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Darüber hinaus riet Lewis seinen Lesern, weiterhin 40 Prozent ihrer Aktiva in Goldbarren, Goldmünzen und in Form von Anteilen an Goldminen anzulegen.

In einer regelmäßig erscheinenden Spalte wurden internationale Wertpapiere zum Handeln oder Halten aufgeführt. Alex überflog die Kolumnen unter »Kaufen« und »Halten«, dann    die unter »Verkaufen«. Er stockte abrupt bei:

»Supranational - sofort zum Tageskurs verkaufen.«

»Lewis, diese Supranational-Notiz - warum Supranational verkaufen? Und >sofort zum Tageskurse? Seit Jahren hatten Sie das unter >langfristig haltene geführt.«

Sein Gastgeber dachte nach, bevor er antwortete. »Ich habe ein ungutes Gefühl, was SuNatCo betrifft. Ich bekomme zu viele negative Informationsbrocken aus Quellen, die voneinander unabhängig sind. Ein paar Gerüchte über hohe Verluste, die nicht gemeldet worden sind. Auch erzählt man sich von bedenklichen Buchungspraktiken innerhalb der Tochtergesellschaften. Aus Washington die unbestätigte Behauptung, daß Big George Quartermain auf der Suche nach einer Subvention a la Lockheed ist. Worauf es hinausläuft -vielleicht... vielleicht auch nicht... Untiefen voraus. Als Vorsichtsmaßnahme ist es mir lieber, wenn meine Leute aussteigen.«

»Aber alles, was Sie sagen, sind Gerüchte und Schattenspiele. So was kann man über jedes Unternehmen hören. Wo bleibt die Substanz?«

»Gibt's nicht. Meine Verkaufsempfehlung beruht auf Instinkt. Manchmal handele ich nach Instinkt. Dies ist so ein Fall.« Lewis D'Orsey legte seinen Zigarrenstummel in einen Aschenbecher und stellte sein leeres Glas ab. »Gehen wir wieder zu den Damen?«

»Ja«, sagte Alex und folgte Lewis. Aber seine Gedanken waren noch bei Supranational.

4

»Ich hätte nicht geglaubt«, sagte Nolan Wainwright mit harter Stimme, »daß Sie den Nerv hätten hierherzukommen.«

»Ich auch nicht.« Miles Eastins Stimme verriet seine Nervosität. »Ich wollte eigentlich schon gestern kommen, hab's aber dann nicht fertiggebracht. Auch heute habe ich eine halbe Stunde draußen herumgelungert, bis ich den Mut hatte hereinzukommen.«

»Mut! Ich würde es Unverschämtheit nennen. Aber wo Sie schon mal hier sind - was wollen Sie?«

Die beiden Männer standen einander in Nolan Wainwrights Privatbüro gegenüber. Sie bildeten einen scharfen Kontrast: der strenge, schwarze, gutaussehende Bank-Vizepräsident, verantwortlich für Sicherheitsfragen, und Eastin, der ExSträfling - abgemagert, bleich, unsicher, ein anderer als der intelligente, stets gutgelaute Assistent des Innenleiters, der noch vor elf Monaten in der FMA gearbeitet hatte.

Die Umgebung, in der sie sich jetzt befanden, war spartanisch, verglichen mit den meisten anderen Abteilungen der Bank. Einfach gestrichene Wände, graue Metallmöbel, auch Wainwrights Schreibtisch war grau und aus Metall. Der Fußboden war sparsam mit Teppich ausgelegt. Die Bank verschwendete Geld und Kunst auf ertragbringende Bereiche. Dazu gehörte die Sicherheit nicht.

»Also«, wiederholte Wainwright, »was wollen Sie?«

»Ich möchte Sie fragen, ob Sie mir helfen wollen.«

»Warum sollte ich?«

Der jüngere Mann zögerte, bevor er antwortete, dann sagte er, noch immer nervös: »Ich weiß, daß Sie mich mit dem ersten Geständnis reingelegt haben. In der Nacht meiner Verhaftung. Mein Anwalt sagte, daß es ungesetzlich war, daß es vor Gericht nicht hätte verwendet werden dürfen. Sie wußten das. Aber Sie haben mich in dem Glauben gelassen, daß es ein gültiges Geständnis war, deshalb habe ich das zweite für das FBI unterschrieben, ohne zu ahnen, daß es einen Unterschied gab... «

Wainwrights Augen wurden schmal und argwöhnisch. »Bevor ich antworte, will ich eines wissen. Haben Sie ein Tonbandgerät bei sich?«

»Nein.«

»Soll ich das glauben?«

Miles zuckte die Achseln, dann hielt er die Hände hoch, wie er es bei Leibesvisitationen und im Gefängnis gelernt hatte.

Einen Augenblick schien es, als wollte Wainwright sich weigern, ihn zu durchsuchen, dann klopfte er den anderen Mann rasch und professionell ab. Miles ließ die Arme sinken.

»Ich bin ein alter Fuchs«, sagte Wainwright. »Burschen wie Sie denken, sie sind helle und können einen reinlegen, dann einen Prozeß anfangen. Sie sind also zum Knastadvokaten geworden?«

»Nein. Nur das mit dem Geständnis hab' ich rausgekriegt.«

»Na gut, da Sie damit angefangen haben, dürfen Sie's auch gern wissen. Natürlich war mir klar, daß es juristisch nicht hiebund stichfest war. Natürlich habe ich Sie reingelegt. Und noch was: Unter den gleichen Umständen würde ich es wieder tun. Sie waren schuldig, oder etwa nicht? Sie waren drauf und dran, Mrs. Nunez ins Gefängnis zu schicken. Wollen Sie mir da meine Tricks vorhalten?«

»Ich dachte nur... «

»Ich weiß, was Sie dachten. Sie dachten, Sie kommen her, und weil mich mein Gewissen peinigt, bin ich Wachs in Ihren Händen für irgendwelche Pläne, die Sie haben. Pustekuchen. Nichts zu machen.«

Miles Eastin murmelte: »Ich hatte keine Pläne. Es tut mir leid, daß ich gekommen bin.«

»Was wollen Sie denn?«

Es entstand eine Pause, in der sie einander abschätzten. Dann sagte Miles: »Einen Job.«

»Hier? Sie müssen verrückt sein.«

»Warum? Ich wäre der ehrlichste Angestellte, den die Bank je gehabt hat.«

»Bis jemand Sie unter Druck setzt, mal wieder was zu klauen.«

»Niemals!« Ganz kurz kehrte ein wenig von Miles Eastins altem Temperament zurück. »Können Sie denn nicht glauben, daß ich was dazugelernt habe? Daß ich gelernt habe, was passiert, wenn man stiehlt! Daß ich gelernt habe, es niemals wieder zu tun. Können Sie sich nicht vorstellen, daß es keine Versuchung gibt, der ich jetzt nicht widerstehen würde, nur um nicht noch einmal das Gefängnis zu riskieren?«

Wainwright sagte brummig: »Was ich glaube oder nicht glaube, spielt keine Rolle. Die Bank hat Grundsätze. Einer davon lautet, keinen Vorbestraften einzustellen. Auch wenn ich wollte, könnte ich nichts daran ändern.«

»Aber Sie könnten's versuchen. Sogar hier gibt es Jobs, wo Vorstrafen nichts ausmachen, wo es überhaupt keine Möglichkeit gibt, etwas zu stehlen. Könnte ich nicht so eine Arbeit haben?«

»Nein.« Dann kam Neugier ins Spiel. »Warum sind Sie denn so scharf darauf, wieder zu uns zu kommen?«

»Weil ich keine Arbeit finden kann, nichts, gar nichts, nirgendwo.« Miles' Stimme wurde unsicher. »Und weil ich Hunger habe.«

»Was haben Sie?«

»Mr. Wainwright, es ist drei Wochen her seit meiner vorzeitigen Entlassung zur Bewährung. Seit mehr als einer Woche hab' ich kein Geld mehr. Seit drei Tagen hab' ich nichts mehr gegessen. Ich bin fertig, glaub' ich.« Die Stimme, die unsicher gewesen war, versagte und brach. »Herzukommen... zu Ihnen, schon zu wissen, was Sie sagen... das war das letzte...«

Wainwright hörte zu, und einiges von der Härte wich aus seinem Gesicht. Jetzt zeigte er auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Zimmers. »Setzen Sie sich.«

Er ging hinaus und gab seiner Sekretärin fünf Dollar. »Gehen Sie in die Cafeteria«, wies er sie an, »holen Sie zwei RoastbeefSandwiches und einen halben Liter Milch.«

Als er wieder hereinkam, saß Miles noch auf dem Stuhl, der ihm zugewiesen worden war, vornübergesunken, mit leerem Gesichtsausdruck.

»Hat Ihr Bewährungshelfer nichts unternommen?«

Mit Bitterkeit in der Stimme sagte Miles: »Er hat eine Menge Fälle - sagte er mir -, einhundertfünfundsiebzig, die zur Bewährung vorzeitig entlassen wurden. Jeden einzelnen muß er einmal im Monat sprechen, und was kann er da schon tun? Es gibt keine Jobs. Er gibt mir nur gute Ratschläge.«

Aus Erfahrung wußte Wainwright, was das für Ratschläge sein würden: Nicht mit anderen Kriminellen zu verkehren, die Miles im Gefängnis kennengelernt haben könnte; keine bekannten Treffpunkte von Kriminellen aufzusuchen. Eins von beidem zu tun und dabei erwischt zu werden, bedeutete die prompte Rückkehr ins Gefängnis. Aber in der Praxis waren die Vorschriften ebenso unrealistisch wie veraltet. Ein Gefangener ohne Einkommen hatte alles gegen sich; der Umgang mit anderen, die im gleichen Boot saßen, war oft seine einzige Chance, am Leben zu bleiben. Das war auch ein Grund für die hohe Rückfallquote unter Ex-Strafgefangenen.