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Der Koch stand immer noch wartend da. Quartermain nahm keine Notiz von ihm.

In Erinnerungen schwelgend, erzählte er: »Hatten ein Werk bei Denver, Zulieferer, Teilmontage. Viel Ärger mit den Leuten. Irrsinnige Lohnforderungen, absolut verrückt. Anfang dieses Jahres rief die Gewerkschaft wieder mal den Streik aus, den letzten von vielen. Ich habe unseren Leuten gesagt - den Werksmanagern -, macht den Schweinen begreiflich, daß wir die Bude dichtmachen. Kein Mensch hat uns geglaubt. Wir haben Studien machen lassen, Ausweichmöglichkeiten geplant. Haben Werkzeugmaschinen und Pressen in eins unserer anderen Werke schaffen lassen. Haben dann die Produktion aufgenommen. In Denver haben wir dichtgemacht. Mit einem Schlag kein Werk, keine Jobs, keine Lohntüten. Jetzt liegen sie alle auf den Knien und winseln - Arbeiter, Gewerkschaft, die Stadt Denver, die Regierung des Bundesstaates -, ringen die Hände, flehen uns an, wieder aufzumachen.« Er betrachtete seinen Martini und sagte dann großmütig: »Na, vielleicht tun wir's. Neues Produktionsprogramm, und zu unseren Bedingungen. Aber zu Kreuze gekrochen sind wir nicht.«

»Fabelhaft, George!« sagte The Hon. Harold. »Wir brauchen Leute mit Rückgrat. Aber das Problem in unserer Bank ist ein bißchen anders gelagert. In gewisser Beziehung befinden wir uns noch immer in einer Interimssituation, die, wie Sie ja wissen, mit Ben Rossellis Tod einsetzte. Aber ziemlich viele bei uns hoffen, unsern Roscoe hier im nächsten Frühling am Ruder zu sehen.«

»Freut mich. Geb' mich nicht gern mit Leuten ab, die nicht an der Spitze stehen. Wer mit mir ins Geschäft kommen will, muß entscheiden können, dann dafür sorgen, daß die Entscheidung steht.«

»Ich kann Ihnen versichern, George«, sagte Heyward, »daß die Bank sich an jede Entscheidung halten wird, die Sie und ich treffen.«

Heyward erkannte, daß ihr Gastgeber ihn und Harold Austin außerordentlich geschickt in die Rolle von Bittstellern manövriert hatte - eine Rolle, die ihm als Bankier ungewohnt war. Aber es war nun einmal nicht daran zu rütteln - ein Kredit für Supranational würde nicht nur eine sorgenfreie Anlage, sondern für die FMA Bank auch einen enormen Prestigegewinn bedeuten. Mindestens ebenso wichtig war, daß er Vorläufer für andere, neue Industriekonten sein konnte, die dem Schrittmacher Supranational Corporation folgen würden.

Barsch fuhr Big George den Koch an. »Na, was ist?«

Die Gestalt in Weiß erwachte wie elektrisiert zum Leben. Der Koch streckte die schwarze Ledermappe vor, die er seit seinem Eintritt bereitgehalten hatte. »Das Menü, Monsieur, zum Luncheon. Ich bitte um Genehmigung.«

Big George machte keine Anstalten, die Mappe entgegenzunehmen. Er überflog nur den Text, der ihm hingehalten wurde. Sein Finger schoß wie ein Pfeil vor. »Ändern Sie den Waldorf- in einen Cäsar-Salat.«

»Oui, Monsieur.«

»Und der Nachtisch. Kein Glace Martinique. Ein Soufflé Grand Marnier.«

»Gewiß, Monsieur.«

Mit einem Kopfnicken wurde der Mann entlassen. Als er sich zum Gehen wandte, brüllte Big George ihm nach: »Und wenn ich ein Steak bestelle, wie will ich es?«

»Monsieur« - der Koch machte mit seiner freien Hand eine beschwörende Geste -, »ich 'abe bereits zweimal Entschuldigung gebeten wegen unglücklischer Weise gestern abend.«

»Papperlapapp. Meine Frage war: Wie will ich es?«

Mit gallischem Schulterzucken intonierte der Chef eine auswendig gelernte Lektion: »Medium, aber eher etwas mehr durchgebraten.«

»Vergessen Sie das nicht wieder.«

Der Verzweiflung nahe stammelte der Koch: »Monsieur, wie kann isch je vergessen?« Niedergeschlagen zog er sich zurück.

»Noch was ist wichtig«, teilte Big George seinen Gästen mit. »Niemals den Leuten was durchgehen lassen. Ich zahle dem Franzmann ein Vermögen, damit er genau weiß, wie ich mein Essen haben will. Gestern abend hat er danebengehauen - nicht viel, aber es reichte, um ihm die Leviten zu lesen. Nächstes Mal wird er dran denken. Wie ist der Kurs?« Mondstrahl war mit einem Zettel in der Hand zurückgekehrt.

Mit ihrem leichten Akzent las sie vor: »FMA wird jetzt mit fünfundvierzig dreiviertel gehandelt.«

»Na, bitte schön«, sagte Roscoe Heyward, »wir sind um noch einen Punkt geklettert.«

»Aber noch nicht wieder so hoch wie damals, ehe Rosselli ins Gras gebissen hatte«, sagte Big George. Er lächelte breit. »Doch wenn die Leute Wind davon bekommen, daß Sie bei der Finanzierung von Supranational helfen, werden Ihre Aktien in die Höhe schießen.«

Das war schon möglich, dachte Heyward. In der vielfach verschlungenen Welt des Geldes und der Aktienpreise ereigneten sich unerklärliche Dinge. Daß irgend jemand einem anderen Geld lieh, mochte nicht sehr viel bedeuten - aber dennoch würde der Markt reagieren.

Wichtiger aber war, daß Big George jetzt klar und eindeutig gesagt hatte, daß es tatsächlich zu Geschäften irgendeiner Art zwischen der First Mercantile American Bank und SuNatCo kommen werde. Über die Einzelheiten würde man zweifellos in den nächsten beiden Tagen ausführlich reden. Er spürte, wie die Erregung in ihm hochstieg.

Über ihren Köpfen ertönte sanft ein Gong. Draußen wurde das Dröhnen der Düsen leiser, höher, langsamer.

»Washington, ahoi!« sagte Avril. Sie und die anderen Mädchen machten sich daran, die Männer mit breiten Gurten und hurtigen, leichten Fingern an ihre Sitze zu schnallen.

Die Zeit, die sie für die Zwischenlandung in Washington benötigten, war noch kürzer als zuvor beim Start. Mit einem 14karätigen VIP-Passagier an Bord, schien Schnelligkeit bei Landung, Anrollen und Starten ersten Vorrang zu haben.

In weniger als zwanzig Minuten hatten sie wieder die Reisegeschwindigkeit und -höhe auf dem Wege nach den Bahamas erreicht.

Der Vizepräsident war untergebracht; für ihn sorgte die Brünette, Krista, ein Arrangement, das er ganz offensichtlich begrüßte.

Männer vom Secret Service, die für die Sicherheit des Vizepräsidenten zuständig waren, wurden im Heck einquartiert.

Bald darauf führte Big George Quartermain, inzwischen in einen cremefarbenen Seidenanzug gekleidet,    seine Gäste gutgelaunt vom Salon in den weiter vorn gelegenen Speiseraum des Düsenriesen - ein elegant ausgestattetes Zimmer, vorwiegend in Silber und Königsblau gehalten. Dort wurden den vier Männern, die an einem mit Schnitzwerk verzierten Eichentisch unter einem Kristallüster Platz genommen hatten, während sich Mondstrahl, Avril, Rhetta    und Krista verheißungsvoll im Hintergrund aufhielten, kulinarische Genüsse vorgesetzt, wie nicht viele große Restaurants der Welt sie bieten können.

Roscoe Heyward aß mit Genuß, winkte jedoch bei den verschiedenen Weinen und dem dreißigjährigen Cognac, der zum Mokka gereicht wurde, ab. Aber er bemerkte, daß bei den schweren Goldrand-Cognac-Schwenkern das    traditionelle, dekorative »N« des Napoleon fehlte. Statt dessen trugen sie ein »Q«.

7

Die Sonne strahlte aus makellos azurblauem Himmel auf das üppige Grün der langen Spielbahn mit der Einheit 5 beim fünften Loch des Fordly Cay Clubs auf den Bahamas. Dieser Platz und der dazugehörige luxuriöse Golfclub gehörten zu den sechs exklusivsten der Welt.

Jenseits des Grüns erstreckte sich ein palmengesäumter und verlassener weißer Sandstrand wie ein Streifen des Paradieses und verlor sich in der Feme. Eine klare, türkisblaue See plätscherte in winzigen Wellen an den Strand. Einen knappen Kilometer vom Ufer entfernt schäumte eine lange weiße Linie von Brechern an Korallenriffen empor.