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Temuchins Soldaten schossen nach ihm, aber er war schwer zu treffen, weil er so hoch über ihnen hing. Nur ein Pfeil bohrte sich in seinen Oberschenkel. Der Krieger achtete jedoch nicht auf diese Verwundung.

Jason ließ den Hammer los und griff nach einem weiteren Haken; die Haken bestanden aus bestem Stahl und waren nadelspitz. Und er hatte bereits damit geworfen, so daß er die Entfernung kannte. Er nahm den Haken wie ein Wurfmesser zwischen die Finger, holte aus und warf ihn mit aller Kraft.

Die Spitze traf den Bogenschützen am Hals und sank tief ein. Der Mann ließ seinen Bogen fallen, griff nach der Wunde, streckte sich und starb. Die anderen zogen seine Leiche nach oben.

Temuchins Krieger schrien jetzt nicht mehr wild durcheinander, und Jason hörte Kerks Stimme.

„Halt dich fest!“ rief Kerk ihm zu.

Jason sah nach unten und erkannte, daß der Pyrraner, der zwanzig Meter zurückgetreten war, eine der Bomben wurfbereit in der Hand hielt, die er jetzt anzündete. Jason hielt sich mit beiden Händen fest und suchte mit den Füßen nach einem besseren Halt.

Tief unter ihm wichen jetzt die Soldaten nach allen Seiten zurück. Kerk holte aus, bis seine Hand fast den Boden zu berühren schien; dann schleuderte er die Bombe mit einem einzigen Ruck beinahe senkrecht nach oben.

Eine Sekunde lang fürchtete Jason bereits, die Bombe fliege genau auf ihn zu — dann merkte er, daß sie an ihm vorbeifliegen würde. Sie wurde sichtlich langsamer, als sie sich dem höchsten Punkt ihrer Flugbahn näherte, bevor sie hinter den Felsen verschwand. Jason hielt sich fest.

Eine dumpfe Explosion ertönte, dann wirbelten Felsbrocken und Menschenleiber durch die Luft. Jason wußte nun, daß ihm von dieser Seite her keine Gefahr mehr drohte. Kerk würde den Rand der Schlucht beobachten. Aber trotzdem war ihm nicht ganz wohl zumute… „Kerk!“ rief Jason nach unten. „Der Haken!“ Er sprach den Dialekt der Pyrraner. „Was ist aus dem ersten Haken geworden?“

Der Haken war auf den ersten Blick fremdartig und würde den Nomaden, die scharf beobachteten, unwiderlegbar beweisen, daß die Fremden von einem anderen Planeten kamen.

„Alles in Ordnung!“ antwortete Kerk. „Ich habe ihn gleich aufgehoben und eingesteckt. Bist du verletzt?“

„Nein“, flüsterte Jason. Er holte tief Luft und rief: „Nein!

Ich klettere jetzt weiter.“

Alles andere war Routinesache und harte Arbeit. Jason mußte sich zweimal für einige Minuten in einer Seilschlinge ausruhen. Seine Kräfte ließen rasch nach, und er hatte bereits die stärksten Drogen seines Medikastens aufgebraucht, als er den Kamin erreichte, der zur Spitze des Felsturms hinaufführte.

Der Kamin war etwa zehn Meter hoch, und die Seitenwände bildeten parallele Flächen.

„Gut, einen letzten Versuch“, murmelte Jason und spuckte dabei in die Hände. Das hätte er nicht tun sollen, denn er mußte sich jetzt das Eis von den Handflächen wischen. Er ließ die Haken und den Hammer am Einstieg zurück und nahm nur das Seil mit. Je weniger Gewicht, desto besser.

Dann stemmte er sich mit den Füßen von der gegenüberliegenden Wand ab, schob sich mit dem Rücken höher und arbeitete sich so Zentimeter für Zentimeter durch den engen Kamin nach oben.

Bevor er sein Ziel erreicht hatte, glaubte er, daß er es nicht schaffen würde.

Aber er erkannte, daß er es schaffen mußte. Er konnte nicht zurück; der Abstieg wäre ebenso gefährlich und schwierig wie der Aufstieg gewesen. Und wenn er abstürzte, würde er sich zumindest einen Arm oder ein Bein am Fuß des Kamins brechen. Hier oben konnte ihn niemand retten. Er würde daliegen und langsam verdursten. Deshalb mußte er weiter.

Als er sich endlich so weit hinaufgeschoben hatte, daß er die schräge Gipfelfläche des Felsturms vor sich Hatte, brachte er kaum noch die Kraft auf, sich dort hinaufzuziehen. Er schloß die Augen, holte tief Luft und wälzte sich keuchend auf diese Fläche, die kaum größer als ein Doppelbett war.

Er brauchte einige Minuten, um sich von dieser Anstrengung zu erholen. Dann kroch er an den Rand der Gipfelfläche und winkte den wartenden Männern zu. Sie schrien begeistert.

Hatten sie Grund dazu? Jason kroch zur anderen Seite hinüber und sah das feindliche Lager unter sich. Die Bogenschützen am Rand der Schlucht schossen nach ihm, aber ihre Pfeile erreichten ihn nicht. Er hatte es geschafft.

„Gut, Jason“, sagte er zu sich selbst. „Du machst jeder Welt Ehre.“

Er verknotete das Seil um die Spitze der Felsnadel und ließ es dann langsam nach unten, bis Kerk daran zog, um ihm zu signalisieren, daß er es in der Hand hielt. Er verkürzte das Seil und ruckte dreimal daran — das vereinbarte Signal, daß hier oben alles in Ordnung war. Dann brauchte er nur noch zu warten.

Jason stand erst auf, als das Seil sich heftig bewegte und nach außen von der Felswand abstand. Kerk war dicht unter ihm angelangt; er wirkte keineswegs atemlos, sondern unglaublich frisch, und er hatte sich zwei Dutzend Bomben um den Hals gehängt. Der Pyrraner hatte das Seil einfach in die Hände genommen und war daran die steile Felswand hinaufmarschiert.

„Kannst du mir die Hand geben und mir heraufhelfen?“

fragte Kerk.

„Natürlich. Aber brich mir bitte nicht gleich den Arm dabei.“

Jason streckte sich der Länge nach aus und griff nach Kerks Hand, deren Finger sein Handgelenk umklammerten. Er machte keinen Versuch, Kerk zu sich heraufzuziehen — wahrscheinlich hätte er dieses Gewicht nicht einmal bewegen können —, sondern hielt sich nur so gut wie möglich an den Felsen fest. Kerk kam näher, hielt sich am Rand fest und schwang sich über die Kante.

„Ausgezeichnet“, meinte er mit einem Blick ins feindliche Lager. „Die anderen haben keine Chance. Ich habe zusätzliche Mikrogranaten mitgebracht.“

Als die Detonationen rasch nacheinander ertönten, griffen Temuchins Krieger über die Felsbarriere hinweg die Wiesel an.

Die Schlacht war gewonnen — und der Krieg ebenfalls.

Dieser Teil von Jasons Plan war verwirklicht. Wenn der nächste ebenso klappte, würden die Pyrraner ihre Minen und ihren Planeten bekommen. Dann war ihre letzte Schlacht gewonnen.

Jason hoffte es sehr. Er wurde allmählich müde.

15

Jason dinAlt hielt sein Morope auf dem Hügel an und suchte nach einem Pfad zwischen den riesigen Felsbrocken. Der feuchtkalte Wind pfiff durch diesen einzigen Einschnitt zwischen hohen Klippen und wehte ihm genau ins Gesicht.

Weit unter ihm lag das sturmgepeitschte Meer, dessen Wogen unablässig gegen die Küste brandeten. Der Himmel war schiefergrau und von einem Horizont zum anderen mit Wolken bedeckt. Irgendwo über dem Meer grollte Donner.

Zwischen den Felsen war eine Art Pfad schwach erkennbar; Jason trieb sein Reittier an. Nach einigen Metern erkannte er, daß es sich um einen alten, vielbegangenen Weg handelte. Die Nomaden benützten ihn offenbar regelmäßig; vielleicht um Salz zu holen. Von der Pugnacious aus war zu erkennen gewesen, daß dies die einzige Stelle in tausend Kilometer Umkreis war, wo die Klippen unterbrochen waren.

Als Jasons Morope tiefer kletterte, wurde die Luft etwas wärmer, aber die ungewohnte Feuchtigkeit setzte Jason nach dem Leben in der trockenen Luft der Steppen ebenso hart wie große Kälte zu. Schließlich erreichte er eine fast kreisrunde Bucht zwischen hoch aufragenden Felsen. Am Ufer lagen zwei Boote im schwarzen Sand; dicht daneben waren gelbe Zelte aufgebaut. Draußen im Wasser der Bucht lag ein großer Zweimaster, auf dessen Achterdeck ein rauchgeschwärzter Schornstein aufragte. Das Schiff lag mit gerefften Segeln vor Anker.