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Obwohl es sich bei den Insassen überwiegend um Schwarze handelte, kamen diese Annäherungsversuche von Schwarzen und Weißen gleichermaßen.

Er befand sich im Duschhaus, einem einstöckigen Wellblechbau, zu dem die Gefangenen, begleitet von Beamten, in Fünfzigergruppen marschierten. Die Gefangenen zogen sich aus, ließen ihre Kleidung in Drahtkörben zurück, trotteten dann nackt und zitternd durch den ungeheizten Bau. Unter den Duschen blieben sie stehen und warteten darauf, daß ein Beamter den Wasserhahn aufdrehte.

Der Duschraum-Beamte befand sich hoch über ihnen auf einer Plattform und konnte nach Belieben die Wassertemperatur regulieren. Waren ihm die Gefangenen zu träge oder zu laut, schickte der Beamte einen eisigen Sturzbach hernieder. Das hatte Wut- und Protestschreie zur Folge, und die Gefangenen sprangen umher wie Wilde, die einen Fluchtweg suchten. Den gab es nicht, denn Fluchtwege waren hier nicht vorgesehen. Manchmal auch schickte der Beamte aus schierer Bosheit fast siedend heißes Wasser durch die Rohre - mit dem gleichen Ergebnis.

An einem Morgen, als eine Fünfzigergruppe, darunter Miles, aus dem Duschraum kam und eine andere, ebenso starke Gruppe, schon entkleidet, darauf wartete hereinzudürfen, fühlte Miles sich plötzlich eng von mehreren Leibern umgeben. Unvermutet wurden seine Arme von einem halben Dutzend Händen gepackt, und man trieb ihn vorwärts. Hinter ihm zischelte eine drängende Stimme: »Schwenk deinen Arsch, mein Hübscher. Wir haben nicht viel Zeit.« Mehrere andere lachten.

Miles sah zu der Plattform hinauf. Er wollte den Beamten aufmerksam machen und schrie: »Sir! Sir!«

Der Beamte, der sich in der Nase bohrte und woanders hinguckte, schien ihn nicht zu hören.

Eine Faust trieb sich hart in Miles' Rippen. Eine Stimme hinter ihm fauchte: »Schnauze!«

Vor Angst schrie er noch einmal, und wieder rammte sich dieselbe Faust, oder eine andere, in seinen Leib. Der Atem blieb ihm weg. Bn brennender Schmerz jagte durch die Seite. Seine Arme wurden brutal verdreht. Mit Füßen, die kaum den Boden berührten, wurde er, wimmernd, vorangetrieben.

Noch immer reagierte der Beamte nicht. Später vermutete Miles, daß der Mann vorgewarnt und bestochen worden war. Da die Strafvollzugsbeamten schändlich unterbezahlt waren, gehörte die Bestechung zu den Alltäglichkeiten des Gefängnislebens.

Dicht beim Ausgang des Duschraums, wo andere dabei waren, sich wieder anzuziehen, befand sich eine schmale, offene Tür. Noch immer eng umzingelt, wurde Miles hindurchgeschoben. Er nahm schwarze und weiße Leiber wahr. Hinter ihnen fiel die Tür mit einem Knall ins Schloß.

Der Raum war klein. Hier wurden Besen, Mops, Putzmittel in Spinden verwahrt, die mit Vorhängeschlössern gesichert waren. Etwa in der Mitte der Kammer stand ein Klapptisch. Mit dem Gesicht nach unten wurde Miles daraufgeworfen; sein Mund und seine Nase schlugen hart auf der Holzplatte auf. Er spürte, wie Zähne sich lockerten. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Seine Nase begann zu bluten.

Während seine Füße auf dem Boden blieben, wurden ihm die Beine grob auseinandergezerrt. Er wehrte sich verzweifelt und verzweifelnd, er versuchte, sich zu bewegen. Die vielen Hände hielten ihn eisern.

»Halt still, mein Hübscher.« Miles hörte ein Grunzen und spürte einen Stoß. Eine Sekunde später schrie er auf vor Schmerz, Ekel und Entsetzen. Der, der seinen Kopf hielt, riß ihn an den Haaren hoch und schlug ihn hart auf die Platte. »Schnauze!«

Jetzt waren die Schmerzen, in schweren Wogen, überall.

»Is' sie nich' schön?« Die Stimme schien aus der Ferne zu kommen und zu hallen wie ein Echo im Traum.

Die Penetration endete. Bevor sein Körper Erleichterung empfinden konnte, begann die nächste. Gegen seinen Willen, denn er kannte die Folgen, schrie er wieder auf. Wieder schlugen sie seinen Kopf auf die Platte.

Während der nun folgenden Minuten und der monströsen Wiederholungen begannen Miles die Sinne zu schwinden. Seine Kraft verließ ihn, seine Gegenwehr wurde geringer. Aber die körperlichen Qualen wurden schlimmer und schlimmer - ein wundes Brennen, das feurige Abschmirgeln von eintausend Nervenspitzen.

Das Bewußtsein mußte ihn vollständig verlassen haben, dann wieder zurückgekehrt sein. Von draußen hörte er die Trillerpfeife eines Beamten. Es war das Signal, sich schleunigst fertig anzuziehen und sich im Hof zu versammeln. Er spürte, wie die Hände, die ihn hielten, ihn losließen. Hinter ihm öffnete sich eine Tür. Die anderen rannten aus der Kammer.

Blutend, wund und kaum bei Bewußtsein, taumelte Miles hinaus. Die geringste körperliche Bewegung verursachte ihm Qualen.

»He, du da!« brüllte der Beamte von seiner Plattform. »Schwenk den Arsch, verdammter schwuler Hund!«

Tastend, nur zur Hälfte dessen bewußt, was er tat, packte Miles den Drahtkorb mit seinen Kleidern und begann sich anzuziehen. Die meisten anderen seiner Fünfzigergruppe waren schon draußen auf dem Hof. Andere fünfzig, die unter den Duschen gewesen waren, warteten darauf, in die Umkleidezone hineingelassen zu werden.

Der Beamte brüllte zum zweiten Mal, dieses Mal noch wütender: »Scheißkopp! Ich sagte - Bewegung!«

Miles stieg in seine rauhen Drillichhosen und wäre dabei hingestürzt, wenn ein Arm ihn nicht gehalten hätte.

»Mal langsam, Junge«, sagte eine tiefe Stimme. »Wart, ich helf dir.« Die erste Hand hielt ihn weiter aufrecht, eine zweite half ihm, die Hose anzuziehen.

Die Trillerpfeife des Beamten schrillte wie verrückt. »Nigger, kannst du nicht hören! Raus mit dir und der schwulen Sau, oder ich melde euch zum Rapport!«

»Yes Sir, yes Sir, Boss. Schon fertig. Schon da. Komm endlich, Junge.«

Durch den Nebel vor seinen Augen sah Miles, daß der Mann neben ihm riesenhaft groß und schwarz war. Später sollte er erfahren, daß er Karl hieß und wegen Mordes lebenslang hatte. Miles fragte sich, ob Karl unter der Bande gewesen war, die ihn vergewaltigt hatte. Er nahm es an, aber er forschte nicht nach, und er erfuhr es nie.

Er erfuhr aber, daß der schwarze Riese trotz seiner Größe und seiner äußerlichen Wildheit von einer Sanftheit des Wesens und einer Feinfühligkeit war, die beinahe etwas Feminines hatten.

Gestützt von Karl, wankte Miles unsicheren Schrittes aus dem Duschhaus und hinaus ins Freie.

Einige Gefangene grinsten, aber auf den Gesichtern der meisten anderen las Miles nur Verachtung. Ein runzliger Alter spie angewidert aus und wandte sich ab.

Miles brachte den Rest des Tages hinter sich - zurück in die Zelle, später in die Kantine, wo er den Fraß nicht essen konnte, den er gewöhnlich aus schierem Hunger herunterwürgte, und schließlich wieder in die Zelle, unterwegs immer wieder von Karl gestützt. Seine drei Zellengefährten ignorierten ihn wie einen Aussätzigen. Gemartert von Schmerz und tiefer Verzweiflung, schlief er schließlich ein, warf sich hin und her, wachte auf, lag stundenlang wach und litt unter der verbrauchten, stinkenden Luft, schlief kurze Zeit und wachte wieder auf. Mit Tagesanbruch und dem Dröhnen der Zellentüren, die aufgerissen wurden, kam neue Angst: Wann würde es wieder passieren? Bald, fürchtete er.

Während des »Spaziergangs« auf dem Hof - zwei Stunden, in denen der größte Teil der Gefängnis-Belegschaft ziellos herumzustehen pflegte - schob Karl sich an ihn heran.

»Wie geht's dir, Junge?«