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„Die Pinasse landet eben“, sagte Kerk mit dem Funkgerät am Ohr. Irgendwo weit im Osten war ein dumpfes Grollen hörbar, das bestimmt nicht bis ins Lager drang.

„Hast du die Taschenlampe?“

„Natürlich“, antwortete Kerk fast beleidigt. „Ich sollte sie doch mitbringen.“

„Wir brauchen nur ein Zehntel der normalen Lichtstärke“, wies Jason ihn an. „Die Kapsel ist sehr lichtempfindlich und steuert jede Lichtquelle automatisch an, die doppelt so hell wie der hellste Stern…“

„Kapsel gestartet, Entfernung etwa zehn Kilometer“, meldete Kerk.

„Okay, dann schalten wir jetzt die Lampe ein, damit die Fotozellen ein Ziel aufnehmen können.“

„Augenblick, der Pilot sagt eben etwas. Hier, du kannst die Lampe selbst halten.“

Jason hielt die fingerlange Röhre in der Hand, schaltete die Lampe ein und betätigte den Lichtstärkeregler, bis ein scharfgebündelter Strahl zwei Kilometer weit in die Dunkelheit davonschoß.

„Der Pilot sagte, es sei schwierig gewesen, das Nylonseil zu färben. Die Farbe ist sehr fleckig und wahrscheinlich nicht wasserfest.“

„Macht nichts, solange das Seil aus einiger Entfernung wie Leder aussieht. Und ich erwarte keinen Regen. Hast du das gehört?“

Ein leises Summen ertönte über ihnen, dann leuchtete ein schwaches rotes Licht auf, als die Kapsel langsam herabsank.

Kerk hob die Hand, betätigte den Landeschalter und ließ die Kapsel neben sich aufsetzen. Jason öffnete die Ladeluke und holte ein zusammengerolltes braunes Seil daraus hervor.

„Perfekt“, stellte er fest und gab es an Kerk weiter. Er griff tief ins Innere der Kapsel und holte diesmal einen Kletterhammer heraus, der aus einem Stahlbrocken handgeschmiedet worden war. Der Hammer war in Säure getaucht und auf diese Weise künstlich gealtert worden.

„Was ist das?“ fragte Kerk und hielt eine Art Nagel ins Licht.

„Ein Kletterhaken“, erklärte Jason ihm. „Das ist ein einfacher Haken, aber die Hälfte haben einen Ring am hinteren Ende.“ Er hielt einen anderen Haken hoch.

„Damit kann ich nichts anfangen“, gab Kerk offen zu.

„Du brauchst auch nichts damit anzufangen.“ Jason leerte den Frachtraum, während er sprach. „Ich klettere auf den Felsturm, und ich weiß, wie man damit umgeht. Nur schade, daß ich keine wirklich moderne Kletterausrüstung mitnehmen darf — aber das würde mich sofort verraten, selbst wenn wir sie an Bord gehabt hätten, was nicht der Fall ist. Es gibt zum Beispiel kleine Sprengsätze, mit denen sich ein Haken auch in härtestes Gestein treiben läßt, und Klebhaken, die in weniger als einer Sekunde antrocknen und eine fast unlösliche Verbindung herstellen.

Aber derartig moderne Ausrüstungsgegenstände dürfte ich nicht benützen, um die Nomaden nicht mißtrauisch zu machen.

Immerhin habe ich ein Nylonseil mit mehr als zweitausend Kilogramm Bruchfestigkeit und diese handgeschmiedeten Haken. Das genügt mir. Ich klettere einfach den Felsen hinauf, bis ich keine Tritte mehr finde, und schlage dort den ersten Haken ein. An schwierigen Stellen, wo ich nur mit Seilsicherung klettern kann, benütze ich die Ringhaken.“ Er hielt einen grob geschmiedeten Haken hoch.

„Alle Haken bestehen aus bestem Stahl, der hierzulande etwas selten ist. Deshalb sind die untersten Haken, die Temuchin und seine Leute zu Gesicht bekommen, künstlich gealtert worden. Okay, ich habe alles, was ich brauche. Die Pinasse kann sich die Kapsel zurückholen.“

Die Triebwerke wirbelten Sand auf, als die Kapsel in der Nacht verschwand. Jason und Kerk ritten schweigend ins Lager zurück.

Als die Pyrraner am nächsten Morgen bei Tagesanbruch in die Schlucht zurückkehrten, sahen sie, daß hier nachts verzweifelt gekämpft worden war. Die Felsbarriere war noch an Ort und Stelle — aber nun war sie mit Leichen übersät.

Verwundete lagen und hockten außer Reichweite der feindlichen Bogenschützen. Ein blutbefleckter Krieger mit dem Totem des Echsenclans auf dem Helm ließ sich einen Pfeil aus dem Arm schneiden, ohne eine Miene zu verziehen.

„Was ist geschehen?“ fragte Jason ihn.

„Wir haben nachts angegriffen“, antwortete der Verwundete.

„Wir konnten nicht unbemerkt vorrücken, weil die Felsen unter unseren Füßen herabrollten. Als wir die letzten Felsen vor uns hatten, warfen die Wiesel brennende Grasbüschel auf uns herab und blieben selbst in der Dunkelheit über uns. Wir konnten uns nicht wehren, und nur die Krieger, die noch nicht weit gekommen waren, konnten rechtzeitig umkehren. Es war sehr schlimm.“

„Aber gut für uns“, stellte Kerk fest, als sie weitergingen.

„Temuchin hat durch diese Niederlage Ansehen verloren, und falls es uns wirklich gelingt, den Felsen…“

„Schon gut, ich weiß genau, was du sagen wolltest“, wehrte Jason ab. Er zog seinen Pelz aus und zitterte vor Kälte. Aber das gab sich, sobald er zu klettern begann. Der Felsturm sah von unten so unbesteigbar wie der Rumpf eines Raumschiffs aus. Als Jason sich den Kletterhammer am Handgelenk festband, erschien Ahankk neben ihm.

„Ich habe gehört, daß du behauptest, du könntest einen senkrechten Felsen hinaufklettern.“

„Du hast sogar noch mehr gehört“, stellte Jason fest.

„Temuchin hat dich beauftragt, mir dabei zuzusehen. Ruh dich also aus, damit du nachher um so schneller laufen kannst, um deinem Herrn die frohe Nachricht zu überbringen.“

Kerk betrachtete den Felsen mit gerunzelter Stirn. „Laß mich hinaufklettern“, sagte er zu Jason. „Ich bin stärker als du und in besserer Verfassung.“

„Richtig“, stimmte Jason zu. „Und sobald ich oben bin, lasse ich dir das Seil herunter, damit du mit einer Ladung Bomben heraufsteigen kannst. Aber du kannst nicht als erster klettern.

Bergsteigen ist ein Sport, den man nicht in wenigen Minuten lernt. Vielen Dank für das Angebot, aber Ich bin tatsächlich der einzige, der diese Klettertour unternehmen kann. Am besten breche ich gleich auf. Du könntest mich hochheben, damit ich den Vorsprung dort oben erreiche.“

Der Pyrraner nickte zustimmend, bückte sich und hob Jason an den Knöcheln hoch, als sei er ein Kind. Jason fand einen Tritt für seine Füße, griff nach dem Vorsprung und zog sich daran hoch. Die Tour hatte begonnen.

Jason war bereits über zehn Meter hoch, als er den ersten Haken einschlagen mußte, Vier Hammerschläge genügten, um den Haken in einem Spalt zu verkeilen. Dann belastete Jason ihn vorsichtig — immerhin kletterte er heute zum erstenmal seit über zehn Jahren wieder — trat mit dem linken Fuß darauf, machte einen Spreizschritt und erreichte dadurch ein schmales Band. Dort ruhte er sich einen Augenblick aus und sah nach unten. Die meisten Soldaten beobachteten ihn, und selbst Temuchin war inzwischen erschienen. Auch die Wiesel interessierten sich vermutlich für sein Unternehmen, aber Jason kletterte außer Sicht- und Pfeilschußweite. Die Soldaten des Gegners konnten ihn vom Rand der Schlucht aus beobachten aber sie konnten ihn nicht erreichen, solange sie den Felsturm nicht selbst erstiegen.

Er kletterte weiter. Die Höhe war schlecht zu schätzen, aber Jason vermutete, daß er mindestens so hoch wie der Rand der Schlucht war, als er den Schrei unter sich hörte.

Er beugte sich nach vorn und wollte eine Frage hinunterrufen. In diesem Augenblick traf ein Pfeil die Stelle, an der eben noch sein Kopf gewesen war, prallte vom Fels ab und fiel nach unten.

Jason wäre beinahe auch gefallen, aber er klammerte sich verzweifelt fest. Als er den Kopf zur Seite wandte, sah er einen feindlichen Bogenschützen an einem Lederseil hängen. Die Männer, die das Seil hielten, waren am Rand der Schlucht außer Sicht, aber sie hatten den Bogenschützen über einen Vorsprung herabgelassen, so daß er Jason von dort aus erreichen konnte.

Der Krieger legte einen zweiten Pfeil auf die Sehne und zog den Arm zurück. Jason hielt noch immer den Haken, den er eben hatte einschlagen wollen, in der linken Hand. Jetzt warf er damit nach dem Bogenschützen. Das breite Band traf den Mann an der Schulter, ohne ihn zu verletzen — aber der Schlag genügte, so daß auch der zweite Pfeil sein Ziel verfehlte. Der Schütze nahm jedoch einen dritten Pfeil aus dem Köcher und legte ihn auf die Sehne.