Das Wobb musterte ihn. Kurz darauf schob es sich an dem Kapitän vorbei und trottete aus der Kabine. Es ging den Korridor hinunter und war tief in Meditation versunken.
Im Raum war es still.
„Sehen Sie", sagte dann das Wobb, „wir haben da eine bekannte Legende. Ihre Bewußtseine beinhalten viele vertraute mythische Symbole. Ishtar, Odysseus..."
Peterson saß schweigend da und starrte zu Boden. Er drehte sich in seinem Sessel.
„Mach weiter", sagte er. „Bitte, rede weiter."
„Mich erinnerte Ihr Odysseus an eine Gestalt, die auch in der Mythologie der meisten intelligenten Völker seit undenklicher Zeit bekannt ist. Wie ich es interpretiere, verkörpert Odysseus ein Individuum, das sich selbst bewußt wird. Dies ist eine Idee der Trennung, der Trennung von Familie und Land. Der Prozeß der Persönlichkeitsfindung."
„Aber Odysseus kehrt in seine Heimat zurück." Peterson blickte aus der Ladeluke, sah die Sterne, zahllose Sterne, die gelassen in dem leeren Universum funkelten. „Zum Schluß kehrt er in seine Heimat zurück."
„Wie es alle Lebewesen tun müssen. Der Augenblick der Trennung ist eine zeitlich begrenzte Periode, eine kurze Reise der Seele. Er beginnt, er endet. Der Wanderer kehrt zu Land und Volk zurück... "
Die Tür öffnete sich. Das Wobb verstummte und drehte den breiten Kopf.
Kapitän Franco betrat den Raum, und hinter ihm erschienen noch weitere Männer. Sie zögerten an der Tür.
„Ist mit Ihnen alles in Ordnung?" fragte French.
„Sie meinen mich?" entfuhr es Peterson überrascht. „Warum fragen Sie?"
Franco senkte seine Waffe. „Kommen Sie zu mir", befahl er Peterson. „Stehen Sie auf und kommen Sie zu mir."
Stille trat ein.
„Gehen Sie", ermunterte ihn das Wobb und sah ihn mit seinen kleinen Augen an. „Es spielt keine Rolle."
Peterson erhob sich. „Aber warum?"
„Das ist ein Befehl."
Peterson ging zur Tür. French packte ihn am Arm.
„Was hat das zu bedeuten?" Peterson entwand sich dem Griff. „Was ist überhaupt los?"
Kapitän Franco bewegte sich auf das Wobb zu. Das Wobb blickte von seinem Platz in der Ecke auf und preßte sich gegen die Wand.
„Es ist interessant", bemerkte das Wobb, „daß Sie noch immer von der Zwangsvorstellung beherrscht werden, mich verspeisen zu wollen. Ich frage mich, warum."
„Steh auf“, befahl Franco.
„Wenn Sie es wünschen." Das Wobb erhob sich grunzend. „Haben Sie Geduld. Es ist schwer für mich." Es stand da und keuchte, während seine Zunge närrisch aus seinem Maul hing.
„Erschießen Sie es", rief French.
„Um Gottes willen!" entfuhr es Peterson. Jones drehte sich rasch zu ihm herum, und seine Augen waren grau vor Furcht.
„Sie haben ihn nicht gesehen - wie ein Denkmal stand er da, mit offenem Mund. Wenn wir nicht hinzugekommen wären, dann stände er wohl jetzt noch da."
„Wer? Der Kapitän?" Verwirrt blickte sich Peterson um. „Aber mit ihm ist doch alles in Ordnung."
Sie beobachteten das Wobb, das in der Mitte des Raumes stand, während sich seine breite Brust hob und senkte.
„Kommen Sie", befahl Franco. „Aus dem Weg!"
Die Männer drängten sich durch die Tür.
„Sie sind ganz schön ängstlich, nicht wahr?" stellte das Wobb fest. „Habe ich Ihnen etwas zuleide getan? Ich lehne es ab, jemand zu verletzen. Alles, was ich getan habe, diente nur dazu, mich selbst zu schützen. Erwarten Sie etwa von mir, daß ich leichten Herzens in den Tod renne? Ich bin ein genauso sensibles Wesen wie Sie. Ich war neugierig auf ihr Schiff und wollte davon lernen. Ich schlug den Eingeborenen vor... "
Die Waffe glitt nach oben.
„Tja", sagte Franco. „Das dachte ich mir."
Das Wobb legte sich wieder hin und keuchte. Es streckte ein Bein aus und rollte den Schwanz darum.
„Es ist sehr warm", sagte das Wobb. „Man merkt, daß wir uns in der Nähe der Düsen befinden. Atomkraft. Sie haben sehr viele wunderbare Dinge mit Ihrer Technik geschaffen. Aber offensichtlich ist Ihre wissenschaftliche Hierarchie so angelegt, daß Moral, Ethik... "
Franco wandte sich an die Männer, die sich hinter ihm geschart hatten und mit geweiteten Augen stumm dastanden.
„Ich werde es tun. Sie können zusehen."
French nickte. „Versuchen Sie das Gehirn zu treffen. Es ist nicht besonders zum Verzehr geeignet. Verletzten Sie nicht die Brust. Wenn das Knochengerüst zerschmettert wird, müssen wir später die Knochen aus dem Fleisch herauspicken."
„Hören Sie", begann Peterson und befeuchtete seine Lippen. „Hat es irgend etwas getan? Was für einen Schaden hat es angerichtet? Ich frage Sie. Und außerdem gehört es noch immer mir. Sie haben nicht das Recht, es zu erschießen. Es gehört Ihnen nicht."
Franco hob seine Waffe.
„Ich gehe hinaus", verkündete Jones mit bleichem Gesicht. „Ich will nicht dabei zuschauen."
„Ich ebenfalls nicht", schloß sich French an. Die Männer stolperten flüsternd hinaus. Peterson stand unschlüssig an der Tür.
„Es sprach mit mir über Mythen", erklärte er. „Es wird niemand etwas zuleide tun."
Er ging hinaus.
Franco näherte sich dem Wobb. Das Wobb blickte langsam auf. Es schluckte.
„Eine ausgesprochene Torheit", sagte es. „Ich bin enttäuscht über das, was Sie tun wollen. Es gibt da ein Gleichnis, das Ihr Erlöser erzählt..."
Es brach ab und starrte die Waffe an.
„Können Sie mir nicht in die Augen sehen, wenn Sie es tun?" erkundigte sich das Wobb. „Können Sie das?"
Der Kapitän blinzelte. „Ich kann dir in die Augen sehen", erwiderte er. „Zu Hause auf unserer Farm besaßen wir auch Schweine, dreckige wilde Schweine. Ich werde es tun."
Während er das Wobb ansah, in die leuchtenden, feuchten Augen blickte, betätigte er den Abzug.
Es schmeckte köstlich.
Sie saßen düster am Tisch, und einige vermochten nur mit Überwindung zu essen. Der einzige, der vergnügt zu sein schien, war Kapitän Franco.
„Möchte jemand noch etwas?" fragte er und schaute in die Runde. „Noch etwas? Und vielleicht noch ein wenig Wein...?"
„Ich nicht", wehrte French ab. „Ich glaube, ich werde zurück in den Kartenraum gehen."
„Ich komme mit." Jones stand auf und schob seinen Stuhl zurück. „Wir sehen uns später."
Der Kapitän blickte ihnen nach. Einige andere Männer verabschiedeten sich ebenfalls.
„Was die Männer nur haben", wunderte sich der Kapitän. Er wandte sich an Peterson. Peterson saß da und starrte auf seinen Teller, auf die Kartoffeln, die grünen Erbsen und die dicke Scheibe saftigen, heißen Fleisches.
Er öffnete den Mund. Kein Laut ertönte.
Der Kapitän legte Peterson eine Hand auf die Schulter.
„Es ist jetzt nur noch organische Materie", versicherte er. „Die Lebensessenz ist fort." Er aß weiter und wischte das Bratenfett mit einem Stück Brot auf. „Ich für meinen Teil liebe das Essen. Es ist eines der größten Dinge, an dem sich ein lebendes Geschöpf erfreuen kann. Essen, schlafen, meditieren, diskutieren."
Peterson nickte. Zwei weitere Männer erhoben sich und gingen hinaus. Der Kapitän trank einige Schlucke Wasser und seufzte.
„Nun", fuhr er fort, „ich muß sagen, das war tatsachlich eine köstliche Mahlzeit. Alle Berichte, die ich gehört habe, treffen tatsächlich zu - was den Geschmack von Wobbfleisch anbelangt. Sehr lecker. Aber in der Vergangenheit war es mir verwehrt, mich daran zu erfreuen."
Er tupfte sich die Lippen mit einer Serviette ab und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Peterson blickte bedrückt auf den Tisch.
Der Kapitän beobachtete ihn gespannt. Er beugte sich nach vorn.
„Kommen Sie, kommen Sie", forderte er ihn auf. „Fassen Sie wieder Mut! Diskutieren wir doch weiter."
Er lächelte.