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Es erinnerte in vieler Beziehung an ein Pferd, war jedoch doppelt so groß und mit zottigem Fell bedeckt. Der Pferdekopf war im Verhältnis zum übrigen Körper winzig und saß auf einem langen Hals; die Vorderbeine waren deutlich länger, so daß der Rücken stark abfiel, bis er in einem winzigen Schwanz auslief. Der Reiter saß auf einem Höcker zwischen Hals und Schultergelenk.

Dann ertönte ein Horn, und als Jason sich umdrehte, sah er zwei Männer inmitten einer Gruppe von Leibwächtern auf seinen Käfig zugehen. Drei Soldaten mit gesenkten Lanzen bahnten ihnen einen Weg durch die Menge. Unmittelbar hinter ihnen folgte ein Krieger, der eine Art Standarte trug. Weitere Krieger mit gezückten Schwertern bewachten die beiden Männer. Jason erkannte den Mann mit der Lanze, der ihn so rauh geweckt hatte. Der andere war einen Kopf größer, trug einen goldenen Helm und einen juwelenbesetzten Brustharnisch aus dem gleichen Material.

Aber er besaß noch mehr, erkannte Jason, als der Mann seinen Käfig erreichte. Er war ein geborener Führer, und er wußte es auch. Seine rechte Hand ruhte auf dem Knauf des Schwerts an seinem Gürtel, während er sich den rötlichen Schnurrbart mit der narbenbedeckten Linken strich. Er blieb dicht vor dem Käfig stehen und starrte Jason forschend an, der seinen Blick vergeblich ebenso durchdringend zu erwidern versuchte.

„Mach deinen Kniefall vor Temuchin“, befahl einer der Soldaten Jason und stieß ihm das stumpfe Ende seiner Lanze in den Magen.

Jason krümmte sich zusammen, behielt jedoch den Kopf oben und starrte den Mann an.

„Woher kommst du?“ fragte Temuchin, und seine Stimme klang so befehlsgewohnt, daß Jason unwillkürlich antwortete.

„Aus weiter Ferne, von einem Ort, den du nicht kennst.“

„Von einer anderen Welt?“

„Ja. Weißt du von anderen Welten?“

„Nur aus den Gesängen der Jongleure. Bis das erste Schiff kam, habe ich sie für Märchen gehalten. Aber sie sind wahr.“

Er streckte die Hand aus, und einer seiner Männer reichte ihm ein verbogenes und geschwärztes Lasergewehr. „Kannst du das wieder Feuer spucken lassen?“ wollte Temuchin wissen.

„Nein.“ Das mußte eine Waffe der ersten Expedition gewesen sein.

„Wie steht es damit?“ Temuchin hielt diesmal Jasons Pistole hoch.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Jason mühsam beherrscht.

„Ich muß es erst aus der Nähe sehen.“

„Verbrennt es“, befahl Temuchin und ließ die Waffe fallen.

„Weshalb seid ihr hier, was wollt ihr hier Fremder?“

„Meine Leute wollen Metalle aus der Erde holen“, antwortete Jason laut. „Wir schaden niemand, wir bezahlen sogar dafür und…“

„Nein“, sagte Temuchin nur und wandte sich ab.

„Warte, du hast noch nicht alles gehört.“

„Das genügt“, erklärte Temuchin ihm. „Wenn ihr grabt, entsteht dort eine Stadt mit Gebäuden und Zäunen. Die Ebene ist immer frei gewesen.“ Dann fügte er im gleichen Tonfall hinzu:

„Tötet ihn.“

Als die Leibwache Temuchin folgte, kam der Standartenträger am Käfig vorbei. Jason sah einen menschlichen Schädel auf der Lanze stecken; das Banner selbst bestand aus Hunderten von menschlichen Daumen, die getrocknet und aneinandergeknotet worden waren.

„Warte!“ rief Jason hinter Temuchin her. „Ich kann dir alles erklären! Wir…“

Aber der Herrscher ließ sich nicht aufhalten. Eine Gruppe Soldaten umringte den Käfig, und einer der Krieger löste den Verschluß, so daß der Käfig sich zurückklappen ließ. Jason kauerte sich zusammen, sprang über die ersten Männer hinweg, die sich bückten, um nach ihm zu greifen, und prallte schwer mit einem anderen Krieger zusammen. Der Ausgang des Kampfes war gewiß, aber Jason grinste zufrieden, als er umringt und fortgeführt wurde. Ein Soldat lag bewußtlos vor dem Käfig, ein anderer hockte in seiner Nähe und hielt sich den Kopf mit beiden Händen.

„Wie lange bist du hierher unterwegs gewesen?“ fragte eine Stimme neben ihm.

„Ekmortu!“ murmelte Jason und spuckte aus.

„Wie ist das Klima auf deinem Heimatplaneten? Heißer oder kälter?“

Jason, der mit dem Gesicht nach unten getragen wurde, drehte den Kopf nach links und erkannte, daß der Fragesteller ein alter Mann war, dessen zerrissene Lederkleidung früher einmal grün und gelb gefärbt gewesen war. Hinter Ihm stolperte ein verschlafen aussehender Jüngling her, der ähnlich gekleidet war.

„Du weißt soviel“, flehte der Alte. „Du mußt mir etwas erzählen.“

Die Krieger stießen die beiden fort, bevor Jason ihnen einige Flüche an den Kopf werfen konnte, die er ebenfalls wußte.

Jason konnte sich nicht dagegen wehren, als die Männer ihn zu einem Eisenpfahl schleppten, der auf einem freien Platz stand.

Dort versuchten sie, ihm die Jacke über den Kopf zu zerren, die ihren plumpen Fingern Widerstand leistete, bis einer der Krieger seinen Dolch zog und das Metallgewebe damit zersägte, ohne darauf zu achten, daß er auch Jasons Haut zerschnitt. Als die Soldaten ihm endlich die Jacke vom Leib gerissen hatten, blutete er aus einem Dutzend Wunden und war kaum noch bei Bewußtsein. Er wurde zu Boden gestoßen und mit einem Lederseil gefesselt, das an dem Pfahl befestigt war.

Die Außentemperatur betrug kaum null Grad, obwohl die Sonne noch hoch am Himmel stand. Als Jasons Oberkörper nicht mehr von der Isolierkleidung bedeckt war, brachte ihn der eisige Wind sofort wieder zu Bewußtsein.

Die weitere Entwicklung war klar abzusehen. Jasons Handgelenke waren mit einem etwa drei Meter langen Seil an den Pfahl gefesselt. Er stand allein im Mittelpunkt einer Art Arena. Überall waren Krieger zu sehen, die eifrig ihre Reittiere sattelten. Der erste Mann stieß einen schrillen Schrei aus, legte seine Lanze ein und griff Jason an. Sein Tier raste erschreckend schnell auf den Pfahl zu.

Jason reagierte automatisch; er zog sich auf die andere Seite des Pfahls zurück. Der Angreifer stach nach ihm, traf jedoch nur Eisen.

Jason verdankte es nur einer instinktiven Reaktion, daß er mit dem Leben davonkam, denn der zweite Reiter griff von hinten an. Jason nahm wieder rechtzeitig hinter dem Pfahl Deckung. Aber der erste Mann wendete bereits, und Jason sah, daß eben ein weiterer Reiter in den Sattel stieg. Diese Zielübungen konnten nur ein Ende nehmen: Jason war jedenfalls nicht imstande, jedem Angriff auszuweichen.

„Dann müssen die Aussichten eben besser werden“, murmelte er vor sich hin und bückte sich. Das Messer steckte noch in seinem rechten Stiefel.

Als der dritte Mann angriff, hielt Jason sein Messer zwischen den Zähnen und sägte das Lederseil mit der scharfen Klinge durch. Dann kauerte er hinter dem Pfahl, um der Lanze zu entgehen. Der Angreifer galoppierte weiter, und Jason ging selbst zum Angriff über.

Er hielt den Reiter am Stiefel fest und versuchte ihn aus dem Sattel zu reißen. Das Tier bewegte sich jedoch zu schnell, und Jason mußte sich an seinem Pelz festklammern. Als der Reiter sich im Sattel umdrehte und nach ihm stechen wollte, holte Jason aus und bohrte sein Messer in den Rücken des Reittiers.

Offenbar hatte er eine empfindliche Stelle getroffen, denn das große Tier bäumte sich auf und schoß davon. Der Reiter wurde abgeworfen und verschwand; Jason hielt sich mit letzter Kraft fest und brachte es fertig, die beiden ersten großen Sätze zu überstehen. Beim dritten Sprung wurde er jedoch ebenfalls abgeworfen, flog mit dem Kopf voraus durch die Luft und landete mit einer Schulterrolle zwischen zwei Zelten. Er richtete sich auf, sah keine Verfolger und rannte weiter.

Die halbkugelförmigen Zelte bildeten hier eine weite Gasse, und Jason bog bei nächster Gelegenheit nach rechts ab, als er an Speerspitzen zwischen den Schulterblättern dachte.