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Tasso ergriff ihre Pistole und umkreiste das Feuer, ging hin und her. Am Boden lag Major Hendricks, die Augen geschlossen, bewegungslos. Das Grau wuchs am Horizont empor, höher und höher. Die Umgebung wurde sichtbar; Aschefelder, die sich in alle Richtungen erstreckten. Asche und Ruinen; hier und da eine Wand, Betonhaufen, der nackte Stamm eines Baumes.

Die Luft war kalt und scharf. Irgendwo in der Ferne gab ein Vogel ein trostloses Krächzen von sich.

Hendricks fuhr auf. Er öffnete die Augen. „Ist es schon Morgen?"

„Ja."

Hendricks setzte sich. „Sie wollten etwas wissen. Sie haben mir eine Frage gestellt."

„Erinnern Sie sich jetzt?"

„Ja."

„Was ist es?" Sie zögerte. „Was?" wiederholte sie scharf.

„Ein Brunnen. Ein zerstörter Brunnen. Es befindet sich in einem Lagerraum unter einem Brunnen."

„Ein Brunnen." Tasso entspannte sich. „Dann werden wir nach einem Brunnen suchen." Sie sah auf ihre Uhr. „Wir haben noch über eine Stunde, Major. Glauben Sie, daß wir es innerhalb einer Stunde finden können?"

„Helfen Sie mir hoch", bat Hendricks.

Tasso steckte die Pistole ein und half ihm auf die Beine. „Es wird schwierig werden."

„Ja." Hendricks preßte fest die Lippen zusammen. „Ich glaube nicht, daß wir genug Zeit haben, um ein größeres Gebiet abzusuchen."

Sie setzten sich in Bewegung. Die Morgensonne schenkte nur wenig Wärme. Das Land war flach und kahl, erstreckte sich grau und leblos, so weit sie blicken konnten. Einige Vögel glitten still und hoch über sie hinweg, kreisten langsam am Himmel.

„Sehen Sie etwas?" fragte Hendricks. „Irgendwelche Klauen?"

„Nein. Noch nicht."

Sie kamen an einigen Ruinen vorbei, Betonüberreste und Steine. Ein Zementfundament. Ratten huschten davon. Tasso sprang vorsichtig zurück.

„Das war einst eine Stadt", erklärte Hendricks. „Eine kleine Ortschaft. Ein Provinznest. Früher lag hier ein Weinbaugebiet. Hier, wo wir jetzt sind."

Sie erreichten eine zerstörte Straße, die von Rissen und Spalten durchzogen und von Unkraut überwuchert war. Zu ihrer Rechten reckte sich ein steinerner Schornstein empor.

„Seien Sie vorsichtig", warnte er.

Ein Loch gähnte vor ihnen, ein offener Keller. Zerfetzte Rohre ragten daraus hervor, verdreht und verbogen. Sie passierten die Trümmer eines Hauses, eine Badewanne, die auf der Seite lag. Ein zerbrochener Stuhl. Ein paar Messer und die Scherben von chinesischen Tellern. In der Straßenmitte war der Boden eingesackt. Die Grube war mit Unkraut und Schutt und Knochen gefüllt.

„Hier irgendwo", murmelte Hendricks.

„Diese Richtung?"

„Rechts."

Sie kamen an den Überresten eines Hochleistungspanzers vorbei. Hendricks Geigerzähler tickte warnend. Der Panzer war strahlenverseucht. Ein paar Schritte von dem Tank entfernt lag ein mumifizierter Leichnam ausgestreckt da, den Mund geöffnet. Neben der Straße befand sich flaches Gelände. Steine und Unkraut und Glassplitter.

„Dort", erklärte Hendricks.

Ein Steinbrunnen tauchte auf, zerstört, beschädigt. Über dem Schacht lagen einige Bretter. Der Großteil des Brunnens war zerfallen. Schwankend gingen Hendricks und Tasso auf ihn zu.

„Sind Sie sicher?" fragte Tasso. „Das sieht nicht sehr vielversprechend aus."

„Ich bin sicher." Hendricks setzte sich auf den Brunnenrand, die Zähne zusammengebissen. Sein Atem ging schnell. Er wischte den Schweiß von seinem Gesicht. „Man hat dies gebaut, damit der befehlshabende Offizier fliehen kann. Wenn etwas geschieht. Wenn der Bunker fällt."

„Das waren Sie."

„Ja."

„Wo ist das Schiff? Ist es hier?"

„Wir stehen darüber." Hendricks fuhr mit den Händen über die Brunnensteine. „Das Schloß reagiert nur auf mich. Es ist mein Schiff. Oder es sollte meines sein."

Ein scharfes Klicken ertönte. Dann vernahmen sie von unten ein leises knirschendes Geräusch.

„Treten Sie zurück", sagte Hendricks. Er und Tasso entfernten sich von dem Brunnen.

Ein Teil des Bodens glitt zur Seite. Ein Metallgitter schob sich langsam aus der Asche hervor, wischte Steine und Unkraut beiseite. Dann erschien das Schiff.

„Da ist es", sagte Hendricks.

Das Schiff war klein. Es lag still da, wie eine dumpfe Nadel in einem maschigen Netz hängend. Ascheregen rieselte in die dunkle Öffnung, aus der sich das Schiff hervorgeschoben hatte. Hendricks näherte sich der Rakete. Er kletterte an dem Netz hinauf und öffnete die Luke. Im Innern des Schiffes wurden die Kontrolltafeln und der Andrucksessel sichtbar.

Tasso folgte ihm und blickte in das Schiff hinein. „Ich bin nicht als Raketenpilotin ausgebildet", sagte sie nach einer Weile.

Hendricks blickte sie an. „Ich werde es steuern."

„Werden Sie das? Es besitzt nur einen Platz, Major. Ich sehe, daß das Schiff nur für eine Person entworfen ist."

Hendricks erstarrte. Aufmerksam studierte er die Einrichtung des Schiffes. Tasso hatte recht. Es gab nur einen Sitz. Das Schiff war konzipiert, nur eine einzige Person zu transportieren. „Ich verstehe", erklärte er. „Und die eine Person werden selbstverständlich Sie sein?"

Sie nickte.

„Natürlich."

„Warum?"

Sie können nicht starten. Vermutlich würden Sie die Reise nicht überleben. Sie sind verletzt. Wahrscheinlich würden Sie nicht ankommen."

„Ein interessanter Punkt. Aber sehen Sie, ich weiß, wo sich die Mondbasis befindet. Und Sie nicht. Sie können Monate herumfliegen und sie doch nicht finden. Sie ist gut versteckt. Wenn man nicht weiß, worauf man achten muß..."

„Ich werde es versuchen. Vielleicht finde ich sie nicht. Nicht, wenn ich auf mich allein angewiesen bin. Aber ich glaube, Sie werden mir alle Informationen geben, die ich benötige. Ihr Leben hängt davon ab."

„Wieso?"

„Wenn ich die Mondbasis rechtzeitig erreiche, kann ich sie vielleicht dazu bringen, ein Schiff zu entsenden, um Sie abzuholen. Wenn ich die Basis rechtzeitig erreiche. Wenn nicht, dann haben Sie nicht die geringste Chance. Ich glaube, daß es Vorräte an Bord des Schiffes gibt. Sie werden lange genug reichen, um... "

Hendricks schnellte auf sie zu. Aber sein verletzter Arm behinderte ihn. Tasso duckte sich, glitt geschmeidig zur Seite. Ihre Hand fuhr nach oben. Hendricks sah den Pistolenknauf. Er versuchte den Schlag abzuwehren, aber sie war zu flink. Der Metallknauf traf ihn an der Kopfseite, direkt über dem Ohr. Betäubender Schmerz flackerte in ihm auf. Schmerz und rollende Wolken aus Finsternis. Er fiel zu Boden.

Verschwommen bemerkte er, daß Tasso über ihm stand und ihn mit ihrem Fuß anstieß.

„Major! Wachen Sie auf!"

Stöhnend öffnete er die Augen.

„Hören Sie mir zu." Sie beugte sich zu ihm hinunter, und die Pistole deutete genau auf sein Gesicht. „Ich muß mich beeilen. Ich habe nicht mehr viel Zeit. Das Schiff ist startbereit, aber Sie müssen mir vor meinem Abflug die Informationen geben, die ich benötige."

Hendricks schüttelte den Kopf, versuchte seine Betäubung zu überwinden.

„Beeilen Sie sich! Wo befindet sich die Mondbasis? Wie kann ich sie finden? Worauf muß ich achten?"

Hendricks sagte nichts.

„Antworten Sie mir!"

„Tut mir leid."

„Major, das Schiff ist mit Vorräten ausgerüstet. Ich kann wochenlang suchen. Ich werde die Basis vielleicht finden. Und in einer halben Stunde sind Sie tot. Ihre einzige Chance zum Überleben ist..." Sie verstummte.

An der Böschung, in der Nähe einiger verkohlter Ruinen, bewegte sich etwas. Etwas in der Asche. Tasso fuhr rasch herum und zielte. Sie feuerte. Ein Feuerball leckte herüber. Etwas lief davon, rollte durch die Asche. Sie schoß wieder. Die Klaue explodierte. Rädchen flogen durch die Gegend.

„Sehen Sie?" sagte Tasso. „Ein Kundschafter. Es wird nicht mehr lange dauern."