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„Alex Radrivsky. Wir beide kannten ihn. Er verschwand gegen sechs Uhr. Die Sonne war gerade aufgegangen. Gegen Mittag hatten Klaus und ich eine Stunde frei. Wir krochen heraus, verließen die Bunker. Niemand bemerkte uns. Wir gelangten hierher. Hier befand sich einst eine Stadt, einige Häuser, eine Straße. Dieser Keller war Teil eines großen Bauernhauses. Wir wußten, daß Tasso hier sein würde, sich hier unten in ihrem winzigen Zufluchtsort versteckte. Wir waren schon öfters hier. Auch andere Soldaten aus den Bunkern kamen zu ihr. Heute waren wir an der Reihe."

„So wurden wir gerettet", fuhr Klaus fort. „Glück. Es hätte auch jedem anderen passieren können. Schließlich waren wir... waren wir fertig, und wir kehrten an die Oberfläche zurück und wollten gerade den Wall hinaufklettern. In diesem Moment entdeckten wir sie, die Davids. Wir begriffen sofort. Wir hatten Fotos von der Ersten Variante gesehen, dem Verwundeten Soldaten. Einen Schritt mehr, und sie hätten uns gesehen. Nun, wir mußten zwei Davids erledigen, bevor wir wieder Tassos Versteck aufsuchten. Es gab Hunderte in diesem Gebiet. Wie Ameisen. Wir machten Bilder und schlichen uns in den Keller zurück, verriegelten sorgfältig die Luke hinter uns."

„Sie sind nicht sehr gefährlich, wenn man sie allein antrifft. Wir sind schneller als sie. Aber sie sind unerbittlich. Anders als lebende Geschöpfe. Sie kamen direkt auf uns zu. Und wir zerstörten sie."

Major Hendricks stützte sich auf den Rand der Luke und wartete darauf, daß sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. „Ist es nicht gefährlich, die Klappe ganz zu öffnen?"

„Nicht, wenn wir vorsichtig sind. Wie sollten Sie denn sonst Ihr Funkgerät einsetzen können?"

Hendricks hob langsam das kleine Funkgerät und preßte es an sein Ohr. Das Metall war kalt und feucht. Er blies in das Mikrofon und zog die kurze Antenne aus. Ein leises Summen erklang in seinem Ohr. „Das ist die richtige Frequenz, glaube ich."

Aber er zögerte noch immer.

„Wir ziehen Sie 'rein, wenn etwas geschieht", versprach Klaus.

„Danke." Hendricks hielt einen Augenblick inne, mit dem Funkgerät am Ohr. „Interessant, nicht wahr?"

„Was?"

„Diese neuen Typen. Die neuen Varianten der Klauen. Wir sind ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, nicht wahr? Aber jetzt sind sie vielleicht auch in den UN-Stellungen eingedrungen. Ich frage mich, ob wir nicht die Geburt einer neuen Spezies erleben. Der neuen Spezies. Evolution. Die Rasse, die den Menschen folgt."

Rudi brummte. „Es gibt keine Rasse nach den Menschen."

„Nein? Warum nicht? Vielleicht erleben wir es bereits, das Ende der menschlichen Wesen, die Geburt einer neuen Gesellschaft."

„Sie sind keine Rasse. Sie sind mechanische Killer. Ihr habt sie erschaffen, um zu zerstören. Das ist alles, was sie können. Sie sind Menschen, die eine Aufgabe erfüllen."

„So scheint es jetzt. Aber wie wird es weitergehen? Wenn der Krieg beendet ist? Vielleicht zeigt sich ihr wahres Potential erst, wenn es keine Menschen mehr gibt, die sie töten können."

„Sie reden, als ob diese Dinger lebendig wären!"

„Sind sie es denn nicht?"

Schweigen trat ein. „Sie sind Maschinen", sagte Rudi dann. „Sie sehen wie Menschen aus, aber sie sind Maschinen."

„Schalten Sie Ihr Funkgerät ein, Major", forderte ihn Klaus auf. „Wir können nicht ewig hier oben bleiben."

Hendricks umklammerte das Funkgerät und rief den Kode des Kommandobunkers. Er wartete, horchte. Keine Antwort. Nur Stille. Sorgsam untersuchte er das Walkie-Talkie. Alles war in Ordnung.

„Scott!" sagte er in das Mikrofon. „Können Sie mich hören?"

Stille. Er schaltete auf höchste Sendeleistung und versuchte es erneut. Nur statisches Rauschen.

„Ich bekomme keine Verbindung. Vielleicht hören sie mich, können aber nicht antworten."

„Sagen Sie ihnen, daß es sich um einen Notfall handelt."

„Sie werden glauben, daß man mich dazu zwingt. Unter Ihrer Anleitung." Er versuchte es erneut, beschrieb kurz, was er erfahren hatte. Aber der Lautsprecher blieb stumm, gab nur das statische Rauschen von sich.

„Die Radioaktivität schluckt den Großteil der Funkwellen", sagte Klaus nach einer Weile. „Vielleicht bekommen Sie deshalb keinen Kontakt."

Hendricks schaltete das Funkgerat aus. „Es ist sinnlos. Keine Antwort. Radioaktivität? Vielleicht. Oder sie hören mich, wollen aber nicht antworten. Um ehrlich zu sein, ich würde nicht anders reagieren, wenn ein Kurier versuchen würde, mich von den sowjetischen Linien aus anzufunken. Sie haben keinen Anlaß, eine derartige Geschichte zu glauben. Vielleicht hören sie alles, was ich sage..."

„Oder vielleicht ist es schon zu spät."

Hendricks nickte.

„Wir sollten besser die Luke schließen", erklärte Rudi nervös. „Es ist nicht gut, das Glück aufs Spiel zu setzen."

Langsam kletterten sie wieder nach unten. Klaus verriegelte sorgfältig die Luke. Sie begaben sich in die Küche. Die Luft war schwer und dick.

„Sind sie denn wirklich so schnell?" fragte Hendricks. „Ich habe den Bunker gegen Mittag verlassen. Vor zehn Stunden. Wie können sie sich so schnell bewegen?"

„Es dauert nicht lange. Nicht, wenn der erste eingedrungen ist. Es geht rasch vonstatten. Sie wissen, was die kleinen Klauen anrichten können. Selbst einer von ihnen kämpft wie... Es ist unglaublich. Jeder Finger ist ein Rasiermesser. Verrückt."

„In Ordnung." Ungeduldig wandte sich Hendricks ab. Er drehte ihnen den Rücken zu.

„Was ist los?" fragte Rudi.

„Die Mondbasis. Gott, wenn sie dorthin gelangen... "

„Die Mondbasis?"

Hendricks drehte sich herum. „Sie können die Mondbasis nicht erreichen. Wie sollten sie auch dorthin kommen? Es ist unmöglich. Ich kann es nicht glauben."

„Was ist mit dieser Mondbasis? Wir haben Gerüchte gehört, wissen aber nichts Genaues. Wie ist dort die Lage? Sie scheinen besorgt zu sein."

„Wir werden vom Mond aus versorgt. Die Regierungen halten sich dort auf, unter der lunaren Oberfläche. All unsere Leute und unsere Industrieanlagen. Deshalb haben wir weiterkämpfen können. Wenn sie einen Weg finden, die Erde zu verlassen und zum Mond zu gelangen... "

„Es ist nur einer nötig. Wenn einmal der erste hineingelangt, dann folgen auch die anderen. Hunderte, und alle sehen gleich aus. Sie hätten sie sehen sollen. Alle identisch. Wie Ameisen."

„Perfekter Sozialismus", meldete sich Tasso zu Wort. „Das Ideal eines kommunistischen Staates. Alle Bürger austauschbar."

Klaus knurrte zornig. „Unsinn. Das ist kein Sozialismus, sondern ein Zerrbild. Was jetzt?"

Hendricks ging unruhig in dem kleinen Raum auf und ab. Die Luft roch nach Essen und Schweiß. Die anderen beobachteten ihn. Schließlich verschwand Tasso durch den Vorhang in den anderen Raum. „Ich werde ein Nickerchen machen."

Der Vorhang schloß sich hinter ihr. Rudi und Klaus setzten sich an den Tisch, sahen noch immer Hendricks an. „Es liegt an Ihnen", erklärte Klaus. „Wir kennen Ihre Lage nicht."

Hendricks nickte.

„Es ist ein Problem." Rudi füllte seine Kaffeetasse aus einem rostigen Kessel und trank einen Schluck. „Wir sind hier für eine Weile sicher, aber wir können nicht ewig bleiben. Wir haben weder genug Nahrungsvorräte, noch die nötige Ausrüstung."

„Aber wenn wir nach draußen... "

„Wenn wir nach draußen gehen, erwischen sie uns. Oder sie erwischen uns vielleicht. Zumindest haben wir nicht viel Zeit. Wie weit ist Ihr Kommandobunker entfernt, Major?"

„Drei oder vier Meilen."

„Wir könnten es schaffen. Wir vier. Wir vier könnten alle Seiten im Auge behalten. Sie können sich nicht von hinten anschleichen und sich an uns hängen. Wir haben drei Gewehre, drei Strahlgewehre. Tasso kann meine Pistole nehmen." Rudi klopfte gegen seinen Gürtel. „In der sowjetischen Armee gibt es jetzt nach dem langen Krieg nicht mehr genug Schuhe, aber wir besitzen Gewehre. Wenn wir alle vier bewaffnet sind, müßte einer von uns bis zum Kommandobunker durchkommen. Vorzugsweise Sie, Major."