konto einrichten.«

»Das ist doch lächerlich! Die alle? Allein von hier aus kann ich an die dreihundert Menschen sehen. Wir haben noch nie so viele neue Kunden an einem einzigen Tag gehabt.«

Der Kreditbearbeiter zuckte die Achseln. »Ich gebe nur wieder, was ich gehört habe.«

Tottenhoe, der Innenleiter, trat mit der üblichen brummigen Miene zu ihnen ans Fenster. »Ich habe die Sicherheitszentrale benachrichtigt«, sagte er zu Edwina. »Sie schicken mehr Wächter, und Mr. Wainwright ist auf dem Weg hierher. Sie haben auch die städtische Polizei benachrichtigt.«

Edwina konstatierte: »Nichts deutet auf Krawall hin. Die Leute machen einen friedlichen Eindruck.«

Es war eine gemischte Schar, wie sie erkennen konnte; etwa zwei Drittel waren Frauen, wobei Schwarze in der Überzahl waren. Viele von ihnen hatten Kinder dabei. Einige der Männer trugen einen Overall und sahen aus, als hätten sie gerade ihren Arbeitsplatz verlassen oder als seien sie auf dem Weg dahin. Andere trugen, was sie gerade vom Haken gegriffen hatten; einige wenige waren ausgesprochen gut gekleidet.

Die Menschen in der Schlange unterhielten sich miteinander, zum Teil lebhaft, aber niemand schien in feindseliger Stimmung zu sein. Einige bemerkten, daß sie beobachtet wurden, lächelten und nickten den Bankangestellten zu.

»Sehen Sie sich das an!« Cliff Castleman zeigte auf die Straße. Ein Fernseh-Team mit Kamera war auf der Szene erschienen. Während Edwina und die anderen zusahen, begannen die Männer zu filmen.

»Friedlich oder nicht«, sagte der Kreditmann, »es muß was dahinterstecken, daß alle diese Leute auf einmal herkommen.«

Wie ein Blitz kam Edwina die Erkenntnis. »Das ist Forum East«, sagte sie. »Ich gehe jede Wette ein, daß es mit Forum East zu tun hat.«

Mehrere andere, die ihren Schreibtisch in der Nähe hatten, waren herübergekommen und hörten zu.

Tottenhoe sagte: »Wir sollten erst öffnen, wenn die zusätzlichen Wächter hier sind.«

Alle Augen richteten sich auf die Wanduhr. Sie zeigte eine Minute vor neun.

»Nein«, entschied Edwina. Sie sprach lauter, so daß die anderen sie hören konnten. »Wir öffnen wie üblich, um Punkt neun. Bitte gehen Sie alle an Ihre Arbeit.«

Tottenhoe verschwand eilig, Edwina kehrte an ihren Schreibtisch zurück.

Von ihrem Beobachtungsposten aus sah sie, wie die Haupteingangstür geöffnet wurde und die ersten Menschen hereinströmten. Die an der Spitze der Schlange gestanden hatten, hielten nach Betreten der Schalterhalle einen Augenblick lang Umschau, dann gingen sie rasch weiter, und andere hinter ihnen drängten herein. Augenblicklich war die ganze große Schalterhalle der Filiale mit einer schnatternden und lauten Menschenmenge gefüllt. Das Gebäude, vor weniger als einer Minute noch relativ ruhig, war zu einem lärmenden Babel geworden. Edwina sah, wie ein riesiger, schwerer schwarzer Mann ein paar Dollarnoten schwenkte und mit lauter Stimme verkündete: »Ich will mein Geld hier auf die Bank bringen.«

Ein Sicherheitsbeamter zeigte ihm den Weg: »Da drüben werden neue Konten eingerichtet.« Der Beamte zeigte auf einen Schreibtisch, an dem eine Angestellte - ein junges Mädchen -wartete. Sie wirkte nervös. Der große Mann marschierte zu ihr hinüber, lächelte beruhigend und setzte sich. Sofort drängte eine Traube von anderen nach und stellte sich in ungeordneter Reihe hinter ihm auf, geduldig wartend, bis auch sie an die Reihe kämen.

Tatsächlich schien es so, als seien sie alle gekommen, um ein Konto zu eröffnen.

Edwina sah, wie der große Mann sich behaglich zurücklehnte, die Dollarscheine noch immer in der Hand. Seine Stimme erhob sich über das Gewirr der anderen Gespräche, und sie hörte, wie er erklärte: »Ich hab's nicht eilig, ganz und gar nicht. Da ist so einiges, was ich Sie fragen wollte. Vielleicht können Sie mir das erklären.«

Weitere zwei Schreibtische wurden rasch von anderen Angestellten besetzt. Ebenso rasch bildeten sich breite und lange Menschenschlangen auch vor diesen Tischen.

Gewöhnlich reichten drei Angestellte völlig aus, um neue Konten zu eröffnen, aber diesen Massenandrang konnten sie sichtlich nicht bewältigen. Edwina erblickte Tottenhoe auf der anderen Seite der Halle und rief ihn über die Sprechanlage an. Sie gab Anweisung: »Mehr Schreibtische für Kontoeröffnungen, besetzen Sie die Tische mit allen Angestellten, die Sie überhaupt entbehren können.«

Selbst wenn man sich dicht über den Lautsprecher der Anlage beugte, war es schwer, in dem allgemeinen Lärm die Worte zu verstehen.

Ingrimmig erwiderte Tottenhoe: »Es ist Ihnen natürlich klar, daß wir diese Leute heute nicht alle abfertigen können, und die, die wir schaffen, blockieren alle Arbeitskräfte, die wir haben.«

»Und genau das will irgend jemand auch erreichen«, meinte Edwina. »Sorgen Sie dafür, daß so schnell wie irgend möglich abgefertigt wird.«

Aber sie wußte genau, daß die Einrichtung eines neuen Kontos etwa zehn bis fünfzehn Minuten erforderte, ganz gleich, wie schnell man arbeitete. Schreibarbeit dauerte nun mal ihre Zeit.