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„Glauben Sie, daß wir das jemals wieder aufbauen können?" fragte Morrison. „Allein der Anblick macht mich krank."

„Irgendwann schon", erwiderte O'Neill. „Vorausgesetzt, daß wir wieder die Kontrolle über die industrielle Produktion zurückgewinnen. Und vorausgesetzt, daß uns dann noch die nötigen Rohstoffe zur Verfügung stehen. Zumindest wird es lange Zeit dauern. Wir müssen uns von den einzelnen Siedlungen immer weiter vorarbeiten."

Zu ihrer Rechten befand sich eine Ansiedlung, und die Bewohner wirkten wie zerlumpte Vogelscheuchen, waren hager und abgemagert und fristeten zwischen den Ruinen einer Stadt ihr kümmerliches Leben. Einige Hektar kargen Bodens wurden landwirtschaftlich genutzt; welke Pflanzen verdorrten in der Sonne, hier und da scharrten einige Hühner lustlos im Sand, und im Schatten einer schiefen Hütte lag ausgestreckt ein von Fliegen umschwärmtes Pferd.

„Ruinenbewohner", sagte O'Neill düster. „Sie sind zu weit vom Verbundnetz entfernt - keine der Autofacs kümmert sich um sie."

„Es ist ihre eigene Schuld", versetzte Morrison verärgert. „Sie können ja in eine der größeren Siedlungen ziehen."

„Das war einst ihre Stadt. Sie versuchen genau das, was auch wir versuchen wollen - sich aus eigener Kraft etwas aufbauen. Aber sie probieren es ohne Werkzeuge und Maschinen, sind allein auf ihre Hände angewiesen, mit denen sie im Schutt wühlen. Und es wird nicht funktionieren. Wir brauchen Maschinen. Es hat keinen Zweck, in den Ruinen zu stöbern; wir müssen die industrielle Produktion wieder aufnehmen."

Vor ihnen erstreckte sich ein kümmerlicher Höhenzug, die zernarbten Überreste eines Gebirges. Dahinter lag die gewaltige häßliche Wunde eines Atombombenkraters, halb mit stinkendem Wasser und Schleim gefüllt, ein verseuchtes Binnenmeer.

Und hinter dem Krater - glitzerte etwas in der Sonne, etwas, das sich schnell bewegte.

„Dort", sagte O'Neill erregt. Rasch ließ er den Helikopter tiefer sinken. „Wissen Sie, von welcher Fabrik die Dinger stammen?"

„In meinen Augen sehen alle gleich aus", brummte Morrison und beugte sich nach vorn, um besser sehen zu können. „Wir werden warten und ihnen folgen müssen, wenn sie etwas finden und zurückkehren."

Falls sie etwas finden", korrigierte O'Neill.

Die Autofac-Prospektorgruppe kümmerte sich nicht um den Helikopter, der über ihnen in der Luft knatterte, und konzentrierte sich auf ihre Arbeit. An der Spitze der Lastwagenkolonne rollten zwei Spezialfahrzeuge; sie rumpelten einen Schutthügel hinauf, senkten lange Bohrer in das Erdreich, polterten dann auf der anderen Seite wieder hinunter und verschwanden in einer Aschewolke; Staub schien meterhoch die Schlacke zu bedecken. Die beiden Spezialfahrzeuge bohrten sich nun selbst in das Erdreich, bis nur noch ihre Antennen sichtbar waren. Dann kehrten sie an die Oberfläche zurück und rollten mit quietschenden, rasselnden Raupenketten weiter.

„Wonach sie wohl suchen?" murmelte Morrison.

„Keine Ahnung." O'Neill blätterte sorgfältig in seinem Notizblock. „Wir müßten schon eine Liste aller abgelehnten Bestellungen anlegen, um herauszufinden, welche Rohstoffe für sie am wichtigsten sind."

Die Autofac-Prospektorengruppe blieb hinter ihnen zurück. Der Helikopter überflog eine öde Sand - und Schlackewü ste, in der sich kein Leben regte und die in eine verkrüppelte Buschlandschaft überging. Schließlich erschienen zu ihrer Rechten eine Reihe winziger beweglicher Punkte.

Eine Kolonne automatischer Erztransporter rollte durch die öde Wildnis, ein langes Band schnellfahrender metallener Lastwagen, zwischen denen nur wenig Abstand herrschte. O'Neill steuerte den Helikopter auf sie zu, und einige Minuten später hatten sie die Mine erreicht.

Unmengen von Schürfgeräten hatte man in die Wüste geschafft, tiefe Schächte gegraben, und geduldig wartete eine endlose Reihe von leeren Transportern darauf, daß sie beladen wurden. Sobald sie voll waren, fädelten sie sich in den Strom der zurückkehrenden Fahrzeuge ein und rollten dem Horizont entgegen, schafften tonnenweise das Erz zu den unterirdischen Fabriken. Geschäftige Betriebsamkeit und der Lärm der Maschinen erfüllte die Ebene und schuf unvermittelt ein Zentrum industrieller Hektik in der leeren Öd-nis der Wüste.

„Da ist diese andere Prospektorengruppe", bemerkte Morrison und blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Glauben Sie, daß es zu einer Auseinandersetzung kommt?" Er lächelte verzerrt. „Ich befürchte allerdings, daß wir uns da zuviel Hoffnungen machen."

„Es wäre tatsächlich das erstemal", nickte O'Neill. „Wahrscheinlich suchen sie auch nach anderen Rohstoffen. Und normalerweise sind sie so programmiert, daß sie einander ignorieren."

Das erste Suchfahrzeug erreichte die lange Kolonne der Erztransporter. Dann wendete es langsam und rollte davon; die Lastwagen setzten ihren Weg fort, als sei nichts geschehen.

Enttäuscht wandte sich Morrison vom Fenster ab und fluchte. „Zwecklos. Es ist so, als ob sie füreinander nicht existieren würden."

Langsam entfernte sich die Prospektorengruppe von der Kolonne der Erztransporter, an dem Minenkomplex vorbei und verschwand dann hinter einer Hügelkette. An ihr war keine besondere Hast festzustellen; sie rollte davon, ohne auch nur den Versuch gemacht zu haben, an den Erzgruben zu partizipieren.

„Vielleicht stammen die Suchfahrzeuge aus derselben Fabrik", vermutete Morrison.

O'Neill deutete auf die Antennen der Schürfautomaten. „Sie stehen in einem anderen Winkel, also muß es sich um Maschinen von zwei unterschiedlichen Autofacs handeln. Es wird schwer für uns werden; entweder wir treffen die sorgfältigsten Vorbereitungen, oder auch beim nächstenmal wird es keine Reaktion geben." Er schaltete das Radio ein und wählte die Frequenz der Siedlung.

Gibt es irgend etwas Neues bei den abgelehnten Anforderungen?"

Er wurde mit dem Verwaltungsbüro der Siedlung verbunden.

„Keine leichte Arbeit", brummte Perine, der diese Aufgabe übernommen hatte. „Sobald wir die Meldungen der anderen Siedlungen bekommen, versuchen wir herauszufinden, welcher Fabrik es an welchen Rohstoffen mangelt. Es wird nicht einfach sein, denn jedes Produkt besteht aus den verschiedensten Grundstoffen. Reichlich problematisch, daraus das knappste Element zu ermitteln."

„Was geschieht, wenn wir das fehlende Element kennen?" fragte Morrison O'Neill. „Was geschieht, wenn wir zwei aneinander angrenzende Fabriken identifiziert haben, die knapp an dem gleichen Material sind?"

„Dann", erklärte O'Neill grimmig, „werden wir beginnen, selbst diesen Stoff zu sammeln - und wenn wir dafür jeden Gegenstand in der Siedlung einschmelzen müßten."

Motten flatterten durch die Finsternis der Nacht, und ein matter Wind war aufgekommen, ein kaltes, müdes Säuseln, das das verdorrte Unterholz metallisch rascheln ließ. Hier und da kroch ein Nachtnager aus seinem Schlupfwinkel, witterte vorsichtig nach allen Richtungen, suchte nach Nahrung.

Dieser Landstrich war leer. Im Umkreis von vielen Meilen gab es keine menschliche Siedlung; diese ganze Region war verbrannt, von mehreren Atombombenexplosionen kahlgesengt worden. Irgendwo in der trüben Dunkelheit plätscherte ein fauliger Bach über Schlacke und Unkraut, tropfte zäh hinunter in ein Labyrinth einstiger Abwasserkanäle. Das Röhrensystem war verschmort und auseinandergebrochen, und an vielen Stellen ragten die durcheinandergeworfenen Röhren hinaus in die nächtliche Finsternis, so daß sie bereits von Unkraut überwuchert waren. Der Wind blies schwarze Ascheschwaden in die Höhe und ließ sie über den Schutt kreisen und tanzen. Einmal zuckte ein riesiger mutierter Zaunkönig im Schlaf, zog sein zerknittertes schützendes Nachtgefieder enger um seinen Leib und döste weiter.