Seit vier Tagen hatte die Autofac keine wahrnehmbare Aktivität entfaltet.
„Sie ist zerstört", bemerkte Perine. „Zweifellos ist sie zerstört."
O'Neill antwortete nicht. Er nahm eine bequemere Stellung ein und bereitete sich auf eine lange Wartezeit vor. Im stillen war er überzeugt, daß ein Teil der automatischen Fabrik noch immer funktionierte. Die Zeit würde es erweisen. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr; es war halb neun. Früher hatte die Fabrik zu dieser Zeit ihre tagliche Arbeit aufgenommen. Ganze Kolonnen von Lastwagen und anderen mobilen Einheiten hatten sich hinauf zur Oberfläche gewälzt und ihre Ladungen zu den menschlichen Siedlungen transportiert.
Zu ihrer Rechten bewegte sich etwas. Er fuhr auf, beobachtete aufmerksam.
Ein einzelner, stark mitgenommen wirkender Erzsammler kroch träge auf die Fabrik zu. Die letzte, halbzerstörte mobile Einheit, die versuchte, ihren Auftrag auszuführen. Das Fahrzeug war fast leer; einige wenige Metallbrocken lagen auf der Ladefläche. Ein Schrottsammler... das Metall stammte von den Wracks, denen er auf seinem Weg begegnet war. Langsam, wie ein blindes metallenes Insekt, erreichte der Sammler schließlich die Fabrik. Seine Bewegungen waren von einer unbeschreiblichen Ruckhaftigkeit. Immer wieder stoppte er, zitterte und quietschte, und setzte dann unsicher seinen Weg fort.
„Die Steuerung funktioniert nicht mehr richtig", sagte Judith mit einem leisen Unterton von Angst in ihrer Stimme. „Die Fabrik hat Schwierigkeiten, ihn zurückzusteuern."
„Ja", stimmte O'Neill lautlos zu, er hatte etwas ähnliches schon erlebt. Die New Yorker Autofac hatte vor einiger Zeit sämtliche Hochfrequenzsender verloren. All ihre mobilen Einheiten rasten seither wild und ziellos in der Gegend herum, einige immer im Kreis, andere zerschellten an Felsen und Bäumen oder stürzten in Gräben und Wasserlöcher, und irgendwann würde sich keines der Fahrzeuge mehr bewegen.
Der Erzsammler erreichte die Grenze des zerstörten Gebietes und hielt kurz an. Über ihm am Himmel kreiste noch immer die Rakete, die aus der Entfernung wie ein schwarzer Strich wirkte. Eine Zeitlang stand der Erzsammler wie erstarrt da.
„Die Autofac sucht nach einer Lösung", kommentierte Perine. „Sie braucht das Material, aber sie fürchtet sich vor der Rakete."
Die Fabrik überlegte und nichts rührte sich. Dann setzte der Erzsammler ruckartig seinen Weg fort. Er ließ die Weinranken hinter sich und rollte über das verwüstete offene Land. Zögernd, vorsichtig schob er sich über die düstere Betonschlacke und das zerschmolzene Metall am Fuß der Berge.
Die Rakete hing jetzt fast unbeweglich in der Luft.
„In Deckung!" befahl O'Neill scharf. „Sie ist mit diesen neuartigen Bomben bestückt."
Seine Frau und Perine krochen zu ihm heran, und die drei äugten aufmerksam hinunter in die Ebene, wo das Metallinsekt mühsam weiterkroch. Am Himmel veränderte die Rakete ihren Kurs und hing dann direkt über dem Erzsammler. Dann, plötzlich, geräuschlos, begann sie zu stürzen.
Judith schlug die Hände vor die Augen. „Ich kann es nicht mitansehen", stieß sie hervor. „Es ist schrecklich! Sie sind wie wilde Tiere!"
„Sie hat es nicht auf den Sammler abgesehen", sagte O'Neill mit heiserer Stimme.
Während die Lenkrakete herabstürzte, schoß der Erz sammler mit verzweifelter Anstrengung nach vorn. Lärmend raste er auf die Fabrik zu, klirrte und rumpelte über den Boden, versuchte mit letzter Kraft den sicheren Eingang zu erreichen. Die Fabrik schien die Drohung am Himmel vergessen zu haben und öffnete die Tore, steuerte ihre mobile Einheit ins Innere. Und die Rakete hatte ihr Ziel erreicht.
Bevor die Autofac das Tor wieder schließen konnte, fing die Rakete ihren Sturz über dem Boden ab und huschte dicht über die Asche hinweg auf den Eingag zu. Als der Erzsammler in den Tiefen der Fabrik verschwand, raste die Rakete durch die Öffnung, und der flinke Metallblitz zuckte über das Fahrzeug hinweg. Die Autofac bemerkte, was geschehen war, und ließ das Tor zugleiten. Der Erzsammler wurde von den massiven Stahltüren erfaßt und blockierte die stählernen Türen, versuchte sich mit grotesken Bewegungen zu befreien.
Aber all seine Anstrengungen waren vergebens. Dumpfes Rumpeln brüllte auf. Die Erde bebte, wölbte sich empor und sank dann wieder zurück. Die beiden Männer und die Frau wurden durcheinandergeschüttelt. Dort, wo sich die Autofac befand, erhob sich eine schwarze Rauchwolke. Das Betongebäude zerplatzte wie ein trockener Kokon; Risse klafften, wurden breiter, und Trümmerstücke wirbelten durch die Luft, senkten sich auf das verwüstete Land. Die Rauchwolke schwebte eine Zeitlang in der Luft.
Die Fabrik war nur noch eine versengte, völlig zerstörte Ruine. Die Rakete war in sie eingedrungen und hatte sie vernichtet.
Ungeschickt erhob sich O'Neill. „Das war's wohl. Wir haben unser Ziel erreicht. Wir haben das Verbundnetz der Autofacs zerstört." Er blickte Perine an. „Meinen Sie nicht auch?"
Sie blickten zur Siedlung zurück. Nur wenig war von den ordentlichen Häuserreihen und den gepflegten Straßen vom letzten Jahr noch verblieben. Ohne die Lieferungen des Verbundnetzes war die Siedlung rasch verfallen; sie wirkte schäbig, ungepflegt.
„Natürlich", nickte Perine. „Irgendwann werden wir in die Fabriken eindringen und sie übernehmen... "
„Ist denn überhaupt etwas davon übriggeblieben?" erkundigte sich Judith.
„Es kann nicht alles zerstört worden sein. Großer Gott, die Anlagen erstrecken sich kilometertief in den Boden!"
„Einige von diesen Bomben, die sie am Schluß einsetzten, waren schrecklich groß", erinnerte Judith. „Sie waren wirksamer als alles, was uns während des Krieges zur Verfügung stand."
„Dieses Lager, das wir vor etwa einem Jahr entdeckt haben... Wissen Sie noch?" fragte O'Neill. „Diese Ruinenbewohner..."
„Ich war nicht dabei", erklärte Perine.
„Sie waren wie wilde Tiere. Ernährten sich von Wurzeln und Insekten. Benutzten Steinäxte und trugen Tierfelle. Barbaren, Primitive... "
„Aber derartigen Leuten gefällt das", bemerkte Perine abfällig.
„Tatsächlich? Und was ist mit uns?" Perine deutete auf die verfallene Siedlung. „Wollten wir das, als wir damals das Wolfram sammelten? Oder als wir dem Lieferwagen der Fabrik mitteilten, die Milch sei..." Er konnte sich an die Bezeichnung nicht mehr erinnern.
„Pizzeliert", sagte Judith.
„Kommt", forderte O'Neill sie auf. „Brechen wir auf. Sehen wir nach, was von dieser Fabrik noch übrig ist - für uns."
Sie erreichten am späten Nachmittag die zerstörte Fabrik. Vier Lastwagen rumpelten über die holprige Straße bis kurz vor den aufgerissenen Eingang der Autofac, und als sie an hielten, da kochten die Motoren, glühten die Auspuffrohre. Vorsichtig und wachsam kletterten die Männer heraus und schritten bedächtig durch die heiße Asche.
„Vielleicht ist es noch zu früh", wandte einer von ihnen ein.
Direkt vor ihnen lag das verschmorte, bunkerähnliche Oberflächengebäude der Autofac von Kansas City. Noch immer hingen die Überreste des Erzsammlers zwischen den beiden halbzerstörten Torhälften, aber er bewegte sich jetzt nicht mehr. Hinter dem Sammler gloste unheilverkündend ein roter Fleck.
„Kommen Sie", sagte O'Neill. Er sah keinen Grund, noch länger zu warten, hob seine Taschenlampe und stieg hinunter in den düsteren Krater. Mit der Lampe beleuchtete er den Eingang; die zerschmolzenen, verbogenen Überreste von irgendwelchen Maschinen wurden sichtbar.
„Wir müssen tief hinunter", sagte er zu Morrison, der vorsichtig neben ihm hinabkletterte. „Wenn überhaupt etwas erhalten ist, dann unten am Grund."
„Diese Bohrmaschinen von Atlanta haben bereits den Großteil der untersten Etagen durchwühlt", knurrte er.