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Nolan Wainwright hatte seinerseits einen Bericht für Alex. Er betraf seine Absprache mit Miles Eastin über seine Tätigkeit als Spitzel für die Bank. Alex reagierte sofort.

»Nein. Ich will den Mann nie wieder auf unserer Gehaltsliste haben.«

»Er wird nicht auf der Gehaltsliste stehen«, machte Wainwright geltend. »Ich habe ihm klargemacht, daß er, was die Bank angeht, keinerlei Status hat. Bekommt er Geld, so wird es ihm bar ausgezahlt, ohne irgendwelche Belege, die Aufschluß über die Herkunft geben könnten.«

»Das ist Haarspalterei, Nolan. So oder so wäre er von uns beschäftigt, und dem kann ich nicht zustimmen.«

»Wenn Sie nicht zustimmen«, wandte Wainwright ein, »dann binden Sie mir die Hände, hindern mich daran, meine Arbeit zu tun.«

»Ihre Arbeit zu machen, das zwingt Sie nicht, einen verurteilten Dieb anzustellen.«

»Haben Sie schon mal was davon gehört, daß man einen Dieb braucht, um einen anderen zu fangen?«

»Dann nehmen Sie einen, der nicht ausgerechnet unsere Bank geschädigt hat.«

Sie stritten hin und her, zum Teil hitzig. Am Ende gab Alex widerstrebend nach. Dann fragte er: »Ist Eastin sich klar, was für ein großes Risiko er eingeht?«

»Er weiß das.«

»Sie haben ihm von dem toten Mann erzählt?« Alex hatte vor mehreren Monaten Vics Geschichte gehört, von Wainwright.

»Ja.«

»Mir gefällt die Sache immer noch nicht - gar nicht.«

»Sie wird Ihnen noch weniger gefallen, wenn die KeychargeVerluste immer weiter ansteigen, wie sie's tun.«

Alex seufzte. »Na gut. Es ist Ihre Abteilung, und Sie können sie auf Ihre Art führen, deshalb habe ich nachgegeben. Eines möchte ich Ihnen aber deutlich sagen: Wenn Sie Grund zu der Annahme haben, daß Eastin in unmittelbarer Gefahr ist, ziehen Sie ihn sofort von der Sache ab.«

»Das hatte ich vor.«

Wainwright war froh, daß er sich durchgesetzt hatte, wenn es auch eine härtere Auseinandersetzung geworden war, als er erwartet hatte. Es schien jedoch nicht klug, jetzt etwas anderes zu erwähnen - zum Beispiel seine Hoffnung, Juanita Nunez als Zwischenträgerin gewinnen zu können. Schließlich, redete er sich selbst ein, hatte Alex prinzipiell zugestimmt, weshalb ihn also mit Einzelheiten behelligen?

6

Juanita Nunez war zwischen Argwohn und Neugier hin- und hergerissen. Argwohn deshalb, weil sie dem für Sicherheitsfragen zuständigen Vizepräsidenten der Bank, Nolan Wainwright, nicht traute und ihn nicht mochte. Neugier deshalb, weil sie zu gern gewußt hätte, warum er sie sprechen wollte, und allem Anschein nach heimlich.

Es handele sich um nichts, was sie persönlich beträfe und sie beunruhigen müsse, hatte Wainwright ihr am Telefon versichert, als er Juanita gestern in der Cityfiliale anrief. Er hätte nur gern vertraulich und unter vier Augen mit ihr gesprochen, sagte er. »Es geht darum, ob Sie bereit wären, einem anderen zu helfen.«

»Ihnen zum Beispiel?«

»Nicht unmittelbar.«

»Wem dann?«

»Das möchte ich Ihnen lieber unter vier Augen mitteilen.«

Dem Klang seiner Stimme entnahm Juanita, daß Wainwright sich bemühte, freundlich zu sein. Aber sie wehrte sich gegen diese Freundlichkeit; sie hatte seine gefühllose Härte nicht vergessen, als sie unter Dieb stahlsverdacht stand. Diese Erinnerung hatte nicht einmal seine anschließende Entschuldigung auslöschen können. Sie glaubte nicht, daß irgend etwas sie auslöschen konnte.

Wie dem auch sei, er war ein leitender Angestellter der FMA und sie eine kleine Kassiererin. »Gut«, sagte Juanita, »ich bin hier, und als ich das letzte Mal hingesehen habe, war der Tunnel offen.« Sie nahm an, daß entweder Wainwright von der Zentrale herüberkommen oder sie aufgefordert werden würde, sich dort zu melden. Aber er hatte eine Überraschung für sie.

»Es wäre das beste, wenn wir uns nicht in der Bank träfen, Mrs. Nünez. Das werden Sie verstehen, sobald ich Ihnen erklärt habe, worum es geht. Wie wär's, wenn ich Sie heute abend mit meinem Wagen von zu Hause abhole, und wir unterhalten uns, während wir herumfahren?«

»Das geht nicht.« Sie war mehr denn je auf der Hut.

»Sie meinen, heute abend nicht?«

»Ja.«

»Wie wär's morgen?«

Juanita versuchte, Zeit zu gewinnen, um einen Entschluß fassen zu können. »Das werde ich erst später entscheiden können.«

»Na gut, rufen Sie mich morgen an. So früh Sie können. Und inzwischen erwähnen Sie bitte niemandem gegenüber, daß wir dieses Gespräch geführt haben.«

Das war gestern gewesen, und heute, am Dienstag der dritten Septemberwoche, war der Vormittag schon halb herum, und Juanita wußte, daß sie Wainwright nun bald anrufen müßte, oder er würde sie anrufen.

Sie hatte noch immer ein ungutes Gefühl. Manchmal, dachte sie, hatte sie eine Nase für Unheil, und Unheil witterte sie jetzt. Sie hatte daran gedacht, Mrs. D'Orsey um Rat zu bitten, die sie auf der anderen Seite der Bank an ihrem Schreibtisch sehen konnte. Aber sie zögerte, denn Wainwright hatte sie ausdrücklich davor gewarnt, etwas von ihrem Gespräch verlauten zu lassen. Und gerade das hatte ihre Neugier geweckt.

Heute bearbeitete Juanita neue Konten. Neben ihr stand ein Telefon. Sie starrte es an; schließlich nahm sie den Hörer ab und wählte den Hausanschluß der Sicherheitsabteilung. Augenblicke später fragte Nolan Wainwrights tiefe Stimme: »Nun, können Sie es heute abend einrichten?«

Die Neugier siegte. »Ja, aber nicht lange.« Sie erklärte ihm, daß sie Estela eine halbe Stunde allein lassen werde; nicht länger.

»Das wird reichen. Wann und wo?«

Die Abenddämmerung sank herab, als Nolan Wainwrights Mustang II vor dem Mietshaus in Forum East, in dem Juanita Nünez wohnte, sich mit der Nase an den Bordstein schob und hielt. Augenblicke später tauchte Juanita in der Haustür auf und schloß sie sorgsam hinter sich. Wainwright beugte sich von seinem Platz hinter dem Steuer hinüber, öffnete die Tür des Beifahrersitzes, und sie kletterte in den Wagen.

Er half ihr dabei, den Gurt anzulegen, dann sagte er: »Vielen Dank, daß Sie gekommen sind.«

»Eine halbe Stunde«, erinnerte Juanita ihn. »Nicht länger.« Sie gab sich keine Mühe, freundlich zu sein, und der Gedanke, Estela alleingelassen zu haben, machte sie schon nervös.

Der Sicherheitschef der Bank nickte, während er den Wagen vom Bordstein weg lenkte und sich behutsam in den Verkehrsstrom einordnete. Schweigend fuhren sie zwei Straßenblocks weit, dann bogen sie nach links in eine lebhaftere Straße mit Mittelstreifen ein, gesäumt mit hell erleuchteten Geschäften und Schnellrestaurants. Im Fahren sagte Wainwright: »Wie ich höre, hat der junge Eastin Sie besucht.«

»Woher wissen Sie das?« fragte sie scharf.

»Von ihm selber. Er hat auch gesagt, daß Sie ihm verziehen haben.«

»Wenn er's gesagt hat, dann wissen Sie's ja.«

»Juanita - darf ich Sie so nennen?«

»So heiße ich. Wenn Sie unbedingt wollen.«

Wainwright seufzte. »Juanita, ich habe Ihnen schon einmal gesagt, daß es mir leid tut, was zwischen uns passiert ist. Wenn Sie mir das noch immer verübeln, dann kann ich das verstehen.«

Sie taute ein wenig auf. »Bueno, sagen Sie mir lieber, was Sie von mir wollen.«

»Ich möchte von Ihnen wissen, ob Sie bereit wären, Eastin zu helfen.«

»Um ihn geht's also.«

»Ja.«

»Warum sollte ich? Ist es nicht genug, wenn ich ihm verzeihe?«

»Wenn Sie meine Meinung hören wollen - es ist mehr als genug. Aber er hat mir gesagt, daß Sie vielleicht... «

Sie fiel ihm ins Wort. »Wie soll ich ihm denn helfen?«