„Bis die anderen ihre Fabrik zerstört haben." O'Neill zwängte sich vorsichtig durch den verfallenen Eingang, kletterte über einen Schutthaufen, der hinter der Öffnung lag, und befand sich mit einem Mal im Innern der Fabrik -ein Gewirr verkeilter Trümmer, die kreuz und quer überall herumlagen.
„Alles zerstört", keuchte Morrison bedrückt. „Hier werden wir nichts Brauchbares finden."
„Steigen wir weiter hinunter", sagte O'Neill unbeirrt. „Dann werden wir auch einige erhaltene Gebiete finden. Ich weiß, daß diese Fabriken in autonome Abteilungen gegliedert waren, um im Falle eines Angriffs die Möglichkeit zu haben, aus den Trümmern die Fabrik neu entstehen zu lassen."
„Aber die Bohrmaschinen werden das meiste schon fort geschleppt haben", beharrte Morrison, doch er folgte O'Neill weiter in die Tiefe.
Die anderen Männer kletterten langsam hinter ihnen her. Ein Teil der Trümmer geriet unvermittelt ins Rutschen, und eine Wolke heißer Teilchen regnete auf sie herab.
„Sie kehren am besten wieder zu den Wagen zurück", befahl O'Neill den Männern. „Es hat keinen Sinn, daß Sie sich ebenfalls in Gefahr bringen. Falls Morrison und ich nicht zurückkehren, dann vergessen Sie uns - gehen Sie nicht das Risiko ein, eine Rettungsmannschaft hinterher zu schicken." Als sie fort waren, zeigte er Morrison eine nach unten führende Straße, die größtenteils unzerstört war. „Gehen wir weiter."
Stumm wanderten die beiden Männer von einer vernichteten Etage in die andere. Vor ihnen erstreckten sich endlose Kilometer dunkler Trümmer, und alles war still, nichts rührte sich. Die undeutlichen Formen stillstehender Maschinen, erstarrter Förderbänder und zerrissener Treibriemen tauchten aus der Finsternis auf und verschwanden wieder, und hier und da stießen sie auf die nur teilweise fertiggestellten Gerippe von Raketenprojektilen, die von der Explosion verschmort und in Stücke gerissen worden waren.
„Es lohnt sich wohl, einiges davon zu bergen", sagte O'Neill, ohne allerdings wirklich daran zu glauben. Die Maschinen waren größtenteils ausgeglüht, hatten sich unter der Hitze verformt. Die halbe Fabrik war eingestürzt, und alles, was übriggeblieben war, bestand aus erstarrter Schlacke. „Wenn wir das erst einmal an die Oberfläche geschafft haben..."
„Das ist unmöglich", schnitt ihm Morrison verbittert das Wort ab. „Wir besitzen weder Flaschenzüge noch Winden." Er stieß mit dem Fuß gegen eine von einem Förderband gefallene Kiste, die auseinandergebrochen war und ihren verschmorten Inhalt über die abwärts führende Rampe er
gossen hatte.
„Damals erschien es uns allen eine gute Idee gewesen zu sein", sagte O'Neill, während die beiden Männer an den stillen Maschinenreihen entlangschritten. „Aber jetzt, wenn ich so zurückdenke, bin ich mir nicht mehr so sicher."
Inzwischen waren sie tief in das Labyrinth der Autofac eingedrungen. Vor ihnen erstreckte sich die letzte Etage. O'Neill leuchtete mit seiner Taschenlampe, suchte nach unversehrten Sektionen, nach Maschinen, die noch immer funktionierten.
Es war Morrison, der es zuerst bemerkte. Plötzlich ließ er sich auf Hände und Knie nieder und preßte seinen schweren Körper gegen den Boden, lag horchend, mit angespanntem Gesicht und aufgerissenen Augen da. „Um Himmels willen...!"
„Was ist los?" rief O'Neill. Er bückte sich, und da hörte auch er das schwache, gleichmäßige Vibrieren unter ihren Füßen, das Summen, das von dem Boden übertragen wurde und verriet, daß irgendwo noch Maschinen arbeiten mußten. Sie hatten sich geirrt; die Rakete hatte nicht die ganze Fabrik zerstört, nur teilweise Erfolg gehabt. Unter ihnen, in einer noch tiefer gelegenen Etage, setzte die Fabrik ihre Produktion fort. Versteckt, abgekapselt pochte das Herz der Autofac noch immer.
„Ganz auf sich allein gestellt", murmelte O'Neill und suchte nach einem Anstieg zur nächsten Etage. „Eine selbstständige Abteilung, die selbst dann noch weiterarbeitet, wenn der Rest zerstört ist. Wir müssen irgendwie nach unten kommen."
Sie stießen auf eine Treppe, die allerdings von einer massiven Metallplatte versperrt war. Die noch immer funktionierende Abteilung unter ihren Füßen war vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten; es gab keinen zweiten Eingang.
O'Neill hastete den Weg zurück, den sie gekommen wa ren, erreichte die Erdoberfläche und eilte auf den ersten Lastwagen zu „Wo, zum Teufel, ist der Schneidbrenner? Her damit!"
Er ergriff den Präzisionsbrenner und kletterte wieder hinunter in die Tiefen der zerstörten Fabrik, wo Morrison auf ihn wartete. Gemeinsam schnitten sie ein Loch in den verzogenen Metallboden verbrannten die mehrfach übereinandergeschichteten Lagen aus dem feuerhemmenden Material, das die unter ihnen liegende Decke überzog.
„Gleich haben wir es geschafft", keuchte Morrison, blickte mit verkniffenen Augen in den Lichtbogen des Brenners. Mit einem Klirren löste sich die Bodenplatte und verschwand in der Tiefe. Gleißendes Licht fiel durch die Öffnung, und unwillkürlich schraken die beiden Männer zurück.
Unter ihnen, in dem abgekapselten Bereich, herrschte lärmende, wilde Aktivität, liefen Förderbänder, hämmerten Maschinen, huschten flinke mechanische Aufseher hin und her. An dem einen Ende der Maschinenhalle wurde ein stetiger Strom Rohmaterialien in den Produktionsprozeß eingeführt und am anderen Ende wurde das Endprodukt ausgeworfen, kontrolliert und in eine Transportröhre weitergeleitet.
Für einen kurzen Augenblick konnten sie das Geschehen beobachten; dann wurden die Eindringlinge bemerkt. Automatische Relais aktivierten sich. Das Gleißen der Lampen wurde dunkler und erlosch ganz. Die gesamte Produktionsstraße wurde angehalten, erstarrte mitten in ihrer hektischen Betriebsamkeit.
Die Maschinen schalteten sich ab; Stille trat ein.
An einer Stelle des Maschinenparks koppelte sich eine mobile Einheit ab und raste an der Wand entlang auf das Loch zu, das O'Neill und Morrison in die Decke geschnitten hatten. Der Roboter ergriff eine Metallplatte und preßte sie gegen die Öffnung und schweißte sie kunstfertig fest. Sie konnten nicht mehr erkennen, was unter ihnen vor sich ging. Einen Augenblick später begann der Boden wieder zu vibrieren, als die Maschinen ihre Arbeit aufnahmen.
Mit bleichem Gesicht und an allen Gliedern zitternd wandte sich Morrison an O'Neill. „Was geht dort unten vor sich? Was wird dort unten produziert?"
„Keine Waffen", antwortete O'Neill kurz angebunden. „Sie schicken dieses Zeug nach oben" - Morrison gestikulierte heftig - „hinauf an die Oberfläche."
Unsicher stand O'Neill auf. „Was meinen Sie; ob wir die Stelle lokalisieren können?"
„Ich... ich glaube schon."
„Es muß uns gelingen." O'Neill hob die Taschenlampe auf und näherte sich der aufwärts führenden Rampe. „Wir werden nachsehen, was das für Dinger sind, die sie nach oben schießen."
Die Ausgangsöffnung der Transportröhre befand sich versteckt in einem Gewirr Weinstöcke und Ruinen, ungefähr einen halben Kilometer von der Fabrik entfernt. Wie eine riesige Spritze ragte die Röhre aus einem Felsspalt am Fuß der Berge empor. Man mußte ihr schon sehr nahe sein, um sie zu bemerken; die beiden Männer liefen fast dagegen, als sie sie entdeckten.
Alle paar Sekunden schoß ein Behälter aus der Öffnung hinauf in den Himmel. Die imaginäre Spritze bewegte sich nach jedem Abschuß und veränderte ihre Stellung. Jeder Behälter wurde in einem anderen Winkel davongeschossen.
„Wie weit sie wohl fliegen?" fragte sich Morrison.
„Vermutlich unterschiedlich weit. Sie werden wahllos in alle Richtungen geschossen." O'Neill bewegte sich vorsichtig näher heran, aber der Mechanismus nahm keine Notiz von ihm. Ganz in der Nähe war einer dieser Behälter gegen eine Felswand geprallt und halb aufgerissen; ein Unfall - die
Röhre hatte ihn direkt in Richtung der Berge geschleudert. O'Neill kletterte den Abhang hinauf, ergriff ihn und kehrte zurück.